Ein überraschender Anruf

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Cian lag auf seiner Matratze auf dem Bauch. Neben der Matratze auf dem Boden lag sein Heft, in dem er gerade seine Matheaufgaben löste, und mit dem stumpfen Ende des Bleistifte tippte er sich gerade nachdenklich an die Unterlippe. Die Aufgaben waten kompliziert und er hatte das Gefühl, dass er einen Fehler eingebaut hatte. Zumindest bei der Aufgabe, bei der er hängen geblieben war.

In der Wohnung war es still, denn Tefiti hatte Schicht im Café und würde auf dem Rückweg noch einkaufen gehen, dass hatte sie beim Frühstück schon gesagt. Cian fand das gut, denn ansonsten hätte er einkaufen gehen müssen und er hatte viel zu viel Angst davor dem anderen Werwolf zu begegnen.

Dieser beherrschte noch immer seine Gedanken. Das gut aussehende Gesicht mit dem kurzen Bart und den braunen Haaren schob sich vor sein inneres Augen und Cian warf den Stift mit Kraft an die Wand. Der zerbarst, während Cian das Gesicht in einem seiner Kissen vergrub.

Schon alleine ein Gedanke an den älteren sorgte dafür, dass er sich nicht mehr konzentrieren konnte. Er konnte es vergessen, es war alles wie weggefegt, nur der Mann geisterte noch in seinen Gedanken herum. Leo, wenn er Tefiti glaubte.

Warum musste er nur auf den Älteren treffen? Warum ging der ihm nicht mehr aus dem Kopf? Und warum musste er sich in ihn verlieben? Er wollte doch nur seinen Gefährten. Omegas hatten nun mal kein einfaches Leben, der Gefährte war meist die einzige Hoffnung. Cian hatte mit Tefiti großes Glück, normal war das auf keinem Fall.

Das Telefon klingelte und Cian kämpfte sich auf die Beine. Er mochte es nicht ans Telefon zu gehen, denn es konnte jeder am anderen Ende sein. Sein altes Rudel, jemand aus der Schule oder Lukas, der fragte ob einer von ihnen Zeit hatte einzuspringen. Nie kamen übers Telefon gute Nachrichten. Zum Glück war noch nie das Rudel an der Leitung gewesen.

Tefiti hätte wohl Panik bekommen, ihn gepackt und wäre noch weiter weggeflohen. Aber dann hätte er den Mann nur kennen gelernt. Was war denn nun los? Warum störte es ihn,  dass er den Mann dann nicht kennen gelernt hätte? Es wäre doch viel einfacher,  dann würden seine Gedanken nicht ständig zu ihm schweifen.

Das Klingeln des Telefons riss ihn aus seinen Gedanken und er bemerkte,  dass es noch immer klingelte. Schnell schnappte er sich das Gerät und nahm das Gespräch an. „Cian.“ „Hallo Kleiner.“ Cian erstarrte und seine Finger verkrampften sich um das Telefon. Dieser Stimme würde er überall wieder erkennen. Es war Leos Stimme, die Stimme des Mannes.

Sie löste eine Gänsehaut auf seinem Rücken aus und ein komisches Gefühl in seinem Magen, dass er nicht definieren konnte. Allerdings war er vollkommen unfähig irgendwas zu tun. Er war ja schon froh, dass ihm das Telefon nicht aus der Hand rutschte. Tefiti wäre sicher nicht begeistert über das kaputte Telefon. Und Leo könnte nicht mehr anrufen.

Bevor er sich wieder darüber Gedanken machen konnte, warum er sowas dachte, schüttelte er schnell den Kopf. „Deine Schwester hat gesagt, dass ich dich hier erreichen kann. Sie hat mir auch deinen wunderschönen Namen verraten.“ Die Stimme des Älteren war beinahe ein Schnurren und genau das ließ Cians Knie weich werden wie Butter in der Microwelle. Schnell ließ er sich auf einen Küchenstuhl fallen, denn auf die schmerzhafte Bekanntschaft mit dem Boden konnte er verzichten.

„Ich hätte ja gerne im Café länger mit dir gesprochen,  aber du bist ja sofort rein. Und dann hat deine Schwester gemeint, dass du danach keine Zeit hättest, weil dann der Ansturm käme.“ „Sie ist nicht meine Schwester.“ Kam es leise und schwach von Cian.

„Nicht? Was ist sie denn dann? Ihr habt einen sehr ähnlichen Geruch.“ „Wir sind nur entfernt Blutverwandt, aber sie hat mich mehr oder weniger adoptiert. Sie hat mich aufgezogen und ist mehr oder weniger meine Mutter.“ Seine Stimme gewinnt wieder etwas an Festigkeit und Cian ist dafür wirklich dankbar. Er will vor dem anderen nicht schwach wirken, was ihn nun wirklich wundern. Normalerweise ist ihm sowas nämlich egal.

„Was ist denn mit deinen Eltern passiert, dass sich eine so junge Frau um dich kümmert, Kleiner?“ Cian schluckte gut hörbar. Er erinnerte sich ungern an seine Eltern. Alles, an was er sich aus dieser Zeit erinnerte, war Schmerz und Diskriminierung. Es war keine schöne Zeit gewesen und er wusste, hätte Tefiti ihn nicht entführt, wäre sein Leben nur schlimmer geworden.

„Das geht dich nichts an.“ Seine Stimme war kälter, als er es von sich kannte, allerdings ging es ja auch um seine verhassten Eltern. Er hatte Tefiti und die war die beste Mutter für ihn gewesen.  Nein im Leben würde er tauschen wollen. Allerdings musste er dass einem Fremden nun nicht auf sie Nase binden.

„Vielleicht sagst du es mir irgendwann ja doch.“ Der Ton war wieder schmeichelnd geworden und Cian verfluchte sein Herz, saß meinte nun extra schnell schlagen zu müssen. Er verstand nicht warum und daher verwirrte ihn sein Körper auch so. Am liebsten würde er das Gespräch unterbrechen und sich unter seiner Bettdecke verkriechen, doch sein stolz verbot es ihm.

„Warum hat du hier angerufen?“ Erst jetzt fiel Cian auf, dass er den anderen dutzte. Das tat er eigentlich nie und der andere war ja auch noch älter als er selbst, also sollte er es auch nicht tun.  Aber es fühlte sich falsch an ihn mit Sie anzusprechen. Er ließ sich von seinen Instinkten leiten und hoffte, dass es das richtige für ihn war.

Normalerweise war es das und er hoffte, dass ihn auch diesmal seine Instinkte nicht im Stich ließen. Sein Verstand und sein Körper taten das ja schon. „Nun. Ich wollte dich um ein Date bitten.“ Nun fiel ihm der Hörer tatsächlich aus der Hand und er schaffte es gerade so noch, ihn aufzufangen, bevor er auf dem Boden aufschlug.

„Bitte was?“ fragte er ihn einer so hohen Tonlage, dass es selbst in seinen Ohren wehtat. Wie es dann einem Werwolf gehen sollte, der auch in der menschlichen Form besser hört, wollte er sich gar nicht vorstellen. Das Knurren, das er durch die Leitung hörte, zeigte ihm aber ziemlich gut, dass es nicht angenehm sein konnte.

„Quietsch mir nicht nochmal ins Ohr, Kleiner.“ Dieses Mal war das Knurren ein Befehl und Cian unterwarf sich sofort, in dem Wissen keine Chance zu haben. „Okay.“ fiepte er und rollte sich ganz klein auf dem Stuhl zusammen. Es war zwar sonst niemand anwesend,  doch seine Instinkte sorgten dafür, dass er sich nun sicherer fühlte.

„Nun. Als Entschuldigung wirst du dich nun mit mir treffen.“ „Aber… na gut.“Cian gab nach auch weil seine Instinkte schrien, als er nein sagen wollte. Er verstand sich selbst nicht mehr und das machte ihm Angst. Er wollte doch auf seinen Gefährten warten, in der Hoffnung das dieser ihn liebevoll behandeln würde. Nun aber traf er sich mit dem anderen.

„Sehr gut.“ Cian konnte das triumphierende Grinsen hören und als er es sich auf dem Gesicht des anderen vorstellte, schlug sein Herz wieder schnell. „Ich werde dich dann abholen.“ Bevor Cian noch irgendetwas fragen, sagen oder erwähnen konnte, legte der andere schon auf.

Cian starrte den zuteilen Hörer auf und brauchte einige Augenblicke, bevor auch er auflegte. Was wollte der andere denn von ihm? Er war doch nur der Kellner gewesen, als der andere ihn getroffen hatte. Ob er ihm etwas tun wollte?

Cian schallt sich selbst. Der andere würde ihm nichts tun, sagten zumindest seine Instinkte und die schienen zumindest noch zu funktionieren. Aber, was sollte das Ganze dann?

Er tappte in sein Zimmer, stellte unterwegs das Telefon weg und verkroch sich unter der Bettdecke. Eingerollt zwischen der Wand und seinen Kissen, bedeckt von seiner Decke fühlte er sich sicher. Er fühlte sich wie in einer Höhle und das beruhigte seine wölfische Seite. Verstehen tat er es aber noch immer nicht.

WolfsaugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt