20. Kapitel

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Abends kam ich nach Hause. Draußen war es schon dunkel gewesen als ich den Park verließ, und die Temperatur war auch gesunken weswegen ich fror.
Bevor ich die Wohnung betrat zog ich meine Schuhe aus, um keinen Krach zu machen und damit Clara und meine Mutter nicht aufwachen.
Ich schloss leise die Tür hinter mir zu und ging Richtung meines Zimmers wo ich anschließend meine Tasche ablegte. Dann machte ich mich auf dem Weg quer durch das Flur in die Küche.
Zu meiner Überraschung fand ich dort eine Person vor.
,,Hallo Mama" sagte ich leise, was meine Mutter, die anscheinend in ihrer eigenen Welt verloren war, aufzucken ließ.
,,Hallo Schatz. Wo warst du denn so lange? Es ist bestimmt schon Mitternacht" fragte sie, jedoch schien sie nur halbherzig bei dem Thema zu sein.
Ich seufzte.
,,Ich hab ja eh einen Schlüssel. Ich war auch in der Nähe. Hätte ich nach Hause sollen, könntest du mir einen SMS schicken" sagte ich dann und goss mir Wasser in ein Glas, dass ich anschließend komplett austrank.
,,Ja, du hast recht. Ich hab es leider nicht geschafft dir heute Frühstück zu machen. Abendessen leider auch nicht. Clara war davor kurz einkaufen. Du kannst dir ja was aus dem Kühlschrank nehmen, wenn du willst" sagte sie dann und zog eine Zigarette aus ihrem Bademantel die sie anschließend anzündete.
Etwas geschockt über ihr Verhalten sah ich sie an.
,,Mama, erstens: seid wann rauchst du?,und zweitens: wenn dann nicht in der Küche".
Genervt sah mich meine Mutter an.
,,Gerade du solltest mal nichts dazu sagen. Riechst du denn Gestank in deinem Zimmer nicht?" Etwas entgeistert sah ich sie an. Sie soll mal mein Zimmer da raus halten, schließlich ist es ja MEIN Zimmer, nicht ein Raum den wir uns alle teilen.
,,Nebenbei, morgen hab ich Spätschicht. Und muss schon früher da sein. Ihr müsst euch beide selbst Essen machen und Abendessen dann auch. Ich gehe jetzt schlafen, und weckt mich morgen früh nicht auf. Ich hab dann sonst nur wenig Schlaf" war was sie sagte und stand auf.
,,Schlaf gut Schätzchen" flüsterte sie nochmal und gab mir einen Kuss auf die Stirn bevor sie aus den Raum ging.
,,Du auch Mama" fügte ich noch hinzu, wobei ich daran zweifelte, dass sie es noch gehört hatte
Seufzend setzte ich mich an den Tisch und nahm den Apfel der bereits dort lag. Ich hatte keinen Hunger, weswegen ich die Frucht einfach nur anstarrte und betrachtete. Das Licht an der Decke spiegelte sich auf dem roten Apfel, und das dunkelrote Muster kam zum Vorschein. Umso länger ich die Frucht ansah, umso unechter schien sie mir zu werden.

Nach paar Minuten entschied ich mich einfach schlafen zu gehen und davor noch schnell die Zähne zu putzen.
Als ich mich fertig gemacht hatte ging ich in mein Zimmer und legte mich ins Bett.

In meinem Zimmer stank es in der tat nach Rauch, und es würde wahrscheinlich nichts bringen auch einen ganzen Tag lang zu lüften. Und schon gar nicht erst in dieser Kälte draußen. Damit es zumindest nicht allzu stinkt, entschloss ich mich dazu das Fenster an zu kippen und auch meine Bettwäsche zu wechseln. Zum ersten Mal seid Wochen, roch es nach frischer Wäsche. Die dreckige Bettwäsche brachte ich ins Bad in den Wäschekorb und kam dann mit einem nassen Tuch zurück.
Mit dem Tuch ging ich über meinen Tisch und meinen Nachtisch. Dazu hob ich die ganze dreckige Wäsche auf, legte sie in dem Wäschekorb und die saubere die auf meinen Stuhl lag, packte ich in den Schrank.
Ich wusste nicht genau warum ich aufräumte, aber irgendwie hatte ich diesen Drang dies zu machen. Als ich dann zurück aus dem Bad kam, wo ich dass nasse Tuch in den Korb gepackt hatte, sah ich schon direkt den Unterschied. Nicht nur roch es besser sondern sah es auch gemütlicher aus. Ich zündete ein Räucherstäbchen an, welches ich vor Monaten in einem indischen Laden gekauft hatte und genoss den aufsteigendes Geruch.
Zufrieden mit meiner Arbeit legte ich mich wieder ins Bett und überflog nochmal die Nachrichten aus dem Klassenchat. Die Hälfte des Chats bestand aus dem Austausch mit Hausaufgaben und die andere Hälfte mit irgendwelchen unnötigen Diskussionen. Dann ging ich auf andere Chats und bemerkte, dass Leah nur geschrieben hatte.
Ruf mich an wenn du Zeit hast!
23:54 Uhr
Es war bereits schon 01:13 Uhr weswegen ich mich dazu entschloss mit ihr einfach morgen zu sprechen. Was wohl so wichtig war, dass ich sie anrufen sollte.

Ich schaltete das Licht in meinem Zimmer aus und lag eine lange Zeit lang einfach nur da. Ich starrte meine Sterne und Planeten an, wobei mein Blick immer wieder zu dem einen bestimmten strahlenden Punkt wanderte. Zur meiner Großmutter.

,,Wenn du wüsstest wie ich dich vermisse" flüsterte ich wie zu mir selbst.
Ich vermisste auch meine Mutter. Seid Großmutters Tod, hatte sie sich komplett verändert. Sie interessiert sich nicht mehr für Clara und mich und scheint die ganze Zeit mit dem Gedanken nicht an der Sache zu sein. Ich vermisste sie so unfassbar sehr.
Ich hatte zwei mir wichtige Personen auf einmal verloren.
Meine Mutter is mir so fremd geworden, ich erkannte sie kaum wieder. Einmal war sie mit den Gedanken komplett wo anders, dann war sie entweder wütend oder genervt, und manchmal da erkennt man noch ihr altes 'ich'. Dies geschah jedoch, meiner Meinung nach, viel zu selten.

Ich hatte eigentlich nur noch Clara. Mein kleines Schwesterchen. Und selbst sie habe ich im Stich gelassen. Meine Freunde machten sich die ganze Zeit sorgen um mich. Ich wollt nicht, dass sie sich sorgen machen. Es machte mich fertig.

Ich war ein schrecklicher Mensch. Alles was ich tat schadete jemanden.
Lohnt es sich dann überhaupt da zu sein, wenn man seiner Umgebung nur schadet?

Broken FacesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt