Auf in den Freienfall!-Caya

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Papa kam mir schon entgegen, als ich in den Stall wollte "Caya, wir müssen reden". Augenblicklich drehte sich mir der Magen um. War jetzt alles rausgekommen? Das wurde auch nicht besser, als Oma noch dazu kam und die kam eigentlich nur dazu, wenn sie bei Entscheidungen beratend tätig werden sollte.

Wir saßen unweit vom Stall draußen vor dem Reiterstübchen an einem der Tische. Papa atmete tief durch und sah zu Oma rüber "Du weißt bescheid?". Sie nickte und fragte "Was hast du jetzt vor?". Er zog die Schultern hoch "Keine Ahnung. Ich würde sagen wir warten mit einem Urteil bis nach meiner Reha und fällen die Entscheidung im Team". Sie nickte "Das ist wahrscheinlich das Beste". "Welche Entscheidung?" mein Kopf wollte noch nicht wirklich mitarbeiten. "Ob Erik im Team bleiben darf oder ob er gehen muss" meinte Papa ernst. Ich schüttelte ungläubig den Kopf "Das ist doch total bescheuert! Warum wird er jetzt aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem Team geschmissen, wenn alles von mir ausging?" ich wollte es nicht verstehen und ich konnte es einfach auch nicht! "Caya, das hat den einfachen Grund, dass wenn ihr mal angenommen zusammen wäret und er bei mehreren Turnieren tiefgreifende Fehler im Parcours macht, damit theoretisch für die nächste Saison rausgeschmissen werden müsste, nicht rausgeschmissen werden kann. Einfach nur weil du quasi sein Schutz bist, dass er im Team sicher bleiben kann. Das wirft nicht gerade ein gutes Bild auf das Team. Außerdem bin ich mir was Erik angeht nicht ganz so sicher ob er so ein guter Umgang für dich wäre." erklärte Oma. "Nur weil mehr, als die Hälfte seiner Pferde Sponsoren gehören?" frage ich spitz. Sie schüttelte den Kopf "Das meine ich nicht. Das weißt du! Es geht mir da mehr um seine Vergangenheit und Gegenwart." So kann man es auch ausdrücken Oma! Sie hatte also Panik wegen seiner scheiß Familiengeschichte. Keinen Plan woher sie die kannte! Ich sprang einfach auf und ließ die beiden am Tisch sitzen. Ich bekam im gehen noch mit, wie Papa fragte "Kann mir mal jemand erklären um was es jetzt mit einemmal geht?"

Immer noch recht aufgebracht ging ich in Richtung Stallungen, als mir Mama entgegen kam "Hallo Caya" begrüßte sie mich, aber ich rauschte an ihr vorbei "Caya? Alles in Ordnung?" rief sie mir verwirrt nach und schließlich kopfschüttelnd ihren Weg fortsetzte.

Nichts war in Ordnung! Jetzt war das eingetreten was nicht hätte eintreten dürfen, aber wohl unvermeidbar war. Halva! Ich wollte das nicht! Ich wollte Erik nicht die Karriere versauen! Der wird 100 pro fliegen und damit seine Sponsoringverträge verlieren! Das war alles meine Schuld! Nur weil ich meine Finger nicht von ihm lassen konnte.

Ich drehte mich kurz um und sah, wie Mama Papa von hinten die Arme über die Schultern legte und ihm einen Kuss auf die Wange drückte. Oma wirkte sofort ziemlich genervt und warf ihr einen hasserfüllten Blick zu. Mama schien es zu genießen, dass sie sie so ansah.

Eigentlich wollte ich in unseren Stall, aber dort standen mein Zwilling und Mila und knutschten rum. Das musste ich mir jetzt irgendwie nicht geben. Also drehte ich mich wieder um und ging zu den Weiden.

Ich schien jedoch nicht die Einzige mit der Idee gewesen zu seien. Erik stand an einer der Weiden. Die Unterarme hatte er auf den braunen Holzzaun gelegt mit Handy ausgeschaltet in den Händen. Sein Blick wirkte leer und traurig. Wusste er schon, dass bald über sein Schicksal im Sport entschieden werden würde? Als er mich kommen sah straffte er die Schultern und schien als versuche er sich zu sammeln. Ich musste schlucken. Er wusste jetzt garantiert schon davon. Oder war es doch etwas anderes?

Seine Hände zitterten leicht und die Fingerknöchel traten weiß hervor, so fest umgriff er sein Smartphone. Die Lippen presste er ebenfalls fest aufeinander und seine Augen waren matt, leer und so als müsse er Tränen zurück halten.

Mein Herz schlug mir mit einem mal bis zum Hals, als ich näher kam. Ich ließ mich neben ihn auf dem Zaun nieder. Er sah mich nicht an.

"Jag är så ledsen!" durchbrach ich mit brüchiger Stimme die Stille. Er sah mich immer noch nicht an sonder fragt "Vad är du ledsen?". "Jag har förstört du liv!" murmelte ich und mein Blick wanderte zu Boden. Es stimmte doch! Ich hätte ihm das Leben ruiniert. "Det är mitt fel!" erklärte er und sah mich endlich einmal an "Förutom en kollaps av min mor" er musste schwer schlucken. Ich starrte ihn ungläubig an "säga något sådant!". Er schüttelte schwermütig den Kopf "Man..." ich unterbrach ihn "Säga något sådant!". Ich hatte mit einem Mal das Bedürfnis ihn zu trösten. Gleichzeitig regte sich in mir aber auch das Gefühl, dass es vielleicht nicht so super wäre wenn jetzt jemand sehen würde, wie ich ihn in den Arm nehmen würde. Dabei sah er echt so aus als könne er so eine Geste gut gebrauchen. Ich seufzte und streckte meine Arme nach ihm aus "komm närmre!". Er biss sich leicht auf die Unterlippe.

Oh Gott! Da setzte bei mir nur leider ein ziemliches Kopfkino ein. In Anbetracht der Situation, vielleicht etwas unangebracht. Vielleicht wollte ich doch nur seinen Körper. Oder?

Für einen kurzen Moment schloss er seine wunderschönen braunen Augen. Dann ließ er sich auf die Umarmung ein. Ich schloss ihn in die Arme und atmete seinen Geruch ein. Ich habe so etwas noch nie empfunden. Jetzt bereute ich es sogar ihm vor nicht all zu langer Zeit eine geknallt habe. Ich fühlte mich dermaßen zu ihm hingezogen! Er ließ seine Stirn auf meine Schulter sinken und ich fuhr ihm durch die braunen Haare. Es war irgendwie angenehm ihn jetzt so in den Armen zu halten.

Ich wollte gerade diesen Moment genießen, da hörte ich erst Schritte und dann die Stimme meines Bruders "Nee! Das glaub ich jetzt nicht!". Erik hob Augenblicklich den Kopf und machte einen Schritt von mir weg. Ich überlegte auch kurz ob ich vom Zaun springen sollte oder nicht, aber ich blieb einfach sitzen und fragte provokant "Dürfen wir jetzt schon nicht mehr miteinander reden?" Mein Zwilling schnaubte auf und warf Erik einen vernichtenden Blick zu, dann ging er mit schnellen Schritten weiter zur Weide auf der Ly schon am Gatter stand.

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