④I hate you

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Ich konnte schon Sekunden vorher spüren, dass sie das Haus betrat. Ihre Aura schlug mir wie kaltes Wasser entgegen und ließ mich schockiert Luft holen. Es fühlte sich an, als wäre dies eine vollkommen andere Person und doch war es die selbe.
Clary merkte es nicht, sie wuselte freudig vor sich her sprechend in der Küche umher und versuchte auch Liam zum Reden zu bringen. Immer, wenn er etwas sagte, spürte ich den Klang seiner Stimme tief in meiner Brust, doch diesmal nicht. Ich spürte nur sie. 

Sobald sie den Raum betreten hatte, sprang ich auf und drehte mich in ihre Richtung.
Ihr Blick lag auf mir und schien mir geradezu sagen zu wollen, dass sie nicht in meiner Nähe sein wollte. In niemands Nähe.
»Caitlyn«, hörte ich Liam sagen. Kurz darauf stand er neben mir.

Caitlyn nahm ihren Blick nicht von mir, trat jedoch einen Schritt zurück. 
»Wie ich sehe, geht es dir besser.« Ihre Stimme war wie eine messerscharfe Peitsche. Ich hatte das Gefühl, nicht atmen zu können. Ihre Worte waren wie ein Schlag ins Gesicht, der mir alle Luft raubte.
»Caitlyn«, sagte Liam warnend. Die Spannung in der Luft war schier greifbar. Ihre Aura sprühte vor Zorn, als sie einen Schritt auf ihn zumachte. Ich war nun vollkommen vergessen.

»Was? Soll ich mich auch in meinem Zimmer einsperren und mich selbst verletzen? Bekomme ich dann deine Aufmerksamkeit? Tut mir leid, aber so schwach bin ich nicht. Ihre ganze Schauspielerei, von wegen sie ist traurig, dass Daniel tot ist. Das sehe ich ja, wirklich traurig. Am Boden zerstört hast du doch gesagt? Und ich habe mir auch noch Sorgen um sie gemacht.« 

All meine Freude verschwand schlagartig.
»Ihr geht es nicht gut, ich soll Verständnis haben. Das hast du doch gesagt. Tage hast du dich bei ihr verkrochen, hast dich nicht um das Rudel gekümmert und mich wie ein unanständiger Hund ignoriert. Und deine Begründung war, dass es ihr nicht gut ginge. Sie keinen klaren Gedanken fassen kann.«
»Cat hör auf«, mischte sich nun auch Clary ein.

»Sag mir verdammt nochmal nicht, was ich tun soll«, fauchte das Mädchen, das ich einmal meine beste Freundin genannt habe. Das komische an der Situation war, dass ich kein Schmerz über ihre Worte verspürte. Kein Zorn, keine Wut - ich fühlte gar nichts. Ich wusste nur, dass sie ein Recht dazu hatte, so über mich zu sprechen. Es war meine eigene Schuld. Wie konnte ich annehmen, dass ich die Vergangenheit hinter mir lassen konnte, dem Schmerz trotzen und glücklich sein konnte? 

»Du stehst weit unter mir und solltest aufpassen, dass ich dich das nicht auch spüren lasse.«
Clarys Wut war ein leises Klopfen in meinem Verstand, doch ich konnte nur da stehen und ihnen beim Reden zuhören.
»Caitlyn Snowbird Reese«, knurrte Liam und ging einen Schritt auf sie zu.
»Schön, dass du meinen Namen noch weißt«, entgegnete sie unberührt. »Weißt du was, werd doch glücklich mit ihr. Ich hoffe, sie nimmt dir genauso wie mir, alles was dir etwas bedeutet.«

Das war der Moment, in dem sich etwas in mir regte. Noch nie hatte ich solch eine Wut gespürt, noch nie hatte ich ein so großes Verlangen gehabt, jemanden zu verletzten, wie jetzt. Ich spürte ihre Aura klar vor mir, leicht verdeckt von Liams, doch noch immer greifbar nahe. Als ich auf sie zu ging, fühlte es sich nicht so an, als wäre ich es, die handelte. Mein Körper handelte ohne dass ich es oberflächlich wollte und doch fühlte es sich gut an.

Liam und Caitlyn tauschten knurrende Worte, ihre Wut aufeinander feuerte meine an und als ich an Liam vorbei ging, wusste ich, er würde nicht schnell genug reagieren könne. All das geschah in wenigen Sekunden und nur eine Sekunde mehr dauerte es, ihr meine Faust ins Gesicht zu rammen. Ich hatte genug Zeit mit ihr verbracht, um zu wissen, wie groß sie war und wo sich ihr Kopf befand. Meine Unsicherheit, mein Ziel nicht zu treffen, verschwand in dem Moment, in den mein Ohr ein knackendes Geräusch erreichte. 

Eine weitere Sekunde verging, ehe sie sich fing und mich zurück schlug. Liam schrie etwas, doch keiner von uns hörte auf ihn. Der Schmerz in meinem Gesicht war Nebensache, als ich ihre auf mich zukommende Hand von mir abwendete und sie, ohne dass ich sie berührte, in die Knie zwang. Auch Liam und Clary hielt ich bewegungslos, was mir einige Flüche einbrachte. Meine Brust hob und senkte sich schnell, während ich all meine Beherrschung brauchte, um ihr nicht sofort etwas schlimmeres anzutun. 

»Ich habe ihn nicht umgebracht, das war ich nicht. Ich wollte ihm helfen, ich wollte ihn wieder zurück holen. Und was hast du gemacht? Du hast mit ihm zusammen gekämpft und hättest auf ihn aufpassen müssen. Du hättest ihn helfen müssen!«, schrie ich sie an und spürte, wie sich Tränen in meinen Augen sammelten. 

»Ach ja? Du bist so eine Heuchlerin. Ich habe sie reden gehört. Ich habe gehört, was sie über dich gesagt haben. Hast du es jemanden erzählt? Hast du es meinem Bruder erzählt? Wenn du nicht wärst, würden wir alle in Frieden leben, niemand hätte sterben müssen. Du trägst die Schuld für alles. Du bist abartig Dakota Brookes.«
Wie Kohle brannten sich ihre Worte in meinen Kopf. Meine Hände ballten sich zu Fäusten, als ich sie von meiner mentalen Sperre befreite. Sie bewegte sich nicht.

»Sie wissen es nämlich nicht oder? Sie wissen nicht, was die Rogues wollen, aber du schon. Du hast uns alle im Glauben gelassen, du wärst so hilflos und ein Opfer des Schicksals. Aber du wusstest es die ganze Zeit.«
»Nein«, hauchte ich. 
»Hör endlich auf zu lügen! Siehst du nicht, was du angerichtet hast? Hör endlich auf!« Ihre Stimme klang wie ein Donnerschlag in meinen Ohren. »Sie wollen dich, sie wollten dich die ganze Zeit und du kommst hier her. Du hast uns alle mit da rein gezogen, wir alle müssen unser Leben für dich riskieren, aber keiner von uns will das. Sie wollen nur dich, das ist ihr einziges Anliegen. Du hättest einfach da bleiben sollen, als sie dich hatten. Sie sagten, du würdest nicht mehr zurück kommen. Sie sagten, sie würden nichts mehr von uns wollen, wenn sie dich hätten.«

»Du hast mit ihnen geredet?« Liam stand plötzlich vor mir und überdeckte Caitlyns Aura. Seine breitete sich im gesamten Raum aus und ließ mich zittern.»Was hast du getan?«
Caitlyn lachte. 
Es klang nicht wie das wunderschöne Lachen, das ich von ihr kannte. Es klang hohl und emotionslos. Ich wusste die Antwort, noch bevor sie sie aussprach. Ihre Worte hatten mir alles gesagt, alles verraten. 
»Ich habe das getan, was du schon längst hättest machen sollen. Ich habe sie ihnen ausgeliefert. Du dachtest, ich wurde von ihnen überrascht, aber ich habe sie zu ihr gelassen. Sie wollten nur sie, niemanden sonst, nur sie. Und dann würden sie uns in Ruhe lassen.«

Als ich entführt wurde, befand sich Caitlyn mit ihm Haus. Ich hatte solche Angst um sie, als ich bei den Rogues war und habe mir nichts sehnlicher gewünscht, als dass es ihr gut gehe. Und sie hatte die gesamte Zeit mit ihnen zusammen gearbeitet. 
»Ich hasse dich Dakota. Du bringst nur Verderben. Liam hätte dich damals umbringen sollen.« 

Blind SoulWo Geschichten leben. Entdecke jetzt