Machtkampf-Erik

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Bengt war nach circa 10 Minuten gegangen. Nur noch Caya und ich waren im Stall. Da war dieser Stich in meiner Herzgegend. Sie versuchte mich zu ignorieren. Warum? Was sollte das?

Sie seufzte und drehte sich zu mir um. Mit vor der Brust verschränkten Armen blickte sie mich erwartungsvoll aus ihren blauen Augen an. "Willst du etwas von mir?". Wie meinte sie das jetzt? Ich sah sie einfach nur fragend an. Sie musste lachen "Du bist ja so ganz süß, aber ich fange grundsätzlich nichts mit Typen an die ich nicht kenne" das war jetzt ja mal ne tolle Aussage. Damit drehte sie sich wieder um, schnappte sich ein Halfter und lief mit schnellen Schritten Richtung Weide. Sie drehte sich noch einmal zu mir um und schenkte mir ein unglaubliches Lächeln.

Ich hatte das Gefühl sie wollte mit jeder Sache die sie tat, mehr und mehr dafür sorgen, dass ich ihr verfalle! Jedoch was will sie mit mir? Sie ist schon fast so etwas, wie ein It-girl und ich? Ich bin ein normaler Junge aus einer kleinen schwedischen Vorstadt mit großen Träumen, die sie mir alle ruinieren könnte.

Ich löste mich nun auch von dem Fleck auf dem ich stand und ging zurück über den Stallvorplatz. Da kam mir Johan entgegen, neben ihm ging noch eine Frau her. Schwer zu sagen, wie alt sie war. Sie war kleiner, als er, ging ihm vielleicht bis zur Schulter, schlank und eher sportlich gebaut. Die langen dunklen Haare legten sich offen über ihre Schultern und passten perfekt zu ihren unglaublich grünen Augen. Dieses Grün kam mir irgendwie bekannt vor. Sie erinnerte mich von der Art, wie sie sich bewegte sehr an Caya. Ruhige Schritte, federnde Schritte, alles wirkte bedachter, als es eigentlich war. Das gab ihr ein unglaublich selbstsicheres auftreten. An ihrem Handgelenk prangte schon fast plakativ eine recht teure Armbanduhr und auch das hellrosane Poloshirt und die hoch geschnittene beige Reithose schienen, alles andere als günstig gewesen zu seien. Auch von ihrem Gesicht her war, diese Frau eine Erscheinung große Augen, volle Lippen, einigermaßen hohe Wangenknochen und eine eher schmale Nase, die perfekt in ihr filigran geschnittenes Gesicht passte.

"Hej" begrüßte mich Johan, wie immer freundlich. "Hej" auch ich lächelte ihn freundlich an. Die Frau blieb neben ihm stehen und sah mich kurz fragend an, dann stellte sie sich vor "Cady Stüwe". "Erik Nordin" tat ich es ihr gleich. "Du bist der 'Neue' Viking, oder?" fragte sie auf Deutsch. Ich nickte. "Caya und Bengt noch da?" wollte Johan von mir auf Schwedisch wissen. "Caya ist gerade zur Weide und Bengt ist vor ungefähr 10 Minuten gegangen" antwortete ich auf seine Frage. Er nickte und übersetzte es schnell für seine Begleitung, die daraufhin sarkastisch meinte "heute mal keine Familienzusammenkunft". Das irritierte mich etwas. In was für einer Beziehung standen die beiden? "Erik, bevor ich es vergesse. Mein Vater schafft es heute nicht an den Stall. Kannst du seine Pferde heute Abend mit füttern? Meine Mutter reitet gleich, die die gestern nicht bewegt wurden." Ich nickte und schenkte dem Blonden ein Lächeln "Ja, kann ich machen." "Super! Vielen Danke". Frau Stüwe blickte ihn schockiert an "Liz kommt?". Er nickte. "Fuck! Warum hast du das nicht eher gesagt?!?" fauchte sie ihn an. Er hob sofort abwehrend die Hände "Ich hab's total vergessen. Tut mir leid!".

Ich entschied mich die beiden sich weiter angiften zu lassen und auf meine Stallgasse zu verschwinden.

Nach einer halben Stunde traf, dann auch Johans Mutter ein. Ich mag sie. Sie ist immer recht freundlich zu mir und hat die Ruhe weg. So hatte sie jeden Falls bei unserem ersten Treffen gewirkt.

"Hallo" begrüßte sie mich und ging direkt zur ersten Box. "Schon eingelebt?" ihr Blick lag kurz auf mir. "Joa. Es wird" antwortete ich höflich. "Das ist schön zu hören. Ist mein Sohn schon da?" sie klang dabei so ruhig und freundlich. So wie ich mir immer gewünscht hatte wie meine Mutter klingen würde. Ich nickte und in dem Moment betrat auch Johan den Stall "Hallo Mama". "Wo sind Caya und Bengt?" fragte die Ältere sofort. "Bengt ist schon Zuhause und Caya macht sich gerade Dotti fertig" "Schade. Ich hatte eigentlich die Hoffung wir könnten zusammen ausreiten, aber du und Caya könnt doch, oder?" Er schüttelte den Kopf "Tut mir leid!" "Training?" fragte sie. Er nickte, aber sie bemerkte den Bluff sofort. "Sie ist da, oder?" sie sah an ihrem Sohn vorbei in den gegenüberliegenden Stall, im Rahmen der dunklen Holztüren lehnte die Stüwe und sah zu ihnen rüber. "Johan! Ich sage es ja nur ungern, aber lass sie los! Sie wird dir wieder weh tun!" sie sah ihren Sohn mit einem Blick an, wie ihn nur besorgte Mütter können. "Mama! Das ist mein Leben! Ich bin Erwachsen. Hör auf mir überall reinreden zu wollen!" sagte er daraufhin nur ruhig und recht distanziert. "Johan Joakim Sögren! Jammer mir später nicht die Ohren voll, wenn sie dich wieder einfach sitzen lässt... und lasst mir, dann ja die Kinder daraus!" jetzt verstand ich nichts mehr! "Meine Güte! Sie hat jawohl ein recht ihre Kinder zusehen, oder etwa nicht?" "Fällt ihr aber reichlich spät ein und sie sollte, dann auch die Finger von dir lassen! Du warst gerade über sie hinweg und dann lässt du sie wieder in dein Leben" das Unverständnis war der Älteren anzuhören.

Als nächstes wurde ich Zeuge eines ziemlich hitzigen Machtkampfes zwischen zwei ziemlich stolzen und eigenwilligen Frauen, denn die Frau über die sich Liz Sjögren so aufregte kam zu den beiden. Liz starrte sie erst fassungslos an und dann zischte sie in einen herablassenden Tonfall "Halt dich einfach von ihnen fern!" Die Neudazugestoßene lächelte betont charmant "Liz, wieso regst du dich, denn so auf? Ich habe eingesehen, dass ich Fehler gemacht habe." Die Ältere schüttelte den Kopf "Cady. Sei doch einmal ehrlich zu dir selbst. Selbst wenn du es eingesehen hast. Wiedergut machen kannst du es nicht mehr. Du tust den Menschen um dich herum immer nur weh. Du bist wie dein Vater! Ein Wunder, dass dein Gehabe dich noch nicht das Leben gekostet hat". Die Jüngere drehte sich jetzt auf dem Absatz um und lief mit schnellen Schritten aus dem Stall. Johan sah ihr nach und seine Mutter ermahnte ihn "Du rennst ihr jetzt nicht nach. Das hast du in der Vergangenheit schon zu oft getan!". Er schüttelte einfach nur den Kopf und lief der Dunkelhaarigen nach.

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