Die Eröffnung

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Das Auto hielt auf dem Schotter und Tefiti schloss die Augen, wohl wissend, dass sie hier in Sicherheit sein würden. Zumindest ihr Schützling würde hier für ihr altes Rudel unerreichbar sein und das war das wichtigste. Sie sah es in den Augen des Alphas, dieser schien Cian wirklich zu lieben. Und deshalb würde Tefiti ihm auch seine Sicherheit anvertrauen, wenn es nicht mehr anders ging.

Sie schüttelte den Kopf, und kletterte aus dem Wagen, ihre Sachen erst einmal in selbigem lassend. Zunächst würde sie es erklären müssen und dann könnte es sein, dass sie gehen musste. Cian würde hier bleiben, Leo würde ihn niemals gehen lassen. Der hob seinen Gefährten aus dem Auto und trug ihn im Brautstil zu seinem Haus.

Tefiti sah sie einen Moment lang an, dann schloss sie die Türen und folgte dem Alpha, sich der Blick, die auf ihr lagen, bewusst. Es musste ja zu komisch wirken, dass sie beide erneut hier waren, unangekündigt und dazu noch nach Panik riechend. Sie hatten auffallen müssen.

In Leos Haus verschwand dieser die Treppe hinauf, während sich Tefiti im Erdgeschoss umsah. Es war ein warmes, einladendes Haus und sie war sich sicher, dass sich Cian hier wohl fühlen würde. Mit den Fingerspitzen strich sie über die Sofakissen und stellte mit einem Grinsen fest, dass ihr Adoptivsohn diese mit Sicherheit austauschen würde. Die rauen Leinen würden ihm nicht gefallen.

Die Küche hatte etwas, dass sie kaum beschweren konnte. Ein bisschen fühlte es sich an, wie ein heißer Tee an einem kalten Wintertag, den man in eine Decke gekuschelt am offenen Fenster genoss. Sie schmunzelte über ihren eigenen Vergleich und roch dann ihren geliebten Tee. In ihrem Gepäck befand sich etwas davon, aber das war ja noch im Auto.

Schnell hatte sie Wasser aufgesetzt und eine Tasse vorbereitet. Durch die Stille hörte sie, wie Leo die Treppe wieder herunter kam. Die Treppe knarrte etwas. Nicht schlimm, aber für sämtliche Werwölfe, die keine Omegas waren, deutlich hörbar.

Zu Tefitis großer Überraschung kam der Alpha aber nicht zu ihr, obwohl er sie riechen musste, sondern verließ das Haus. Der pfeifend Wasserkocher riss sie aus ihren Gedanken und sie goss das kochende Wasser in die Tasse, die sie mit ins Wohnzimmer nahm. Sie ließ ihren Blick über die Sitzgelegenheiten wandern und entschied sich schließlich für das Sofa. Sämtliche Kissen flogen in eine Ecke, ehe sie sich in die Sofaecke kuschelte.

Aushalten konnte man es in diesem Haus auf jeden Fall und wohlfühlen auch, zumindest wenn man seinen eigenen Touch noch dazu brachte. Sie hustete, eine Hand vor dem Mund, und spürte die glitschige Flüssigkeit, die an die Innenseite ihrer Hand klatschte. Es war schon lange keine Seltenheit mehr und Tefiti wusste nur zu gut, was dies zu bedeuten hatte.

Sie tappte ins Bad und wusch sich die Hände, bevor sie einen Blick in den Spiegel warf. Der heutige Tag hatte ihr nicht gut getan. Sie war bleib, wirkte krank und erschöpft und so fühlte sie sich auch. Ein leises Seufzen verließ ihren Mund, lange hätte sie es eh nicht mehr verbergen können. Ein paar Wochen vielleicht noch, doch dann hätte zumindest Leo es gerochen.

Wieder im Wohnzimmer rollte sie sich wieder in der Sofaecke zusammen und genoss den kurzen Moment der Stille und der Ruhe, denn sie hörte nicht mal einen Streit. Sekten genug in einem Werwolfdorf. Ihre Gedanken wanderten zu Wild. Ihn würde sie doch gerne wiedersehen, aber er war bestimmt weitergezogen. Streifer blieben nun mal nicht lange an einem Ort.

Etwas verwirrt über das sich nähere Stimmengewirr hob sie den Kopf und sah in Richtung der Tür, die sich nun auch öffnete. Leo trat ein, gefolgt von seinen Eltern und den beiden Betas. Tefiti war ja froh, dass James nicht dabei war. Sie mochte Wild, während James ihn hasste.

Tefiti konnte den Grund zwar verstehen, aber das Kind einer Vergewaltigung für diese Verantwortlich zu machen ging in ihren Augen gar nicht. Wild konnte nichts für seine Eltern, genauso wenig wie irgendwer sonst auf dieser Welt. Dieser kleine aber gravierende Unterschied in ihren Ansichten, sorgte für eine unangenehme Spannung zwischen ihnen.

„So. Ich habe alle mitbracht, die etwas darüber wissen müssen. Du würdest es ja eh nicht zweimal erzählen.“ Tefiti seufzte. Leo kannte sie mittlerweile gut genug um das sagen zu können. Sie hätte es tatsächlich nur einmal erzählt und Leo dann allen anderen erzählen lassen. Scheinbar hatte der darauf aber keine Lust und Tefiti konnte ihn dabei auch verstehen. Sowas war immer ein unbeliebter Job.

„Du willst die Wahrheit. Verständlich, aber sie wird dir nicht gefallen.“ Tefiti entrollte sich soweit, dass sie sich in ihrem Eckchen aufsetzen konnte uns griff nach der Tasse. Der warme Tee beruhigte ihren kratzenden Hals etwas, doch die Schmerzen klangen nicht ganz ab. Tefiti wusste, sie würden nie wieder ganz verschwinden.

„Cian und ich wurden in einem Rudel geborgen, dass mehrere wölfische Tagesmärsche von hier entfernt liegt. Dieses Rudel basiert auf Stärke und achtet ach nichts anderen. Wer nicht stark ist… nun, der hat kein angenehmes Leben.“ Sie hustete und Tränke erneut von dem Tee, dessen Geschmack nun nicht mehr so angenehm war. Sie nahm noch einen Schluck um den Geschmack herunter zu spülen.

„Cian… er ist als Omega geboren worden und als solcher ist er leider schwach, besonders in den Augen unseres Rudels. Er konnte sich nicht wehren und ich war nicht immer da, um ihm zu helfen.“ Tefiti sah auf ihre Hände, die sie um die Tasse gelegt hatte.

Sie schämte sich dafür, dass sie Cian nicht vollständig hatte beschützen können. Sie hätte es so gerne getan, aber sie hatte die Schule besuchen müssen, lernen zu jagen und die Regeln und Verhaltensweisen eines Rudels. In diesen Zeiten hatte sie den Jüngeren nicht beschützen können und dafür hatte sie sich immer geschämt, obwohl sie wusste, dass sie es nicht hätte ändern können.

„Als Schwächling hatte er in unserm Rudel eine Aufgabe. Der Sandsack von allen zu sein. Seid seiner Geburt an war er eigentlich nie nicht verletzt. Als er vier Jahre alt war habe ich ihm nachts entführt und bin mit ihm abgehauen.“ „Ihr habt damals unser Gebiet durchquert.“ Tefiti nickte auf den Einwurf des zurückgetretenen Alphas hin. Was er sagte war schließlich die Wahrheit. Sie erinnerte sich nur zu gut daran.

„Ja. Aber nicht nur eures, auch wenn ihr das einzige Rudel ward, das uns bemerkt hat. Von den anderen haben wir nie etwas gesehen.“ Sie stoppte und sah in ihre Tasse. „Wir hatten bisher nie Probleme gehabt, waren weit genug weg und wegen zwei Wölfe in einer Stadt gab es keine Gerüchte. Leo war der erste Wolf, den wir tatsächlich in der Stadt getroffen haben.“

„Sie haben euch gefunden.“ Kam es von Leo. Eine andere Möglichkeit, warum Tefiti ihnen das sonst erzählen sollte, sah er nicht und Tefitis Nicken gab ihm die benötigte Bestätigung. Sein Vater runzelte die Stirn.

„Warum haben Sie euch so lange gesucht. Selbst du als Beta bis einem Rudel nicht wichtig genug um jahrelang nach dir zu suchen, von einem Omega mal ganz zu schweigen. Da steckt mehr dahinter.“ Tefiti schwieg und sammelte sich innerlich. Die Augen auf die Tasse gerichtet gab sie dann die Antwort.

„Ich bin die Gefährtin des aktuellen Alphas.“

WolfsaugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt