Kapitel VII - Schneewittchen

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Ich hatte wirklich versucht einzuschlafen. Hatte versucht, all die wirren Bilder aus meinem Kopf zu bekommen. Doch jedes Mal, wenn ich die Augen zugemacht hatte, kamen nur Albträume.

Irgendwann war ich dann meiner Müdigkeit zu Füßen gefallen und hatte das Kämpfen mit mir selbst aufgegeben. Ich wünschte, ich hätte es nicht getan. Ich wünschte, ich hätte irgendwas gemacht um wach zu bleiben.

Jedes Mal wenn ich die Augen schloss und mir einredete, dass alles gut werden wird, dass ich wahrscheinlich einfach zu viel Fantasie hatte, wurde mir immer das Gegenteil bewiesen.

So sehr hätte ich mir gewünscht, einen traumlosen Schlaf zu haben. Doch nichts der Gleichen geschah.

Ich sah erneut diesen pechschwarzen Wolf vor mir, die Art wie er mich angeschaut hatte. Dieses Gefühl von Verständnis. Dieser Wolf gab mir einfach ein sicheres Gefühl. Aber wie konnte sich etwas, das sich so sicher anfühlt, gleichzeitig so falsch anfühlen?

Wir befanden uns an dem Teich, der Teich, der mir so bekannt vorkam. Die Glühwürmchen flogen um das Wasser, und der Mond reflektierte sich auf dem Wasser. Man hörte die Eulen heulen.
Doch plötzlich verwandelte sich dieser ach so tolle Moment in den schlimmsten, den ich je hatte.

Der Wolf, der mir vor kurzem noch ein Gefühl der Sicherheit gab, jagte mir nun eine Heidenangst ein.

Der schwarze Wolf verwandelte sich in einen grauen, und dieses Grau hatte so einen gefährlichen Ton, es war undefinierbar. Der Wolf erhob sich und kam langsam auf mich zu. Ich lag reglos auf dem Boden und wartete was passiert.

Normalerweise würde jeder normale Mensch wegrennen und ...
Moment, hatte ich da gerade "normal" gesagt? Ich war alles, aber nicht normal.

Der Wolf kam immer näher auf mich zu und fing an mich gefährlich anzuknurren. Ich konnte seinen Atem auf meinem Gesicht spüren. Ich blieb liegen und hoffte auf ein Licht im Dunkeln. Ich konnte Noahs Umrisse erkennen, er stand hinter einem Baum und grinste mich an.

Ich wollte schreien doch es kam kein Ton aus meinem Mund. Es war wie einer dieser Albträume wo man sprechen will aber nichts aus dem Munde kommt. Mein ganzer Körper zitterte. Ich war ganz auf mich alleine gestellt.

"Alyssa, Alyssa wach auf. Alyssa!"

Ich spürte, wie mich jemand wachrüttelte. Es war, als würde jemand meine Hand nehmen und mich aus dem Abgrund herausziehen. Als wäre ich am Abgrund des Meeres und jemand hätte mich wahrgenommen.

Je mehr er mich hochzog desto besser konnte ich meiner Stimme benutzen.
Ich schrie, schrei mir die Seele aus dem Leib doch nichts kam da an wo es hätte ankommen sollen.

Alyssa, Alyssa! Ich bin hier wach auf! Wach auf, es ist alles gut", hörte ich eine Stimme. Es war Noah. Wie wild schlug ich um mich herum.

"Großvater, so wird das nichts! Wir müssen irgendwas tun!"

Jemand rüttelte mich gewaltig an den Schultern. Es waren die letzten paar Schritte. Ich musste mich zusammenreißen, ich würde es schaffen. Mich nicht von der Flut leiten lassen, ich würde es schaffen, hochzukommen.

Ich riss die Augen auf und saß kerzengerade auf dem Bett. Mein Atem ging unregelmäßig. Mein Haar klebte an meiner Stirn. Schweißgebadet saß ich da nun und starrte ins Leere.

Ich versuchte die Bilder aus meinem Kopf zu bekommen. Deshalb kontrollierte ich mich nur auf meinen Atem.

"Alyssa, ist alles okay?"

Ich brauchte einen Moment um einen klaren Gedanken zu fassen.

"Noah was ist hier los? Ich möchte, dass du mir alles erzählst."

Run (abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt