Zickenkrieg und soziale Söhne- Bengt

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Mama und Oma verstehen sich ja mal so gar nicht. Kein Wunder Oma will ihr ja auch immer irgendwelche Psychosen auf Grund des frühen Todes ihrer Eltern andichten. Ich weiß nicht wer auf die Schnapps Idee gekommen ist mit unseren Großeltern essen zu gehen! Ich war es jeden Falls nicht!

Nachdem die beiden sich gefühlte 30 Minuten angezickt hatten und einander wahrscheinlich am liebsten den Tod gewünscht hätten. Saßen sie nun am Tisch und ignorierten einander gekonnt. Echt schon wieder lustig! Wobei ich ganz klar auf Omas Seite war.

Ich kann unserer Mutter immer noch nichts abgewinnen. Sie wirkte auf mich oftmals falsch und als würde sie sich vieles nur gezwungenermaßen antun.

Caya schien hin und her gerissen zwischen den beiden. Das hatten wohl auch die anderen Herren am Tisch gemerkt und es begann eine Konversation über FEI Lizenzen und plötzlich war meine Schwestern endgültig in dem Gespräch gefangen, welches jedoch sofort wieder einem Streit auslöste.

"Ich stehe immer noch nicht so ganz hinter der Sache" meinte Papa zweifelnd und bekam von Oma Bestätigung in seinem Denken "Ich halte das auch für keine so gute Idee". Opa schüttelte den Kopf "Jo war auch in ihrem Alter bei der Young Riders Tour und hat es ihm geschadet?" Oma seufzte "Caya ist anders! Caya ist dir in dem Punkt ähnlicher" sie sah Mama an. "Meine Güte! Nur weil ich dran zerbrochen bin, heißt das nicht das Caya das nicht packt. Sie hat sehr viel mehr Leute hinter sich, als ich sie je hatte. Ich würde ihr in dem Punkt einfach vertrauen!" es dauert echt nicht lange bis Oma etwas sagte "Nur, dass sich hier niemand für deine Meinung interessiert!" sie sagte es wohl lauter, als beabsichtigt. Daraufhin sahen sie alle schockiert an, aber sie hatte auch nicht so ganz unrecht.

Ohne Mama wäre das vielleicht wieder wie früher geworden, wie vor der Beendigung meiner Vielseitigkeitskarriere, wie vor meinem Herzfehler, wie vor ihrem auftauchen.

Mamas Hände zitterten und sie stierte unsere Großmutter wütend an. Papa versuchte nach ihrer Hand zu greifen, aber sie signalisierte ihm deutlich, dass sie das nicht wollte. "Wenn ich hier sowieso niemanden interessiere, kann ich auch gehen!" entgegnete Mama bitter, stand auf und zog ihren Mantel von der Stuhllehne. Papa wollte ihr sofort nach, aber Oma fuhr ihn an "Johan hör auf ihr nach zu rennen!" und weil Papa sich immer fügt blieb er sitzen. Caya wollte stattdessen aufstehen, aber wurde direkt wieder in ein Gespräch verwickelt. Ergo es war an mir. Ich war der Einzige von dem Oma nicht denken würde, dass er jetzt mit ihr reden würde. Also stand ich ohne ein Wort auf und ging ihr nach.

Sie war wohl stehen geblieben um sich zu sammeln. Sie wollte gerade zum Parkplatz gehen, als sie wohl meine Schritte hörte. Etwas irritiert sah sie mich an "Bengt?" Ich seufzte. Okay jetzt gab es kein zurück mehr! "Hey...Ich weiß, dass Oma sich gerade echt daneben benommen hat, aber sie hat das bestimmt nicht so gemeint" versuchte ich zu retten was zu retten war. Ein weiches Lächeln legte sich auf ihre Lippen "Lieb von dir mein Schatz, aber sie hat recht. Ich hab eigentlich kein Recht mitzuentscheiden was euch beide angeht. Dafür war ich zu lange weg." gegen Ende war ihre Stimme trauriger geworden "Das hat alles einfach keinen Sinn!" Warum? Warum sagte sie das? Ich habe Papa noch nie so glücklich gesehen, wie mit ihr! Sie und Caya verstehen sich echt gut und es würde meiner Schwester das Herz brechen, wenn sie jetzt wieder verschwinden würde. "Wie gehts dir eigentlich? Du redest ja nie mit mir" fragte sie plötzlich wie aus dem nichts. Ich zuckte mit den Schultern.

Wie sollte es mir auch gehen? Meine Träume und Ziele glichen einem Scherbenhaufen und ich wusste manchmal nichts mehr mit mir anzufangen.

"Ich kann verstehen wenn du mit Jo nicht reden willst. Dabei war er in deinem Alter in einer ähnlichen Situation" hörte ich sie sagen. Überrascht sah ich sie an. Das war mir neu. "Komm ich erzähl dir alles" meinte sie und machte mir klar, dass sie ein Stückchen mit mir in den Park gehen wollte. "Bevor euer Vater und ich uns kennen lernten hatte er einen Reitunfall. Sein Wallach ist damals weggerutscht und hat ihm Teile vom Knie quetscht und die Kniescheibe zertrümmert. Es war unklar ob er je wieder reiten können würde und an Springreiten war gar nicht zu denken. Da waren so viele Ärzte dran!" sie musste schmunzeln "Er hat sich zurück gekämpft. Aber Bengt das darfst du nicht vergessen. Ein Herzfehler ist etwas anderes, als ein zertrümmertes Knie. Auch wenn es dir jetzt physisch gut geht, die Medikamente sind nicht stark genug um den Adrenalin und das Herzrasen der Geländestrecke zupacken. Allerdings glaube ich das man einen Weg finden kann damit umzugehen und dich weiterhin so reiten zu lassen." Okay. Hatte irgendwer ihr etwas in ihr Wasserglas gekippt? "Ich habe einen Vorschlag für dich!" ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen. "Der wäre?" fragte ich betont misstrauisch. "Sagen wir es so....Du hast das Talent, das passende Pferd und ich habe eine Geländestrecke und mehr Know-how, als dein Trainer jemals haben wird und kann vielleicht noch ein/zwei Kontakte spielen lassen." "Wo ist der Harken?" "Wir müssen einen Vorwand finden, dass du mit Ly zu mir nach Lüneburg kommst und Caya davon überzeugen, dass sie nicht mit will. Außerdem musst du wissen ob du es so lange mit mir aushältst" Das klang schwieriger, als erwartet. Caya ist leider nicht, wie Milas Bruder und kann sich Stunden lang mit irgendwelchen Videospielen beschäftigen, ohne zu merken wer kommt und wer geht. Für Caya musste das schon ein ganz besonderer Leckerbissen seien damit sie nicht mitkommen wollen würde. Aber die größte Frage war doch würde ich es aushalten mit dieser Frau länger als 24 Stunden Zeit zu verbringen? "Was sagst du?" fragte sie. "Wann?" sie musste grinsen "Wann es dir passt und du Caya quasi los bist". "Okay. Versuchen wir es" beschloss ich. Sie nickte "Gut. Musst du nicht langsam zurück?" Ich zuckte wieder mit den Schultern "Merkt eh keiner bei der Diskussion. Die führen sie schon seit mindesten einem halben Jahr ohne Ergebnis" "Trotzdem. Geh lieber wieder zu ihnen" behaarte sie. Sie wollte gerade wieder zum Parkplatz gehen, da rief ich "Warte!" und drückte ihr meinen Haustürschlüssel in die Hand "Er wird sich freuen dich Zuhause zu sehen, sonst glaubt er noch du wärst sauer auf ihn weil er dir nicht nach gelaufen ist." Sie nickte und schloss ihre Hand um den metallenen Schlüssel. "Bis später" meinte sie noch und ging dann mit schnellen Schritten zu Ihrem Wagen.

Mila wäre stolz auf mich! Ich war sozial meiner Mutter gegenüber, auch wenn ich mir vor ein paar Stunden noch gewünscht hatte sie würde einfach wieder verschwinden.

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