Familie, die zweite -Erik

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Alles bricht zusammen! Johan weis bescheid und noch dazu hatte Björn mich angerufen. Mama lag im Krankenhaus und ich fühlte mich schuldig. Da half es auch nichts, dass Caya mir versucht hatte einzureden, dass es nicht meine Schuld war. Diese ganze Sache war ein Desaster. Es stand alles auf dem Spiel. Meine Pferde, meine Karriere und meine Familie.

Bengt lief mit Ly an der Hand an uns vorbei und versuchte mich mit Blicken zu töten. Caya warf ihrem Bruder einen wütenden Blick zu, dann sah sie mich an. "Es tut mir leid!" kam es ihr leise über die Lippen und sie sprang vom Zaun und ging.

Ich wurde einfach nicht schlau aus ihr. Dann drehte sie sich doch wieder um und blieb stehen. Ihre Augen waren glasig "Bitte geh nicht einfach! Nicht von heut auf morgen!" . Ich schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln "Das werde ich nicht. Egal was passiert." "Versprochen?" federleicht und doch klang es so verletzt "Versprochen!" versicherte ich ihr und sah ihr nach als sie wieder zum Stall ging.

Ich müsste trotzdem in naher Zukunft nach Hause. Meine Mutter lag jetzt im Krankenhaus und es fühlte sich für mich an, als wäre es meine Schuld. Ich war der, der in selbstsüchtiger Träumerei sie zurück gelassen hatte in ihrem Elend. Warum hatte ich nur so gehandelt?

"Könnt ihr euch in der nächsten Woche um meine Pferde kümmern. Meine Mutter liegt im Krankenhaus und ich muss noch heute Nachhause" tippte ich in unsere Gruppe. Nicht super ich weiß, aber ich hatte keine Lust auf ein Gespräch. Ich hatte keine Lust alles zu erklären, ich hatte keine Lust etwas über mein Schicksal zu hören! Ich wollte nicht und ich konnte nicht.

Ein Mädchen kann einem wirklich alles ruinieren und das schlimmste es kommt einem nicht wie der Ruin vor. Dabei war es das!

Mein Handy gab einen Ton von sich. "Kein Problem. Können wir tun" hatte Johan geantwortet. Da war ja wenigstens etwas...

Ich hatte ehrlich etwas Angst vor Zuhause. Angst davor meine Mutter im Krankenhaus zu sehen. Ich hatte das Gefühl ich war an diesem Zusammenbruch schuld. Warum? Weil ich nicht für sie da war.

Mein Bruder wartete am Flughafen auf mich. Wir sprachen die ganze Fahrt über kein Wort miteinander.

Irgendwann durchbrach mein Bruder die Stille "Sie hat schon nach dir gefragt. Ich habe ihr gesagt dass du kommst." "Hmh." war mein einziger Kommentar. "Hast du übrigens sauber hinbekommen!" meinte er und grinste. "Was?" "Ich würde sagen Reitsportkarriere kannst du jetzt vergessen oder? Das mit der Kleinen Sjögren war ne ziemlich dumme Idee." "Können wir über etwas anderes reden?" "Wann bist du wieder hier?" "Warum sollte ich bald wieder hier leben?" fragte ich irritiert. "Ich dachte sie schmeißen dich aus dem Team" Ich schüttelte den Kopf "Die Würfel sind noch nicht gefallen." meinte ich trocken. "Und ob sie gefallen sind! Bruderherz. Es ist vorbei. Der Traum vom reiten ist ausgeträumt. Deine Pferde gehen alle wieder zurück an deine Sponsoren, nur Pete wirst du halten können. Dein Ruf wird ruiniert seien und daran ist einzig und allein eine wunderschöne junge Frau schuld" er lachte. Er fand das alles mehr als lustig.

Wahrscheinlich weil es etwas war was er nie von mir erwartet hatte. Er hätte nie von mir erwartet, dass ich einer derartigen Frau verfallen würde. Ich ehrlicherweise auch nicht. Das schlimmste war jedoch dass er sich darüber derartig lustig machte. Er wusste nicht wie weh es tat.

Im Krankenhaus fühlte ich mich irgendwie als würde eine Tonnenschwere Last von mir fallen. Auch wenn ich meine Mutter noch nicht gesehen hatte, hatte ich das Gefühl ihr würde es besser gehen und dass sie sich freuen würde mich zu sehen.

Ich war froh, dass sie mich alleine mit ihr ließen. Sie hob den Kopf als ich eintrat. "Erik. Mein Schatz. Du bist da!" sagte sie mit rauer Stimme. "Ja Mama ich bin da" ich ließ mich vorsichtig auf die Bettkante sinken und griff nach ihrer Hand. "Wie geht es dir?" fragte ich im nächsten Atemzug. Sie zuckte mit den Schultern und sah mich wieder an. Sie schien ausnahmsweise mal wieder normal zu seien. "Wie geht es dir?" fragte sie mich und ich entschied mich spontan ihr nicht die Wahrheit zu sagen und log "Mir gehts gut". Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Sie schien es zu freuen, dass es wenigstens einem von uns gut ging. "Gibt es momentan jemanden in deinem Leben?" diese Frage irritierte mich. Sie war wohl eine der wenigen, die nichts von der Sache mich Caya mitbekommen hatte. "Naja irgendwie schon, aber irgendwie auch nicht. Es ist etwas kompliziert!" Versuchte ich ihr zu antworten. "Erzähl mir von ihr!" Oh fuck! Ich atmete tief durch. Sollte ich ihr von Caya erzählen? Ich könnte einige Details rauslassen. Aufmerksam sah sie mich aus ihren braunen Augen an und ich gab nach. "Sie ist unglaublich. Manchmal ist es so, als würde sie mir den Atem nehmen." Ich musste wieder an die Sache am Stall denken. "Wo habt ihr euch kennen gelernt?" sie war merklich interessiert. "Am Stall" Sie lächelte "Das habe ich mir schon fast gedacht." Wo lerne ich auch sonst Leute kennen, die ähnlich ticken wie ich?! "Weiß sie das du sie magst?" ich zuckte mit den Schultern "Das würde eh nichts ändern. Wir sind einfach zu verschieden." auf den fragenden Blick meiner Mutter fügte ich hinzu "Naja ich musste mir alle meine Erfolge hart erarbeiten und sie kommt aus einer recht wohlhabenden Familie in der eigentlich jeder im Spring- oder Vielseitigkeitssport unterwegs ist." und sie hat mir die Karriere ruiniert... "Wenn sie dich auch liebt sollte euch das nicht bremsen! Ihr seid noch jung. Ihr solltet euer Leben leben." sie drückte meine Hand und wirkte mit einem mal ziemlich müde. "Soll ich gehen? Willst du etwas schlafen?" fragte ich deshalb und wollte schon aufstehen, da sagte sie "Nein bitte bleib noch etwas. Ich will jetzt nicht alleine seien." Ich nickte nachdenklich und betrachte ihr Gesicht.

Meine Mutter wirkte älter als noch vor ein paar Monaten und sie sah müde aus. Ich hätte sie auch nur ungern allein gelassen, aber ich hatte auch das Gefühl ich müsse mit meinem Vater und meinem Bruder reden.

Ich verließ das Zimmer erst als ich sicher war, dass sie schlief. Auf dem Flur stand der Rest unserer gesplitterten Familie. Björn, Janna und Papa. Am liebsten wäre ich einfach in eine andere Richtung gegangen. Janna wollte ich nach dem Geständnis eigentlich nur aus dem Weg gehen und Björn konnte ich ehrlicherweise auch nicht mehr in die Augen sehen. Ich wollte ihm nicht die Beziehung ruinieren. Ich wusste er liebte Janna, aber würde auch zu der ein oder anderen hübschen jungen Frau nicht nein sagen und Janna liebte mich. Sie war wie eine Schwester für mich. Es fühlte sich so falsch an jetzt auf alle drei zu zugehen. Sie sahen mich alle mehr oder weniger missbilligend an.

"Eine Box ist bei uns im Stall noch frei. Sollen wir dir die schon reservieren?" fragte Janna kühl. Ich sah sie nicht an und presste die Lippen fest aufeinander. "Ich helfe dir nicht beim suchen einer Lehrstelle!" murmelte mein Vater und warf mir einen Blick zu der soviel sagte wie "Du hast es an die Wand gefahren. Das war mir von Anfang an klar!" Ich wollte nur noch weg. Weit weg. An irgendeinem Ort fern ab von dieser ganzen Misere.

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