Kapitel XIV - Eine Spur zu weit

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Innerhalb von Sekunden hatten sich alle zu Wölfen verwandelt - abgesehen von Noah, Ella und mir - und hatten sich etwas weiter weg in eine Reihe aufgestellt. Anscheinend war das für sie die Startlinie, die dann direkt tiefer in den Wald führte. Alle Blicke waren auf mich gerichtet, insbesondere Ella schaute mich mit großen Augen an. Noah kam auf mich zu und zog mich ein Stück zur Seite. Nun waren wir etwas weiter von den anderen entfernt.

»Hey, du musst nicht, wenn du nicht möchtest«, redete er mit seiner beruhigenden Stimme auf mich ein. Es war mir jedoch egal, denn genau das war es, was Ella bezwecken wollte. Und das würde ich ihr ganz sicher nicht gönnen. Ich hatte mir kurz überlegt, ein paar Schritte wegzugehen um mich in Ruhe verwandeln zu können, aber entschied mich dann dagegen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Ella irgendwelche blöden Kommentare hinterlassen würde, war sehr groß. Und da wären wir auch schon beim zweiten Problem. Noah hatte das Verwandeln mit mir zwar geübt, und ich hatte es auch einigermaßen drauf, aber war lange nicht so schnell wie die anderen.

Es gab kein zurück mehr, also versuchte ich mich auf die innere Wärme zu konzentrieren. Wie aus dem Nichts spürte ich sie in meiner Magengrube, wie sie sich langsam ausbreitete. Ein Kribbeln machte sich in meinem Bauch bereit und kurz darauf spürte ich, wie sich meine Muskeln zusammenzogen. Dass es mit der Verwandlung so schnell gehen würde, hätte ich nicht gedacht. Dennoch sah ich auf meine weißen Pfoten herab und war Ella einen provokanten Blick zu. Ich konnte mir nicht erklären, was sie für ein Problem mit mir hatte, aber das was sie konnte, konnte ich auf alle Fälle.

Innerhalb eines Wimpernschlages stand an der Stelle wo gerade eben noch Ella gestanden hatte, ein weiß - grauer Wolf und funkelte mich gefährlich an. Auch Noah hatte sich mittlerweile verwandelt und gemeinsam gingen wir zu den anderen und stellten und zur Reihe dazu. Irgendwas war dieses Mal an diesem Wolfssein anders. Eine Welle der Emotionen überschüttete mich, mal waren es klare, starke Emotionen die ich spürte, und mal etwas schwächere. Außerdem hörte ich sehr viele Stimmen in meinem Kopf, es fühlte sich an, als würde mein Kopf explodieren. Fast so, als würde sich das Handy überladen und sich überhitzen. Neben mir hörte ich Ellas klare Stimme, die nun zu jedem sprach.

»Drei, zwei, eins ...« Sie warf mich einen kurzen Blick rüber und fuhr fort. »... los!«

Auf ihr Kommando fingen alle an zu rennen, insbesondere ich versuchte mein Bestes zu geben. Rennen war meine zweite Natur, als Mensch war ich ohnehin sehr gut darin gewesen. Auch im Schulsport war ich eine der Besten in meiner Gruppe. Ich wurde immer schneller und schneller, mir kam es vor, als wäre das nicht ein Rennen zwischen uns allen, sondern nur zwischen Ella und mir. Die Restlichen waren alle hinter uns geblieben, es war beinahe ein Kopf an Kopf Rennen. Plötzlich änderte Ella die Route, ich jedoch ließ mich davon nicht abhalten und rannte immer schneller.

Alyssa, pass auf, hörte ich Noahs Stimme im Hintergrund, jedoch dachte ich mir nichts dabei und wurde immer schneller und schneller. Dass ich so schnell war, dachte ich selber nicht von mir. Ich war überraschender Weise gut. Ein komisches Gefühl machte sich auf einmal in mir bereit, denn auch von Ella war auf einmal keine Spur mehr zu sehen. Und da passiert es. Alles passierte in Zeitlupe, ich sah vom Augenwinkel, wir Ella von der Seite auf mich zugesprungen kam und Noah mich mit voller Wucht weg schubste. Ich knallte gegen einen Baum und Ellas spitzen Zähne voll in Noahs Schulter. Das Einzige, was man hörte, war Noahs Gejaule.

Noah, nein, schrie ich und versuchte mich auf das Verwandeln zu konzentrieren, jedoch kam Ella auf einmal auf mich zu.

Du kleines Miststück, wegen dir habe ich Noah verletzt, sagte Ella und sprang auf mich zu. Kurze Zeit später hatte auch sie ihre Zähne in meinen Oberarm gesteckt. Scheiße, ich musste zu Noah. Ich wusste nicht, woher ich diese Kraft hatte, aber ich schubste Ella zur Seite und rannte zu Noah. Es war so, als würde ich seinen Schmerz mitfühlen. Er hatte sich mittlerweile zurückverwandelt und ich nach wenigen Sekunden auch - erstaunlich schnell - für meinen Umständen entsprechend.

»Hey, hey, Noah! Ist alles okay? Scheiße verdammt, du blutest«, schrie ich und versuchte einen kühlen Kopf zu bekommen. Kurz darauf kamen die anderen zu uns und verwandelten sich wieder zurück.

»Ella verdammt, was hast du gemacht?« Samuel ging auf Ella zu, die mittlerweile nur in einer Ecke stand und Noah geschockt betrachtete.

»Alyssa, es ist okay, es ist nur ein Kratzer«, sagte er. Auf einmal hörte die Blutung auf und die starke Wunde hatte sich wirklich nur in einen Kratzer verwandelt. Ich konnte meinen Augen nicht glauben, es war beinahe wie Zauberei. Samuel ging auf Noah zu und half ihm hoch.

»Komm, Noah. Steh auf«, sagte er. Ich verlor auf einmal die Kontrolle und ging fuchsteufelswild auf Ella zu und packte sie am Hals.

»Bist du komplett wahnsinnig geworden, Ella? Du hättest Noah umbringen können, verdammt! Ist das deine Liebe? Ich fasste es nicht!« Sie riss sich von mir los, und kurze Zeit später war ich die, die gegen den Baum gedrückt wurde.

»Das hätte dich treffen sollen, du Miststück«, knurrte sie und wir funkelten und beide böse an.

»Wenn du ein verdammtes Problem mit mir hast, Ella, dann kläre das persönlich mit mir, und versetze andere nicht in Gefahr.«

»Oh, ich habe ein Problem, Alyssa. Du bist mein Problem«, sagte sie, und kam mit ihrem Gesicht immer näher an meins. Mit letzter Kraft schubste ich sie weg und lag nun auf ihr drauf.

»Ich bin seit nicht einmal dreißig Minuten hier und habe es geschafft, deine Laune zu verderben, was ist eigentlich falsch mit dir?« Samuel und Noah kamen auf uns zu; Noah zog mich von Ella herunter und Samuel kümmerte sich um Ella.

»Fass mich nicht an, Noah! Sie soll mir klar und deutlich sagen, was für ein krankes Problem sie mit mir hat«, giftete ich.

»Ihr kommt jetzt alle mal runter. Noah, du nimmst Alyssa, und ich kümmere mich um Ella. Es wäre besser, wenn ihr jetzt geht.« Noah legte seinen Arm um meine Taille und führte mich weg.

»Scheiße, Alyssa. Du blutest«, gab er von sich, und berührte meinen Arm.

»Nur ein Kratzer«, gab ich von mir, und lächelte ihn schwach an.

»Aber dieses Miststück sollte sich mal therapieren lassen, Noah. Wie konntest du nur mit so etwas zusammen sein?« Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen.

»Eifersüchtig?«

»Was? Ich? Eifersüchtig? Aber sicher doch«, antwortete ich und ging weiter. Kurze Zeit später waren wir wieder bei seinem Auto und stiegen ein. Ich war so wütend auf alles und jeden, dass ich die ganze Fahrt über nichts sagte und nur schwieg.

So meine Lieben, ich hoffe es hat Euch gefallen! Wie immer freue ich mich über Kommentare,wo Ihr Eure Meinung hinterlasst. Hinterlasst mir doch ein Vote, wenn ihr möchtet!

Bis zum nächsten Mal!

Eure G. <3


Run (abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt