Kapitel 10

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Mein Dad hat Ethan's Schwester umgebracht?! Nein, das war unmöglich, das war doch alles Zufall, oder? Ich wollte diese Theorie einfach nicht wahr haben.

Und irgendwie konnte ich gerade auch nicht glauben, dass Ethan zufällig in die selbe Stadt zog und auf die selbe Schule ging wie ich, die Tochter des Mörders seiner Schwester.

Alle starrten Ethan erst ungläubig an und dann richteten sie ihre Blicke auf mich, weshalb ich rot wurde. Alle wussten, dass er meinen Dad meinte. Und ich glaubte kaum, dass sie mich decken würden.

"Was ist? Warum starrt ihr alle dieses Mädchen an?", fragte Ethan verwirrt und schaute mich dann ebenfalls an, aber nicht so komisch, sondern eher normal, höchstens durcheinander.

"Das da ist Hope Valentine", antwortete irgendein mieser Verräter und betonte auf komische Art und Weise meinen Nachnamen. Shit.

Ethan's Augen weiteten sich auf und er guckte mich verwundert an.

"Achso", murmelte er nur, "Ich geh zu meinem Spind, die Sachen einräumen und so." Dann griff er nach seinem schwarzen Rucksack und verließ den Raum.

Ich packte still und peinlich berührt meine Sachen, stand dann auf und ging auch fort, so schnell wie möglich zu Ethan. Ich spürte die Blicke auf meinem Rücken, aber das war mir jetzt sowas von egal.

Irgendwie musste ich das wieder gut machen, auch wenn ich genau so wenig wie mein Mum daran beteiligt war.

Erst entdeckte ich Ethan, doch dann musste ja unbedingt eine gewaltige Schülermenge auftauchen, die alle einfach nur raus wollten.

Perfektes Timing, dachte ich zynisch und versuchte mich durch die Menge durch zu drängen. Leider wurde ich ständig angerempelt oder sogar weggestoßen und niemand entschuldigte sich. Naja, alle hassten mich ja, vielleicht war es Absicht.

Nachdem ich mich irgendwie durch gedrängt hatte, lief ich erschöpft los und begab mich auf die Suche nach Ethan. Er war nirgendswo zu finden, nicht bei den Schließfächer, auch nicht draußen auf dem Hof, nicht beim Schulkiosk und auch nicht auf dem Sportplatz. Alles andere war abgeschlossen, oder da hatte eine Klasse Unterricht. Zum Glück hatten wir Freistunde, sonst müsste ich längst wieder zurück ins Klassenzimmer.

Nach zehn langen Minuten gab ich auf und ging auf's Schuldach. Da fühlte ich mich immer wohl und der Himmel war da immer so schön. Außerdem war es da tausend Mal friedlicher als in der Klasse. Also machte ich mich auf dem Weg zum Dach und würde mich einfach bei Ethan entschuldigen, wenn ich ihn sah.

Als ich dir Tür öffnete, strahlte die Sonne direkt auf mich, sodass ich erst nicht erkennen konnte, wer hier noch auf dem Dach war. Ich erkannte nur leicht die Umrisse einer Person, die Statue der Person war groß und schlank.

"E-Ethan?"

Er drehte sich um und bemerkte erst jetzt meine Anwesenheit. Davor hatte er nur die Sonne und den Himmel betrachtet und wahrscheinlich die Aussicht auf die Stadt, die hier oben einzigartig war.

"Hope, richtig?", fragte er angespannt und ernst. Ich nickte und kam ihm näher, was sich jedoch als Fehler heraus stellte. Er packte mit seiner rechten Hand meine zwei Hände und mit der linken Hand griff er um meinen Hals.

"Was machst du da?!" Ich versuchte so laut, wie möglich zu sprechen, aber meine Stimme hörte sich stickig und leise an. Ich versuchte mich irgendwie zu befreien, aber es gelang mir einfach nicht, er war viel stärker als er aussah. Und Karate konnte ich nicht anwenden, Grayson hatte bisher mir nur Armtechnicken gezeigt, die Ethan gerade fest hielt.

"Du hast sie umgebracht! Du und dein Dad, ihr hattet das sicher geplant!", schrie er mich wütend an. Ich starrte ihn nur geschockt an. Davor wirkte er so nett und sympathisch, und jetzt?

"Nein, ich hatte nichts...", stotterte ich und bekam riesige Angst. Dann spürte ich einen leichten Druck um meinen Hals.

"Doch!", unterbrach er mich, "Sie war erst zwanzig! Überleg mal, zwanzig Jahre alt! Sie wollte sich bald verloben und war eine so liebe und gutmütige  große Schwester und jetzt ist sie tot! Einfach von deinem Dad und dir kaltblütig erstochen worden! Sie wird nie wieder zurück kehren, sie ist tot! Weg!"

Sein Griff um meinen Hals verstärkte sich vor Wut und mir kamen langsam die Tränen hoch vor Schmerz. Nicht nur körperlicher Schmerz, auch seelischer. Ich verstand ihn. Und ich hasste mein Dad dafür, dass er sowas schreckliches getan hatte, solche Sachen an unschuldigen, jungen Menschen. Aber ich hatte mit all dem nichts zu tun, ich wusste auch nicht, dass eine Frau durch so eine schreckliche Weise starb.

"Ethan... bitte, hör auf", stotterte ich, "Deine Schwester hätte es sicher nicht gewollt, dass du das hier machst. Sie hätte sicher nicht gewollt, dass du so wirst. Es tut mir leid, dass mein Dad so etwas Schlimmes getan hatte, aber ich habe nichts damit..." Weiter kam ich nicht, weil ich nich kaum atmen konnte. Ich versuchte verzweifelt nach Luft zu schnappen.

"Du lügst!" Ihm stiegen die Tränen hoch. "Du hast doch keine Ahnung, was sie will und was nicht! Du willst dich nur raus reden, damit du ohne Strafe davon kommst!"

"Nein", brach ich mit brüchiger Stimme knapp raus, "Wenn du sie so sehr verteidigst, musste sie ein guter Mensch gewesen sein..." Mir ging die Luft langsam aus. Das ist mein Ende. Ich spürte ein Schmerz in meiner Brust, aus Mitleid und weil ich nicht atmen konnte.

Dann wurde die Tür aufgeknallt und irgendwie war es klar, dass Grayson da stand. Meine Beine hingen aber schon leicht in der Luft und mir wurde fast schwarz vor Augen. Ich sah etwas verschwommen, aber immerhin konnte ich noch alles halbwegs gut erkennen.

"Spinnst du, Ethan?! Was hast du vor?!", brüllte Grayson und rannte auf uns zu. "Lass sie sofort los!"

"Nein! Sie hat es verdient! Sie soll sich bei meiner Schwester höchst persönlich entschuldigen für ihre Taten!"

"Willst du wie ihr Vater werden?! Ein kaltblütiger Mörder?! Willst du wie der Mörder deiner Schwester werden?!", fragte Grayson laut, was ich nur noch halb mitbekam.

Irgendwie wusste ich nicht mehr genau wo Grayson stand, links oder rechts? Oder waren das zwei Graysons? Seid wann gab's denn sowas? Oh je, so schwindelig war mir schon.

Ethan wurde plötzlich völlig klar, was er da machte und ließ mich los. Und da ich davor in der Luft hing, fiel ich zu den Boden und spürte einen großen Schmerz am ganzen Körper, vorallem an meinem Kopf.

Ich sah nur noch alles verschwommen und bekam noch gerade so mit wie Ethan weg rannte und Grayson sich zu mir runter beugte und fragte, ob ich noch was mit bekam und wie es mir geht.

Bevor ich antworten konnte, verlor ich mein Bewusstsein.

HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt