Kapitel XX - Alles eine Lüge

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Der Schultag verging relativ schnell, Noah und ich hatten die Fahrt über kein einziges Wort mehr über das peinliche Missgeschick verloren.

»Das Rudel wird nach der Schule auf uns warten«, sagte er, und mein Magen verkrampfte sich. Das Rudel an sich war ganz in Ordnung – nur eine Person nicht – Ella. Dieses Mädchen war alles andere als normal. Ich wusste, dass wir noch viele Komplikationen miteinander haben werden. Noah wusste es auch – vor allem nach gestern Nacht. Ich hatte nichts dazu gesagt, und nun saßen wir in seiner G – Klasse in Richtung Wald -  da, wo er auch beim ersten Treffen angehalten hatte. Wir stiegen aus, und er nahm meine Hand. Ich fühlte mich total komisch dabei, denn Ella würde das auf alle Fälle sehen und mitbekommen. »Soll sie doch«, sagte meine innere Stimme. Es klang auch irgendwie vernünftig. Was möchte sie denn machen? Sich immer wieder zwischen uns stellen?

Noah hatte sich während ich in der Schule war, umgezogen. Gott, egal was er anhatte, er sah so gut aus. Wie war das denn immer wieder möglich? Seine Bartstoppeln stachen heraus und er sah irgendwie angespannt aus. Ich merkte, wie sich das auf mich übertragen hatte.  Denn ich wurde immer nervöser, je näher wir dem Rudel entgegenkamen.

»Alyssa, ist alles gut?« Noah sah mich fragend an.

»Nein, gar nichts ist gut«, sagte ich, und krallte mich etwas doller gegen seine Hand. Als er jedoch ruckartig stehen blieb, sah ich ihn fragend an.

»So, wir gehen jetzt keinen Schritt weiter,  ehe du mir nicht sagst, was du hast.«

»Ich . . . man ich weiß es auch nicht, musst du aber sagen, du bist doch derjenige der hier negative Energie auslöst. Ich bin so, weil du auch so bist und  . . .«

»Falsch, deine Energie überträgt sich auf mich und deswegen sind wir beide angespannt. Ich spüre nämlich das etwas gewaltig schief läuft.«

»Ja mein Gott, ich hab total Schiss. Das erste Mal -  wegen dir -  wegen Ella – wegen des Rudels. Einfach alles!«

»Shh, ich bin bei dir, oder?«

Ich nickte stumm.

»Ich halte deine Hand, oder?«

Erneut nickte ich.

»Und wenn ich bei dir bin, kann dir nichts und niemand etwas antun, oder?«

Wieder ein Nicken.

»Also, wovor fürchtest du dich? Ella? Sie weiß sich zu zügeln. Das Rudel? Sie alle mögen dich. Wenn nichts Wichtiges passiert wäre, hätte man uns nicht gerufen. Hailey ist auch da, es kann nichts passieren.« Er strich mir beruhigend über meinen Rücken und zog mich dann kurze Zeit später mit sich.

»Na  komm, das Rudel wartet nicht gerne«, fügte er spielerisch hinzu. Von weitem sahen wir Samuel, der schon ungeduldig hin und her wippte. Als er uns von weitem sah, fiel sein Blick zuerst auf unsere Hände und dann schaute er Noah an. Ich erkannte Hailey, und daneben Ella. Hailey schien etwas angespannt zu sein. Ella hingegen lächelte trotzdem weiter, obwohl sie unsere Hände ineinander verschränkt sah.

Irgendetwas lief hier gewaltig schief, und um das zu spüren brauchte man keinen Experten. Trotz der angespannten Haltung kam Hailey auf uns zu und zog mich in eine herzliche Umarmung. Sie sprach viel auf mich ein, aber dennoch versuchte ich dem Gespräch zwischen Samuel und Noah zu folgen. Hailey versuchte mich wegzuziehen und löste dabei unsere Hände.

»Samuel, was ist los?« Samuel schaute abwechselnd zu Noah und zu mir.

»Blakes Männer . . . sie sind hinter ihr her und  . . .«  Noah unterbrach ihn und sah mich an. Er hatte sich sehr angespannt und man sah deutlich seinen Kieferknochen.

»Lyssa, vielleicht solltest du mit Hailey etwas spazieren gehen«, sagte er und nahm mein Gesicht in seine Hände.

»Bitte? Nein, ich gehe nirgendwo hin, ehe mir nicht endlich jemand sagt, was los ist.« Samuel schaute Noah an, und ich verzweifelt Hailey. Ella sah von der Weite aus sehr amüsiert aus.

»Wir reden später darüber nur . . .«

»Vergiss es, denkst du echt ich haue ab und lasse euch hier über mich hinter meinem Rücken reden?«

»Noah, sie kann uns helfen. Wir brauchen sie um . . .«

»Lass es! Ich werde das schon klären.«

»Leute, warum macht ihr so ein großes Drama daraus? Sagt doch dem armen Angsthasen, dass es sich um ihre beinahe Vergewaltiger handelt.« Ich erstarrte auf der Stelle als ich die Worte aus Ellas Munde hörte. Mir wurde übel und mein Magen tanzte Tango.

»Kannst du nicht einmal die Klappe halten?«, schrie Noah und wurde von Wort zu Wort immer lauter.

»Ganz toll, Ella«, kam es von Samuel.

»Man der Scheiß betrifft uns doch alle und nicht nur Prinzessin.« Sie wandte sich zu mir und kam auf mich zu. Ich wusste nicht warum, aber im Moment war ich ihr sehr dankbar. Loyalität hätte ich von ihr nämlich überhaupt nicht erwartet.

»Pass auf, Schätzchen . . .«

»Ella, zügle dich«, knurrte Noah von der Seite. Er kam auf mich zu jedoch schlug ich seine Hand weg. Gleichzeitig gab ich Ella das Zeichen zu sprechen.

»Also, du erinnerst dich doch bestimmt an den Abend, wo du beinahe vergewaltigt wurdest?« Es war eine rhetorische Frage, die sich von selbst beantwortete. Sie fuhr fort.

»Sie sind nun hinter dir her. Vermutet wird auch, dass sie . . .«

»ELLA HALT DIE KLAPPE DU HAST ES VERSPROCHEN«, schrie Samuel.

Ich hielt es nicht mehr aus, alles in mir brodelte und nichts deutete auf etwas Gutes hin. Ella lächelte und fuhr seelenruhig fort.

»Es wird vermutet, dass sie deine Eltern umgebracht haben.« Die letzten Worte hallten in meinen Ohren wieder und ich spürte, wie mein Magen überrollte und mein Frühstück den Weg nach außen suchte. Vor meinen Augen verdunkelte sich alles, ich nahm wirres Gerede wahr. Noah zog mich an meinem Arm in die andere Richtung.

»Lass«, schrie ich.

»Was . . . was weißt du noch?«

Ella wusste, dass ich sie mit meinen Worten gemeint hatte. Unkontrolliert kullerte eine Träne über meine Wange.

»Komm, wir  gehen ein Stück«, sagte Ella und wollte auf mich zukommen, als jedoch Noah mich schlagartig hinter sich zog und sie gefährlich anknurrte, blieb sie stehen. Ich war wie eine Marionette, dessen Fäden man durchschnitten hatte. War nicht in der Lage mich zu bewegen.

»So Prinzessin, wenn ich du wäre, würde ich aufpassen, wem ich so alles vertraue.«

Ich schubste Noah beiseite und ging auf sie zu. Ich packte sie an den Haaren und mit der anderen Hand ihren Hals.

»Hör auf, Spielchen mit mir zu spielen«, knurrte ich und drückte immer fester zu.

»Hör auf, Spielchen mit mir zu spielen«, wiederholte ich

»Hey, Alyssa beruhige dich«, sagte Hailey. Samuel und Noah standen um uns herum -  so wie alle anderen. Ella hatte die Augen weit aufgerissen und Noah zog mich schnell zurück und nahm mich in seine starken behutsamen Arme.

»Noah wusste alles«, brachte Ella unter dem Gehuste heraus.

»Ein weiteres Wort und du fliegst«, kam es von Samuel.

Tu mir das nicht an, war mein einziger Gedanke. Noah spannte sich an.

»Ich hatte dir gesagt, du sollst aufpassen, wem du vertraust. Noah wusste von Anfang an Bescheid. Und nur damit du Bescheid weißt. Sie waren nicht deine richtigen Eltern.«

Hope, you like it!

-G. <3

Run (abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt