Epilog

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"Danach war lange Funkstille in unserer Familie. Wir haben eigentlich einfach nur alle versucht Maddie's Tod zu verarbeiten. Es war schwerer als gedacht aber wir sind darüber hinweg gekommen, auch wenn es fast zwei Jahre gebraucht hat. Klar fehlt sie uns und ich denke jeden Tag an meine Schwester, aber wir haben gelernt weiter zu leben. Sie würde nicht wollen, dass es uns schlecht geht. Ja und das war meine Geschichte", beendete ich meinen Vortrag.

"Hat noch jemand Fragen?", ich sah meine Klasse an. Marie hob die Hand und ich rief sie auf. "Was denkst du jetzt nach so vielen Jahren darüber, dass du nur als Spenderin adoptiert worden bist?" fragte sie. "Ich weiß es um ehrlich zu sein nicht. Andere Kinder würden vielleicht so entsetzt und traurig sein das sie quasi nur den Sinn hatten das Leben eines anderen Menschen zu retten. Aber ich bin froh in diese Familie gekommen zu sein und ich weiß ich hab mein bestes getan. Also ich bin froh all dies erlebt haben zu dürfen", beantwortete ich. "Wie geht es deinem Vater jetzt, also dem, dem das ganze so nahe ging?", fragte Franziska. "Er hat es akzeptiert und er hat sich gefühlt um 180 grad verändert. Er ist wirklich wie ein anderer Mensch, aber positiv gesehen."

"Danke Zoey, du darfst dich setzten. Eure Hausaufgaben ist das Arbeitsblatt fertig zu machen. Schönes Wochenende, 9b", beendete unser Lehrer seine Stunde. Ich packte meine Tasche und umarmte meine Freundinnen. "Gehen wir?", fragte mich mein Freund Fabian. Ich nickte lächelnd und nahm seine Hand. "Dein Vortrag war echt voll gut. Du hast mega frei gesprochen und hast richtig lebendig erzählt vom Anfang bis zu Schluss. Das gibt bestimmt eine eins", meinte Fabian. Ich hatte mich schon lange nicht mehr so sehr mit dem Thema beschäftigt und mit unserer Vergangenheit mit Maddie. Ihr Tod war fast fünf Jahre her. Es war komisch, die Geschichte vor meiner ganzen Klasse zu erzählen, aber es tat irgendwie so gut alles auf einmal auszusprechen.

Fabian und ich schlenderten Hand in Hand zu mir nachhause, da er heute bei uns zu Mittag aß.

Ich schloss die Haustüre auf als wir ankamen und zogen unsere Jacken und Schuhe aus. "Hey hey, schön dass ihr da seid", begrüßte uns Max als wir uns Wohnzimmer liefen. "Gibt's essen?" fragte ich. Wie auf's Stichwort kam Luca mit dem Essen auf uns zu und stellte alles auf dem Esstisch ab. Er rief meinen Bruder und wenige Sekunden später saßen wir allesamt am Tisch. "Wie lief sein Vortrag?" fragte mein Dad. "Ganz okay, glaube ich", erzählte ich. "Das ist Maddie, oder?", Fabi zeigte auf das Bild was auf de Kommode im Wohnzimmer in einer Bilderrahmen stand. Ich nickte. "Da war sie 11 oder so", erzählte ich. "Boah, das war der Tag wo wir uns mit dem Arzt so richtig gestritten haben", schmunzelte Max. "Zum Glück sind wir das Krankenhaus endlich los", fügte Luca hinzu. Natürlich zogen wir diese schwere Zeit nicht ins lächerliche. Aber wir konnten endlich normal darüber reden, ohne Angst zu haben jemand ernsthaft damit zu verletzten. "Ich weiß noch als wir im Krankenbett zu dritt lagen und du immer auf der Gitarre Lieder gespielt hast und wir dann dazu gesungen haben", erinnerte ich mich. Josu nickte. "Oh Gott, meine Gitarren Zeit", er lachte. Josu ist jetzt schon 19 Jahre alt und hat sein Abi seit letztem Jahr in der Tasche und studiert jetzt Medienwissenschaften. Mich würde es manchmal so sehr interessieren, wie Maddie wohl heute mit 17 aussehen würde. Sie war halt ein bildhübsches Mädchen gewesen, mit ihren langen braunen Haaren und den blauen Augen. Sie war wirklich ein Model gewesen, mit und ohne Krankheit. Ich trug meine blonden Haare mittlerweile etwas länger als auf der Höhe meines Schlüsselbeines. "Ich hab Kuchen gebacken", Luca hetzte in die Küche, nach dem wir aufgegessen hatten. "Eigentlich wollten ja noch Rewi und Felix mit ihren beiden kleinen kommen", erzählte Max. "Wann?", fragte ich. "Um zwei." "Ja, is ja erst ne halbe Stunde später", sagte ich und winkte ab. Die beiden kommen halt nie pünktlich. "Sophie wollte auch vorbei sehen." Sophie ist Josu's Freundin und das Mädchen was er kurz vor Maddie's Tod kennengelernt hatte. Er hatte sie geheim gehalten, weil er weiterhin wollte, dass unsere Schwester im Mittelpunkt steht. Sie waren jetzt seit 4 Jahren zusammen und Fabi und ich gerade mal 5 Wochen. Er ist außerdem auch mein erster Freund und ich weiß noch als ich an dem Tag nachhause kam und es kleinlaut beim Abendessen erzählt hab und Max vor Freude aufgesprungen war und Luca grinsend weiter aß. Meine Eltern sind wirklich.. speziell.

Als wir alle beieinander saßen, setzen wir uns auf die Couch und sahen uns alte Bilder von uns und Maddie an. Alle paar Sekunden brachten wir in schallendes Gelächter aus, weil manche Kinderfotos einfach zum totlachen sind.

Wieso wir das taten? Weil es Tradition war. Jedes Jahr an Maddie's Todestag versammelten sich alle unsere Freunde oder Verwandte die uns wirklich sehr nahe stehen und schauen sich mit uns diese Bilder an. Und dieser Tag war heute. Ich lehnte mich An Fabi an und er legte seinen Arm um meine Schulter. Ich schielte rüber zu den Zwillingen die gerade mal drei Jahre alt sind. Felix und Rewi hatten sich eben endlich auch mal dazu entschieden, Kinder zu adoptieren. Es sind zwei Mädchen, einfach niedlich. Während sich Sophie und Josu mit den beiden Beschäftigte, sahen sich meine Eltern mit ihren besten Freunden die Fotoalben an.

Luca und Max liebten sich wie am ersten Tag, das erzählten sie uns so oft. Auch wenn es kitschig (und ziemlich schwul) war, fand ich die beiden süß. Ich shippe quasi meine eigen Eltern, aber hey, Mädchen in meinem Alter vor fast 30 Jahren haben das auch getan, wo sie noch bekannte YouTuber waren.

Ich bin vielleicht erst 14, aber ich glaube ich habe mehr mitgemacht, als andere Menschen mit 40.

Zeiten ändern sich viel zu schnell und können unglaublich schmerzhaft sein. Man muss einfach versuchen positiv zu bleiben und sich nicht unterkriegen zu lassen. Man kann alles schaffen, wenn man an sich glaubt. Auch wenn wir an Maddie geglaubt haben, ist sie gestorben. Es kann nicht immer alles gut gehen und wir vermissen sie. Aber wir haben es geschafft, wieder glücklich(er) zu werden. Das kann jeder schaffen.

Ich sah wie Max und Luca sich küssten und darauf hin wieder über die Bilder lachten und uns total ausblenden. "Deine Familie ist süß", flüsterte Fabi in mein Ohr. Ich lächelte. Er hatte Recht.

Max und Luca haben versucht alles richtig zu machen, und als Eltern haben sie ihr bestes gegeben.

Und ich liebe sie dafür, dass sie mich gewählt haben.

THE END

mauz || cancerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt