Das Mädchen mit den blauen Augen- Erik

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  Ich fuhr Pete gedankenverloren über den Nasenrücken. Immer noch fragte ich mich, ob das hier eine gute Entscheidung war. Jeder hatte es mir ausreden wollen. Mein Bruder, mein Vater und meine Mutter. Letztere wohl nur aus Angst vor Einsamkeit. Pete spielte aufmerksam mit den Ohren und blickte in eine ganz bestimmte Richtung. Kurz darauf wieherte er lauthals. Ich fuhr rum und sah das Johans Tochter den Stall betreten hatte.

Johan hatte ich auf der Jönköping Horse Show letzte Saison kennengelernt. Er hatte mich angesprochen, da sie nach einem U25 Talent für ihr Team gesucht hatten. Ich weiß nicht was er in mir gesehen hatte, aber er war mir auf Anhieb sympathisch gewesen. Ich glaube, da er so ein unglaublich ruhiger Mensch ist. Ich hatte mich geehrt gefühlt damals von einer International erfolgreichen Größe angesprochen zu werden. Gut ich hatte das Springen der jungen Reiter gewonnen und wahrscheinlich somit auch noch einmal auf mich aufmerksam gemacht. Im Laufe des Gespräches hatte sich, dann raus gestellt, dass ich schon länger im Gespräch gewesen war. Wir hatten uns auch unterhalten. Schnell hatte ich herausgefunden, dass er Architekt ist, reitet seit er denken kann und in Deutschland trainiert und arbeitet. Wir hatten uns ein paar Wochen später wieder getroffen. Das ganze Team war da gewesen. Das war vor zwei Monaten gewesen und ich war gerade erst 18 geworden. Ich hatte nicht lang gezögert den Vertrag zu unterzeichnen. Ich hätte auch in meiner Heimatstadt bleiben können, allerdings sah ich einen Umzug nach Deutschland, als eine Chance von zwei hervorragenden Reitern zu lernen. Keiner hatte es verstehen können. Sie halten alle nicht viel vom Pferdesport.

Da war es echt gut gewesen von Johan und Ole heute Morgen so freundlich begrüßt worden zu sein. Johan war dann so freundlich gewesen mir alles zu zeigen. Ich war echt überrascht gewesen als er mir seine Tochter vorstellte. Ich hätte erstens nicht gedacht, dass er Kinder hatte und zweitens hätte ich nicht gedacht, dass sie schon so alt, also circa ein Jahr jünger sind als ich. Aber schon gar nicht hätte ich gedacht, dass Caya so dermaßen hübsch ist. Johan würde ich jetzt nicht unattraktiv einschätzen, soweit ich das beurteilen kann. Ich könnte mir schon vorstellen, dass viele Frauen auf ihn abfahren. Ebenso wie ich mir vorstellen konnte, dass viele Jungs Caya ihr letztes Hemd schenken würden.

Auch jetzt konnte ich meinen Blick nur schwer von ihr nehmen. Ich versuchte bemüht nicht zu starren. Sie hat unglaublich schöne blaue Augen. Sie hatte einen eher zierlichen Körperbau, wirkte nicht so als, ob sie die schwere körperliche Arbeit die mit der Pferdehaltung verbunden ist packen würde. Ihr Gesicht bestach durch die hohen Wangenknochen, die großen Augen und die vollen Lippen. Sie schien, als wolle sie etwas von mir wissen. Ich entschied mich dafür sie erst anzulächeln und dann zu fragen "Kann ich dir helfen?". Sie blickte mich ruhig aus diesen unglaublich schön anzusehenden blauen Augen an und nickte "Ich suche meinen Vater." Wo hatte ich Johan zuletzt gesehen? Ich musste kurz überlegen und meinte dann "Ich weiß nicht, wo er ist. Tut mir leid" Sie wirkte kurz etwas enttäuscht, zuckte dann mit den Schultern und drehte sich dann um, nur um ihn ihren Vater fast rein zu rennen. Er fasste sie an den Schultern, damit sie nicht fiel. "Was ist los Prinzessin?", fragte er. Sie verzog genervt das Gesicht, legte den Kopf in den Nacken und schob die Unterlippe leicht vor "Gehst du mit mir ausreiten?" Der blonde Mann sah seine Tochter eher wenig begeistert an. "Papa bitte!!!", flehte sie. Er seufzte und gab sich geschlagen "Okay". Sein Blick wanderte zu mir "Erik willst du mitkommen?". Ich zögerte. Irgendwie schon, aber meinen Pferden wollte ich erst die Möglichkeit geben sich an die neue Umgebung zu gewöhnen. "Wenn du keines deiner Pferde nehmen willst, kannst du eins von meinen haben" bot er an. Ich atmete tief durch und nickte dann. "Gut, du kannst dir Pepito fertig machen. Der einzige Schimmel im Stall. Er ist eigentlich nicht zu übersehen" Johan warf mir noch ein kurzes Lächeln zu, dann wandten er und seine Tochter sich zum Gehen. Ich sprang jetzt auch vom Strohballen und folgte ihnen in den gegenüberliegenden Stall.

Schnell waren alle Pferde gesattelt und wir ritten los. Ich war nicht verwundert, dass Caya unglaublich gut ritt. Ich würde sogar sagen besser als ich. Warum übernahm sie nicht das U25 Talent?

Mitten auf einem Wald weg, parierten sie plötzlich durch und Johan ging an sein Handy. Es dauerte nicht lange, da war das Telefonat beendet und er fluchte leise. Dann sah er seine Tochter entschuldigend an "Es tut mir leid Caya. Ein Kunde den wir morgen erwartet hätten ist heute schon gekommen. Ich muss jetzt sofort ins Büro." als Nächstes wandte er sich an mich. "Caya kann dir die Strecke noch weiter zeigen. Es ist mir eh lieber, wenn sie nicht alleine unterwegs ist." Ich nickte noch und schon wandte er sein Pferd um.

Caya sah mich kurz an. Dann gab sie ihrer Apfelschimmelstute eine Parade. Ich folgte ihr einfach. "Du kannst auch neben mir reiten. Dotti mag Pepi und ich beiße nicht" auffordernd blickte sie mich an und ich trabte, wie ferngesteuert auf. "Wo kommst du eigentlich her?", fragte sie. "Aus der Nähe von Jönköping.", antwortete ich. Sie nickte leicht. "Wie lange reitest du?" das sie so kühl bei der Befragung klang, machte mich auf irgendeine Art und Weise nervös. "Keine Ahnung 14/15 Jahre vielleicht." Sie zog die Augenbrauen hoch "Wie nicht länger?". Ich schüttelte den Kopf.

Meine Eltern haben anders, als ihre Familie keine Bindung an den Reitsport. Mein Vater hält es für Mädchensport, wenn es überhaupt einer ist, Mama mag Pferde traut sich aber nicht mehr, als zwei Meter an eins ran und mein Bruder denkt dasselbe wie unser Vater und hält mich noch dazu für einen Versager.

Caya wirkte so oberflächlich. Ganz anders, als ihr Vater. Es komisch neben ihr her zureiten. Auf der einen Seite war es interessant, auf der anderen unglaublich frustrierend. Sie wirkte schön und gleichzeitig so unnahbar.  

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