Kapitel XIII - Das Rudel

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Erneut befand ich mich am magischen Wasserfall, lag unter dem Sternenhimmel und betrachtete den wunderbaren Nachthimmel. Ich war alleine, von Noah keine Spur. Ich war in der Lage, einigermaßen klar denken zu können und zu realisieren, dass ich mich in einem Traum befand. Jedoch war ich nicht mehr in der Lage wieder aufzuwachen. Also ließ ich mich von der Schwere des Traumes mitreißen.

Ich versuchte am Nachthimmel die Sterne miteinander zu verbinden und hörte das magische Rauschen des Wasserfalls.

"Alyssa", hörte ich eine Stimme, eine Stimme, die ich in letzter Zeit zu sehr vermisst hatte. Ich schreckte auf und suchte den Weg zu dieser Stimme.

"Alyssa", hörte ich erneut eine Stimme, jedoch gehörte sie nicht zum vorherigen Besitzer.

"Mom, Dad", flüsterte ich, und stand auf um in die Richtung zu laufen, aus der die Stimmen kamen.

"Wir sind hier, Schatz. Komm zu uns", sagten beide gleichzeitig. Tränen liefen mir über die Wangen und ich konnte ein Schluchzen nicht unterdrücken. Automatisch fing ich an, schneller zu atmen. Ich rannte immer tiefer in den Wald, ohne zu wissen wohin.

"Mom, Dad. Wo seid ihr?" Verzweifelt irrte ich wie ein verwirrtes Huhn durch den Wald. Hier sah sich alles so ähnlich, als würde ich seit Stunden an der gleichen Stelle vorbeilaufen.

"Wir sind hier, Schatz. Komm zu uns", sagte Dad zu mir. "Hast du uns gar nicht vermisst?"

"Doch, doch, Dad! Ich habe euch vermisst, sehr sogar." Mittlerweile war ich stehen geblieben und drehte mich immer wieder im Kreis, wenn ich ihre Stimmen hörte.

"Du denkst gar nicht mehr an uns", sagte meine Mom verzweifelt.

"Doch, ich denke immer an euch, jede Sekunde, jede Minute, immer!"

"Nein, Alyssa. Wir sind dir egal."

Ich fing an, immer lauter zu weinen.

"Lasst mich eure Gesichter sehen, bitte", rief ich verzweifelt.

Wie aus dem Nichts stand ein paar Meter entfernt eine menschliche Erscheinung vor mir. Ohne zu zögern ging ich auf ihn zu. Im Hintergrund hörte man weder das Rauschen des Wasserfalls, noch das Heulen der Eulen. Es war totenstill.

"Dad, bist du es?" Ich flüsterte diese Worte so leise und stand nun ganz dicht hinter diesem Fremden. Ich hob meine Hand und legte sie auf die Schulter des Menschens. Plötzlich drehte er sich um und ich erkannte weder meine Mom, noch meinen Dad. Vor mir stand der gleiche Mann, dem ich damals im Wald über den Weg gelaufen war. Der, der wusste, wer meine Eltern getötet hatte. Ohne mit der Wimper zu zucken packte er mich am Hals und fing an immer fester zuzudrücken.

Wach auf, wach auf, wiederholte ich immer wieder in meinem Kopf. Der Mann drückte immer fester zu, kein bisschen Sauerstoff drang mehr durch meine Luftröhre.

"Ich habe doch gesagt, dass wir uns wiedersehen werden, Herzchen", hauchte er mir gegen mein Gesicht.

"Möchtest du so sehr zu deinen Eltern? Ich kann dich innerhalb von Sekunden zu ihnen bringen."

Ich versuchte etwas zu sagen, doch mein Körper war wie betäubt. Ich sah schwarze Punkte vor meinen Augen.

"Zu schade für dich", sagte er, bevor er noch einmal fest zudrückte und ich entgültig nachgab.

"Alyssa, hey! Wach auf", dröhnte eine Stimme in mein Ohr. Urplötzlich saß ich kerzengerade auf dem Bett. Mein Atem ging immer unregelmäßiger und ich war nicht in der Lage zu antworten.

"Hey, ist alles okay?" Ich hörte Noahs Stimme neben mir, jedoch zeigte ich keine Reaktion. Ich musste erstmal diese Bilder in meinem Kopf sortieren. Meine Eltern dachten, dass mir ihr Tod völlig egal war. Sie dachten, dass ich sie nicht mehr liebte, dass sie mir nicht mehr wichtig waren. Schluchzend fing ich an zu weinen, bis Noah mich einfach nur zu seiner Brust zog und mit kreisenden Bewegungen meinen Rücken streichelte.

Run (abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt