Kapitel XVIII - Mate

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Für einen Moment fühlte sich alles besser an. Die Verspannung in meinem Körper war wie verflogen, es war ein wundervolles Gefühl. Langsam öffnete ich die Augen und sah mich in diesem wundervollen Badezimmer um. Der viele Schaum gab mir ein wohliges Gefühl. Wie lange ich wohl eingenickt war? War ich überhaupt eingenickt? Ich wusste nicht warum, aber irgendetwas fehlte hier. Einerseits fühlte ich mich wohl, andererseits aber wieder nicht.

Was Noah wohl gerade machte? Noah. Ich wiederholte in Gedanken immer wieder seinen Namen. Ob er wohl auch gerade an mich dachte? Hatte er je schon einmal an mich gedacht? Ich wusste es nicht. Ich würde es wahrscheinlich auch nie wissen. Aber was ich wusste, war, dass ich ihn auf irgendeine Art und Weise brauchte.

Meine Gedanken drehten sich nur um ihn, seine Augen, seine Lippen, einfach alles. Ich hatte mich schon immer gefragt wie es war, in seinen Armen zu liegen. Zu meinem Glück tat ich das auch einmal, nur erinnerte ich mich nur sehr vage daran. Da ist es schon wieder, er war für mich da, als es mir schlecht ging. Aber warum tat er das alles? Ich dachte eine Weile darüber nach und entschied mich dann aufzustehen und mich langsam aber sicher in Richtung Schlafzimmer zu begeben.

Als ich dann im Bademantel ins Zimmer ging, stellte ich mich hinter ein Paravent und schlüpfte in meinen Bambi - Schlafanzug, den ich schon lange nicht mehr anhatte. Mein feuchtes Haar ließ ich mir frei über die Schulter hängen und stellte mich auf den Balkon. Ich betrachtete die Stadt, die winzige, harmlos wirkende, aber dennoch gefährliche, grauenvolle Stadt. Die Lichter sahen so schön aus, dass ich sie am liebsten Stundenlang beobachten würde. Ich trat wieder zurück in das Zimmer, ließ aber die Balkontür offen, da es doch sehr stickig im Zimmer war. Was June wohl gerade machte? Ich entschied mich dazu, sie aufzufinden und marschierte aus dem Zimmer.

»June?«, sagte ich vorsichtig, und tapste leise über den Holzboden, bis ich an dem Treppengeländer ankam. Dort blieb ich dann stehen und horchte, ob eine eventuelle Antwort in Sicht war.

»June?«, fragte ich erneut ins Dunkle.

»Im Zimmer«, rief sie, und ich bewegte mich in ihr Zimmer und drehte die Türklinke, bis das gewohnte »klick« zu hören war und ich in ihr Zimmer trat. June saß an ihrem Schreibtisch und hatte ihre Lesebrille auf. Die Haare mittlerweile zu einem Dutt gebunden, einzelne Strähnen waren herausgezupft. Sie hatte einen grauen halbarmigen Pullover mit einem V Ausschnitt an. Darunter eine schwarze bequeme Hose und saß im Schneidersitz in ihrem Arbeitssessel. Sie tippte irgendetwas auf ihrem Computer und nach einer Weile setzte sie die Brille ab und schaute mich an.

»Wie geht es dir, Schatz?«, fragte sie, und schenkte mir nun ihre volle Aufmerksamkeit.

»Gut, äh. Gut, würde ich sagen. Dir?«

»Die Arbeit lässt einen nicht in Ruhe, Mäuschen. Ist etwas passiert?«

»Nein, ich . . . wollte dich eigentlich auch nicht stören, nur . . . ich wollte mich bei dir bedanken. Dafür, dass du alles stehen und liegen lassen hast - und das nur für mich. Ich wünschte, Mom und Dad wären noch am Leben, vielleicht . . .« Tränen sammelten sich in meinen Augen, und bevor ich weiter reden konnte, musste ich erst mal den gigantischen Kloß in meinem Hals herunterschlucken.

». . . wäre dann alles anders.«

»Shh, hör auf, bitte. Es ist alles gut, ich werde dich nie wieder alleine lassen.«

»Danke«, flüsterte ich und sie nahm mich in eine herzliche Umarmung.

»Lyssa, deinen Führerschein hast du, oder?« Ich war verwirrt, was das für ein Sprung in ein neues Thema war.

»Äh, ja, aber ich fahre nicht.«

»Hmmm«, murmelte sie, eher zu sich selber und überlegte.

»Ich . . . du musst wohl weiterarbeiten, ich werde dich dann nicht länger aufhalten. Morgen ist außerdem Schule und ich sollte mich ausruhen.«

Run (abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt