Kapitel 29

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Als ich wach wurde, blickte ich in das dunkle Zimmer. Es war noch ziemlich früh am Morgen, aber für mich war das normal, dass ich um diese Uhrzeit bereits wach war. Mein Körper hatte sich mittlerweile an den wenigen Schlaf gewöhnt. Ich konnte nicht mal mehr lange schlafen. Crystals Bein lag auf meinem, während sie wieder einmal das Kissen fest unter ihrem Kopf klammerte, indem sie auf ihrem Bauch lag. Ihre Kurven zeichneten sich auf ihrer Silhouette aus. Wider Willen stand ich auf und versuchte dabei meine Kleine nicht aufzuwecken. An die Person, mit der ich mich gleich treffen würde, sendete ich eine Nachricht, damit er auch pünktlich kam. Bevor ich in die Firma ging, musste ich noch etwas abholen. Also machte ich mich schnell fertig und zog mir einen beige farbigen Anzug an, worunter ich ein weißes Hemd trug und die oberen Knöpfe nicht zuknüpfte. Natürlich trug ich keine Krawatte. Noch in meine eleganten Schuhe aus echtem Krokodilleder hineingeschlüpft und meine Uhr aufgetragen begab ich mich nach draußen und lief in die Garage. Heute nahm ich meinen Rolls-Royce Phantom Coupé. Ich schnappte mir den Autoschlüssel aus dem kleinen Schrank, der vor der Tür zur Garage stand und ging zum Wagen. Ich hoffte inständig, dass keine Komplikationen auftreten würden.

Nach einer halbstündigen Fahrt kam ich an meinem Ziel an und wartete dort bis meine Verabredung kam. Unpünktlichkeit konnte ich keineswegs dulden oder auch leiden. Ich stand vor einem Kliff und blickte auf das Meer, wobei die Sonne aufging und das Meer rötlich färbte. Die Aussicht war atemberaubend. In dieser Gegend gab es sehr viele solcher Orte, deshalb mochte ich es außerhalb der Stadt zu leben. Zwar brauchte ich eine ganze Stunde ungefähr in die Stadt jeden Tag, aber das war es mir Wert. Die Natur war mein Freund. Natürlich konnte sie Katastrophen hervor bringen, aber das war immer noch kein Grund sie nicht zu lieben, denn bekanntlich liebte man das, was einen herausforderte. Das Gegenteil könnte niemand behaupten und wenn es jemand doch behaupten mochte, dann hatte dieser Jemand keine Ahnung. Ein kleiner Golf kam den Hügel hinauf gefahren. Das war er. Wer sonst kam am frühen Morgen an so einen Ort? Zur Sicherheit lag meine Hand griffbereit auf meiner Pistole. Man konnte nie wissen. Der ältere, stämmige Mann stieg aus dem Wagen und lief zu mir.

„Morgen, Mr. Carbone", grüßte er mich.

Ich nickte ihm zurück und sah auf seine Hand herunter, in der er einen großen Umschlag hielt.

„Wie ich sehe hast du viel", deutete ich auf diesen.

„Ja, ich habe einiges zu fotografieren gehabt."

Ich würde endlich erfahren, was mein Vater all die Zeit tat, als er immer wieder für mehrere Tage verschwand.

„Deine Bezahlung erfolgt wie immer", sagte ich und griff zum Umschlag.

Wir beide fassten jeweils den Brief an einer Ecke, wobei ich ihm fest in die Augen starrte.

„Das bleibt unter uns. Das und alles, was du gesehen hast. Nur unter uns."

„Selbstverständlich", meinte er, „Sie kennen mich und meine Arbeitsweise."

Für gewöhnlich hätte ich ihm nicht gedroht, da ich seit Langem Geschäfte mit ihm machte, aber hier ging es nun mal um meinen Vater. Da verstand ich keinen Spaß. Er ließ den Umschlag los, ich ergriff mir diesen und stieg in meinen Rolls-Royce Phantom ein. Auf dem Weg zur Firma sah ich immer wieder zum Umschlag, den ich auf den Beifahrersitz gelegt hatte. Was würde ich wohl vorfinden? Länger konnte ich nicht warten und hielt auf der Straßenseite an. Den Motor abgestellt griff ich nach dem Briefumschlag. Wie würde er wohl reagieren, wenn er wüsste, dass ich ihm nachstellen ließ? Er ließ mir aber auch keine andere Wahl. Entschlossen riss ich den Umschlag auf und hielt dutzende Bilder in der Hand. Auf dem ersten Blick konnte ich erst nichts erkennen, weshalb ich mir alle Bilder einzeln ansah. Reihenweise sah ich mir jedes einzelne genau an und musste laut auflachen. Scheiße! Niemals hätte ich mit solch einer Überraschung gerechnet. Die Bilder stammen aus verschiedenen Orten und Zeiten. Daher wunderte es mich auch, dass auf jedem Bild die ein und dieselbe Frau zu sehen war, da mein Vater im Grunde genommen sehr oft seine Partnerin wechselte. Sein Liebesleben ging mich eigentlich nichts an und ich interessierte mich dafür auch nicht wirklich, aber dennoch wunderten mich diese Bilder. Es sah so aus, als würde er es mit ihr ernst meinen. Sie war auch deutlich älter als sein gewöhnliches Beuteschema. Nicht dass er mit jungen Mädchen was hatte. Die Frauen, die er hatte waren immer mindestens um die fünfunddreißig, aber diese hier sah älter und reifer aus. Eben eher seinem Alter entsprechend. Vielleicht war sie fünf bis zehn Jahre jünger. Eine hübsche, erwachsene Frau. Ich griff zu meinem Handy und wählte die Nummer, mit der ich heute schon geschrieben hatte.

Zwei Frauen✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt