Familie-Erik

251 17 0
                                    

Die letzte Woche war echt anstrengend gewesen. Ich hatte fast jeden Tag einen Sponsor am Telefon der wissen wollte, wann das nächste Turnier ist und ob ich überhaupt noch irgendwo starten würde. Einige waren sogar kurz davor die Verträge aufzulösen. Ich konnte sie zum Glück damit besänftigen, dass es am Wochenende nach Jonköpin gehen würde, wir dort ein Teamspring gehen würden und  ich einige Prüfungen die davor liefen schon gemeldet hatte. Ob ich dieses mal nur Ersatz war oder nicht wusste ich nicht.

Mir graute es ehrlich gesagt etwas vor meiner Heimatstadt. Ich wusste das ich dort auf meinen Bruder treffen würde und mit etwas Pech auch auf unseren Vater. Mir drehte sich schon der Magen um wenn ich nur daran denke.

Der erste Turniertag lief gut. Keine Familie, keine alten Freunde, nur ich, die Pferde, die Prüfungen und meine Teamkollegen. Das Ganze änderte sich am zweiten und letzten für uns, da am dritten ausschließlich Dressur stattfand.

Dieser Tag versprach schon beim Frühstück eine Katastrophe zu werden. Wir saßen bei dem guten Wetter draußen auf der Hotelterrasse, die Reiter schon größtenteils in Turnierklamotten und der Rest in Jeans und T-shirt mit entsprechender Team Aufschrift. Team Sjögren war am häufigsten am Tisch vertreten, wobei Bengt mit Abstand am übellaunigsten war.

Caya hatte ihren Blick durch den Garten schweifen lassen und stieß mich mit einem mal zwischen die Rippen. "Kennst du die Frau? Sie starrt dich die ganze Zeit so an" Ich wandte meinen Kopf in die Richtung in die sie wies und zuckte Augenblicklich etwas zusammen. Meine Mutter stand am Rand des Parkähnlichen Gartens und sah zu uns rüber. "Aha! Du kennst sie!" gab sie sich selbst die Antwort. "und wer ist sie?" "Meine Mutter" murmelte ich und bekam gar nicht mit, dass mich mit einem mal alle der schwedischen Sprache mächtigen Menschen am Tisch irritiert anglotzten. Johan war der Erste der die Sprache wieder fand "Geh zu ihr. Sie hat dich jetzt lange nicht mehr gesehen. Wir kümmern uns um alles, bis wir fahren". Ich nickte und seufzte. Wie war sie wohl heute drauf? Ich erhob mich langsam und ging zu ihr.

"Erik! Mein Schatz!" rief sie, als ich nur noch wenige Schritte von ihr entfernt war. Sie war ganz klar schon wieder drauf! Sie muss schon wieder eine etwas längere Zeit drauf seien. Sie war dünner geworden und wirkte fahriger, als vor ein paar Monaten. "Mama, wie viel hast du genommen?" sprach ich sie direkt drauf an. "Nur die Menge, die mein Psychologe mir verschrieben hat. Jetzt mach dir keine Sorgen!" und ob ich mir Sorgen machte. Es war ganz klar mehr gewesen, als das was der Psychologe ihr verordnet hatte. "Gut ich habe die Menge vielleicht etwas angepasst!" räumte sie ein. "Das sollst du doch nicht. Hat Papa da denn kein Auge drauf?" Sie schüttelte den Kopf. Was anderes hatte ich auch nicht erwartet. "Wie lief das Turnier gestern? Gut siehst du aus! Kommst du gut mit allen klar?" Ich nickte einfach an ihre erste Frage würde sie sich eh nicht mehr erinnern können. "Björn und Janna wollen auch irgendwann gucken kommen." erzähle sie mit strahlenden Augen und ahnte damit nicht, wie sehr sie mir damit den Tag versaute. Ich warf schnell einen Blick auf meine Uhr. Sie musste los. "Mama du hast in einer halben Stunde einen Termin" erinnerte ich sie. Sie sah mich erst aus großen Augen an und dann nickte sie "Ja, ja stimmt. Dann muss ich wohl los." Am liebsten hätte ich sie zu ihrem Termin gebracht, aber das ging nicht. In einer halben Stunde müsste ich schon im Sattel sitzen.

Auf dem Turniergelände ging es nur noch schlimmer weiter. Johan ritt als einziger von uns die Prüfung für Jung Pferde mit einem gerade mal vier Jährigen Wallach mit und lag auf der Hälfte des Parcours nach einem plötzlichen Steher unten. Er stand zwar sofort wieder auf, klopfte sich den Sand von der Turnierkleidung und griff nach den Zügeln seines Pferdes, aber er entlastete ein Bein auffällig. Sie fragten alle gar nicht wie es ihm ging. Caya nahm ihm sofort das Pferd ab, obwohl sie selbst sich jetzt eigentlich ihr Pferd fertig machen sollte und Bengt und ihre Mutter versuchten ihren Vater davon zu überzeugen, dass es besser wäre sich zu einem der Ärzte zu begeben. Einzig und allein Ole hielt sich raus und wirkte ungemein gelassen, dabei war es sein Sohn der gerade ohne Pferd über den Sprung geflogen war und jetzt am humpeln war. 

"Erik?" riss mich Ole aus meinen Gedanken. "Hmh?" aufmerksam sah ich den Älteren an. "Du musst Johan gleich ersetzten. Traust du dir das zu?" Ich atmete tief durch und nickte. Sonst müsste die Meldung zurück gezogen werden. Ich würde Johan also hoffentlich heute Abend würdig vertreten. 

Ich unterhielt mich gerade am Abreiteplatz mit Caya, da hörte ich wie hinter mir jemand meinen Namen rief "Erik". Diese Stimme kannte ich zu gut. Ich musste mich noch nicht einmal umdrehen um zusehen, dass es mein Bruder war. Ich wollte eigentlich nicht mit ihm reden, aber er steuerte gezielt auf mich zu. "Lange nicht mehr gesehen Kleiner!" stellte er fest. "Ja" bestätigte ich kühl. " "Jetzt sag nicht du bist noch sauer auf mich!" Björn lachte. "Doch und Mama hat mir noch einen weiteren Grund gegeben sauer auf dich zu seien! Das Papa es nicht auf die Reihe bekommt war mir bewusst, aber das auch du unfähig bist ein Auge auf Mama zu haben..." er unterbrach mich. "Reg dich nicht auf! Ihr geht's gut. Mein Gott wenn es dir nicht passt, dann komm zurück!" er nahm es mir also auch noch übel das ich dieses Angebot angenommen habe. Ich schüttelte den Kopf. Er würde es nie lernen. Die Stimmung kippte, als Janna, die Freundin meines Bruders dazu kam. Vor ihr ist mein Bruder eine andere Person. "Hej Erik. Was macht der Sport?" begrüßte sie mich schon fast zu überschwänglich. Das missfiel meinem Bruder und ich bekam einen vernichtenden Blick ab. "Läuft irgendwie" antwortete ich. "Klingt ja nicht sehr überzeugend! Wie geht es Pete?" Janna hatte einen Narren an meinem Rappen gefressen, somit war diese Frage schon fast klar. "Gut, er ist sogar hier" erfreut klatschte die Blondine in die Hände und beschloss "Dann will ich ihn jetzt auch begrüßen. Du kannst hier bleiben, wenn du willst" wandte sie sich an meinen Bruder. "Gerne" murmelte jener und hatte nun Caya entdeckt, die sich nun mit ihrem Bruder unterhielt. 

"Der hat ja ganz schön an Muskeln zugenommen!" stellte Janna fest, als sie an der Box des Rappen stand. "Du fehlst uns echt am Stall. Wir haben jetzt keinen mehr, der uns die Schulpferde Korrekturreitet" Janna's Mutter gehörte der Stall an dem ich bis vor ein paar Monaten noch geritten war und Janna hatte meinen Bruder über mich kennen gelernt. "Du fehlst mir!" sagte sie mit einem mal in einem komischen Tonfall. Was sollte das denn bitte? "Das mit Björn...Ich glaube wir beide..." ich unterbrach sie. "Janna, nein! Das würde überhaupt nicht funktionieren." Mit einem mal funkelte sie mich wütend aus ihren braunen Augen an "Ach war das am Abreiteplatz deine Neue? Meinst du nicht sie ist ne Nummer zu groß für dich? Kann sie eigentlich noch was anderes, als gut aussehen? Wahrscheinlich ist sie einfach nur gut zu vögeln" mit den Worten verließ sie den Stall wieder und ich ließ mich erschöpft und zu tiefst verwirrt vor Petes Box auf den Boden sinken, die weiße Reithose war mir jetzt egal. Ich musste mich ordnen. 

DownfallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt