①②Is it love

10.4K 705 69
                                        

Helium - Sia

Liam raschelte mit den Papieren, murmelte etwas vor sich her und überließ dann wieder der Musik den Klang.

Die Schmerzen in meinem Rücken verschwanden langsam, dafür spürte ich die Müdigkeit an meinen Verstand kratzen. Meine Lider wurde immer schwerer und mein Kopf sank weiter in die Kissen. Das Radio war nicht so laut, dass es mich wachhielt, es hatte genau die richtige Lautstärke, damit ich ins Land der Träume abdriften konnte.

»Ich habe mich schon immer gefragt, wie du aussiehst«, murmelte ich und zwang mich dazu mich ein wenig aufzurichten.
Liam verlagerte sein Gewicht und seine Augen wanderten über mein Gesicht. Sein Blick war mir so gewohnt und angenehm. Ich wollte, er würde nie aufhören mich anzuschauen. Jedenfalls nicht so wie jetzt.

»Oder wie ich aussehe. Eigentlich wie alles aussieht. Die Farben, Figuren, die Natur, ein Lächeln.«
Er rückte näher zu mir und griff sachte nach meiner Hand. Ein wohliges Prickeln sammelte sich an der Stelle, an der wir uns berührten und eine Gänsehaut breitete sich auf meinem Körper aus. Ein raues lachen erreichte meine Ohren.

»Wie soll ich es dir erklären?«, fragte er leise und doch kam es mir so vor, als würde nicht mit mir reden. Eher so, als würde er sich selber diese Frage stellen. »Vielleicht so.«

Langsam hob er meine Hand. Als er sie an etwas drückte, zuckte ich im ersten Moment erschrocken zusammen. Doch als er lächelte, erkannte ich, dass ich seine Wange berührte. Mein Herz stockte und schlug dann doppelt so schnell. Meine Haut prickelte und mein Körper überzog eine leichte Elektrizität.

»Was...«
Noch nie war ich ihm so nahe gewesen. Jedenfalls nicht freiwillig und nicht mit meinem jetzigen Gefühlszustand.
Er bewegte meine Hand, meine Finger glitten über seine Haut. Mein Atem stockte.

»Meine Wange«, flüsterte er. Seine Stimme klang belegt und ich spürte sein Verlangen. Mir wurde schwindelig und meine Gefühle schwirrten planlos umher.
Seine Wange war rau, seine Knochen markant. Meine Finger fuhren sein Kinn entlang und blieben an seinem Mund hängen. Diesmal stockte sein Atem, als ich hauchzart über seine Lippen fuhr. Sie waren rau, doch nicht so rau wie seine Wange und schienen mir auch nicht ungepflegt.

Er zitterte als sich meine Finger aufwärts zu seinen Augen bewegten und dann so vorsichtig wie möglich über sie glitten. Mir entkam ein leisen Kichern, als ich seine buschigen Augenbrauen spürte.
»Wie ein Eichhörnchen.«
Er brummte nur und doch gab es nicht mehr, was er hätte sagen können. Dieser eine Klang sagte so viel mehr als tausend Wörter. Seine Finger umschlossen meine angezogenen Knie und griffen haltsuchend in sie.

»Clary sagte mal, deine Augen wären grün. Was ist das für eine Farbe?«, flüsterte ich und strich ihn durch die Haare. Sie waren dicht und weicht, ich hätte Stunden damit verbringen können durch sie hindurch zufahren.
»Die Blätter sind grün, das Gras. Büsche und Sträucher, Blumen. Es ist die Farbe der Natur und die Menschen sind der Meinung, dass es die Farbe der Entspannung und Ruhe ist. Aber sie soll auch das Durchsetzungsvermögen und die Beharrlichkeit verkörpern, da sie niemals vergeht und immer zu sehen ist. Selbst im Winter sieht man unter all dem Weiß noch grün.«

Ein seeliges Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus.

»Das passt zu dir.«
»Wieso?« Er griff nach meiner Hand in seinen Haaren und hielt sie sich wieder an die Wange.
»Diese Eigenschaften besitzt du alle und ich finde, du bist genauso schön wie die Natur. Auch wenn ich weder dich noch sie sehen kann, seid ihr meine Quelle zur Ruhe und Stärke.«

Er drückte meine Hand fester und zog leichte Kreise über meinen Handrücken.
»Du bist wunderschön, Dakota.«
Ich schüttelte meinen Kopf und lächelte schwach.
»Ich bin zerbrochen, Liam. Ich bin nicht ganz. Weder körperlich noch seelich - wie könnte ich da wunderschön sein?«

»Für mich bist du alles. Es ist egal, ob du sehen kannst oder nicht. Deine Augen, deine Kraft, deine reine Seele sind so einzigartig wie meine Liebe zu dir.«
Mir entwich ein Keuchen und ich drehte meine Hand, sodass ich seine Finger mit meinen verwirren konnte. Mein Herz drohte zu zerspringen und all meine Gedanken richteten sich auf ihn. Alle meine Sinne konnten nur ihn fühlen, seine Nähe, seinen Körper: Ihn.

»Was?«, brachte ich beinahe tonlos heraus. »Was hast du gesagt? «
Ich konnte es nicht glauben, ich musste mich verhört haben.
»Ich kann es selber nicht wirklich fassen«, lachte er heiser. »Und doch ist es so. Gott Dakota ich war von Anfang an ein Idiot und ich bereue alles, was ich zu dir gesagt habe. Ich hätte dir niemals etwas antun können und ich werde auch nie wieder zulassen, dass dir etwas angetan wird. Ich liebe dich und daran kann niemand etwas ändern.«

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Es war alles so surreal, so unmöglich und doch passierte es. Wie konnten wir von Hass zu Liebe kommen? Er war alles, woran ich denken konnte, seit Monaten. Er war für mich da, er hielt mich zusammen, aber war das Liebe?

Liam war stur, stark und verdammt nochmal der Alpha des RedLake Rudels. Er hatte damit gedroht mich umzubringen und jetzt gestand er mir seine Liebe. Zugegeben es ist viel passiert seit dieser Aussage und ich hatte mich auch verändert. Ich war nicht mehr das verängstigte Mädchen, dass sich hinter dem Rücken ihres Bruders versteckte. Zwischen ihr und mir lagen Welten.

Viele Situationen waren nicht so gelaufen, wie wir es gedacht hatten und mir wurde so viel genommen. Doch ihn jetzt vor mir zu haben, meine Hände in seinen, mein Herz vor lauter Gefühlen beinahe zerspringend - das war ein Gefühl, dass mich meinen Schmerz bekämpfen ließ. Er war bei mir, er gab mir Kraft.

Ob es Liebe war? Ja.
Glaubte ich ihm, dass er dass selbe für mich empfand? Ja.
Sollte ich das Risiko eingehen und ihn mit meiner Liebe auch ihn Gefahr bringen? So wie meine Eltern, mein Bruder? Ich sollte verdammt sein, wenn ich es nicht versuchen würde. Ich wollte ihn, er wollte mich - war es das, wovon alle immer sprachen? Die Verbindung der Wölfe, eine Verbindung, die niemand brechen konnte? Die selbst nach dem Tod noch bestand?

Ich wusste es nicht, aber als ich meine Hände um sein Gesicht legte und mit den Fingern seinen Mund suchte, waren alle Bedenken nebensächlich. Denn sobald meine Lippen seine berührten, konnte ich nichts mehr denken.

Liebte ich Liam Reese? Ich habe ihn immer geliebt, bis in den Tod und darüber hinaus.

Blind SoulWo Geschichten leben. Entdecke jetzt