Aufbruch

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Die weiße Wölfen lag schlafend im Schatten eines Baumes. Sie registrierte die Schritte, die sich ihr näherten, denn ihre Ohren zuckten, doch sie schlief weiter. Es war Cian, der sich neben Tefiti setzte und ihr über den Kopf strich. Erst jetzt öffneten sich die Augen der Wölfin, die den Kopf hob und ihn in Cians Schoß legte.

Cian lächelte und kraulte sie, während Tefiti ihre Augen wieder schloss. Sie genoss die Wärme, die noch immer herrschte und die kraulende Finger. Alle wussten, es würden nur noch wenige Wochen sein, bis sie ihre Augen für immer schließen würde. Aber die meisten verdrängten es, denn jeder hatte sich an die stille, angenehme Wölfin gewöhnt, die schon die letzten paar Tag nicht mehr aus dem Wolfskörper gekommen war.

Sie war faul geworden und bewegte sich kaum noch, selbst essen tat sie nicht mehr wie sie es sollte. Nur trinken tat sie mehr als genug, deshalb bekam sie jetzt dick Suppen, damit sie nicht durch verhungern starb, sondern wirklich friedlich einschlafen konnte. Jeder wünschte sich das für sie, denn sie schlich sich in die Herzen aller. Die Kinder im Rudel liebten sie, nur Nanette konnte sich nicht mit ihr anfreunden.

„Cian, Tefiti! Kommt sofort rein!" Leos Stimme war die des Alphas und zudem schwang Panik darin mit. Während Cian sofort zum Haus lief und sich ängstlich in die Arme seines Alphas warf. Alle wussten, warum der Alpha sie ins Haus rief. Ihr altes Rudel kam.

Die letzten Tage hatten sie außerhalb der Reviergrenzen ausgehalten, sich aber nie getraut diese zu übertreten. Ob sie es nun getan hatten, weil Darco fühlte, dass ihm die Zeit davon lief oder ob sie nun den Mut erst fassen mussten, wusste keiner. Tefiti kam zum Haus, blieb aber davor sitzen und ihr Blick sagte gleich, dass sie dabei sein würde.

Leo seufzte, küsste seinen Gefährten und schickte ihn ins Haus. „Du wirst eh nicht auf mich hören, also komm schon mit." Tefiti sah ihn an und nickte dann zu dem Haus, in dem Cian verschwunden war. Sie hoffte, dass Leo sie verstand, denn die Kraft in ihren menschlichen Körper zu wechseln hatte sie nicht mehr. Somit konnte sie ihm nichts mehr sagen und so hoffte sie, dass er sie verstand.

„Cian? Was ist mit ihm? Ich werde ihn sicher nicht mitnehmen." Tefiti schüttelte den Kopf und nickte erst zu Leo, dann wieder zu dem Haus. „Ich und Cian. Was ist mit uns?" Sie verdrehte die Augen. „Wir sind Gefährten. Das weiß ich doch." Jetzt schnaubte sie. Wieso verstand der Alpha sie nicht, wenn es sich doch um so etwas wichtiges handelte.

Erneut nickte sie zum Haus. „Nein, er weiß es nicht. Du hast es mich doch schwören lassen." Sie nickte und sah ihn an. „Du willst den Schwur aufheben?" Tefiti nickte zufrieden und legte sich hin, den Kopf auf den verschränkten Pfoten abgelegt. Sie warteten auf den Rest des Rudels, der mit ihnen die anderen Wölfe abfangen würden.

Die meisten sahen Tefiti überrascht an. Es schien jeder damit gerechnet zu haben, dass Leo sie nicht mitnehmen würde, doch da hatte keiner mit ihrem felsenfesten Willen und ihrem Dickkopf gerechnet. Sie würde niemals andere mit ihren Problemen konfrontieren und nicht dabei sein, dass konnte jeder vergessen.

Sie war für dieses Problem, dass für eine richtige Gefahr für das Rudel werden konnte, verantwortlich, da würde sie sich dem nicht entziehen. Das würde gegen ihre Ehre und ihren Stolz gehen. Egal was der Rest auch sagen würde, sie würde mitgehen.

Leo wusste, dass er sie nicht aufhalten konnte und auch der Rest des Rudels es nicht können würde. Sie gehörte nicht zu seinem Rudel, war frei und noch dazu eine Beta. Er würde ihr aber auch nichts befehlen. Sie konnte ihren eigenen Entscheidungen treffen und wenn sie sich entschied ihren Gefährten zu konfrontieren, dann würde sie das tun.

Er hatte auch nichts dagegen, dass sie ihr Rudel konfrontieren wollte. Vielleicht hatte er tief in sich noch die Hoffnung, dass sie es doch zulassen würde, auch wenn er wusste, dass sie es sehr wahrscheinlich nicht würde. Dafür war sie zu stolz, zu stur und zu sehr überzeugt. Eigentlich wusste er das, aber für seinen Gefährten hoffte er darauf.

Allein die Tatsache, dass sie den Schwur aufgehoben hatte, gab dem Ganzen allerding etwas von einer entgültigen Sache. Sie rechnete damit heute zu sterben und nicht mehr die Zeit zu haben, den Schwur von ihm zu lösen, geschweige denn bis zum Ende bei ihrem Schützling zu bleiben. Würde sie damit rechnen seinen 18 Geburtstag zu erleben hätte sie den Schwur nie aufgehoben.

Mittlerweile waren auch die anderen Wölfe alle anwesend, wenn auch die meisten in ihrer menschlichen Form. Die Welpen und die alten, sowie ein paar wenige Kämpfer würden im Dorf zurück bleiben, wo die Ältesten auf die Jüngsten aufpassen würden. Tefiti hatte die letzten Tage schon mitbekommen, wie alle immer in Alarmbereitschaft gewesen waren. Es war eine falsche Sicherheit gewesen, in die sich alle gewiegt hatten und die nun platzte.

„Ihr habt ja bereits alle mitbekommen, dass das DarkWoodRudel außerhalb unseres Revieres kampiert hat. Sie haben gerade eben die Grenze überschritten und kommen jetzt hier her. Hier im Dorf will ich sie nicht haben. Das wäre viel zu gefährlich. Wir gehen sie abfangen." Bevor Leo noch etwas sagen konnte, fiel ihm ein noch relativ junger Werwolf ins Wort.

„Warum geben wir ihnen nicht einfach, was sie wollen?" Tefiti wusste, dass dies das falscheste war, was er hätte sagen können. Leo knurrte, machte ein paar schnelle Schritt zu dem jungen Werwolf und hob ihm am Kragen hoch.

„Ich werde meinen Gefährten niemandem ausliefern, absolut niemandem! Hast du das verstanden!" Der Junge nickte schnell und es zeigte sich deutlich, dass er Angst vor dem Alpha hatte. Tefiiti verstand es aber auch, Leo wirkte gerade extrem aggressiv. Für sie war das kein Wunder, Alphas, deren Partner bedroht waren, waren so aggressiv um den anderen zu schützen. Und der Vorschlag des Jungen hätte Cian in tödliche Gefahr gebracht.

Alle anderen sahen, dass ihr Alpha nicht spaßte und wechselten den Form, auch Leo. Der beeindruckende graue Alpha zeigte schon alleine durch seine Größe, dass mit ihm nicht zu spaßen sei. Er sprang als erster los und das Rudel folgte ihm. Bei dem Tempo, dass die Wölfe anschlugen, hatte Tefiti Schmerzen, doch sie biss die Zähne zusammen und brachte ihren Körper an ihre Grenzen.

Sie wollte dem Rudel keine Last sein und nicht hinter ihnen hinterher hängen. Sie würde die Kraft e nicht mehr brauchen. Eine erneute Zurückweißung würden weder sie, noch Darco überleben. Somit sollte das Rudel dann in Sicherheit sein, weil sich das DrakWood ohne Alpha sicher in ihr Territorium zurück ziehen würde. Dort würden sie um den Rang des Alpha kämpfen und der neue hätte keinen Grund dieses Rudel anzugreifen.

Als sie endlich stoppten, war Tefiti kurz davor zusammen zu brechen. Sie ließ sich in der Nähe von Leo auf den Bauch fallen und hechelte. Das hatte alles aus ihrem Körper geholt, was dieser noch zu bieten hatte. Die Blicke von den anderen Wölfen spürte sie und se ahnte, dass diese sie absolut nicht verstanden, aber das war in Ordnung. Sie waren eben nicht wie Tefiti selbst.

Die Geräusche von Pfoten ließen sie alle die Köpfe zu dem Gebüsch auf der anderen Seite drehen. Dort würde das DarkWood auftauchen. Die Spannung war spürbar und jedem Wolf stellte sich das Nackenfell auf.

WolfsaugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt