Kapitel 18

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Alles ist so hell und weiß. Wo bin ich? Ist das ... der Himmel? Es kommt mir vor wie ein Paradies, ich erkenne langsam Umrisse. Eine unendlich weit ausgestreckte Blumenwiese, Tulpen, Maiglöckchen, Klatschmohn, Gänseblümchen und noch viel mehr. Ich renne in die Wiese hinein, die mir bis zu den Knien geht und suche nach jemanden. Ich weiß nicht wen, aber ich habe das Gefühl, dass er mir viel bedeutet und ich ihm vertrauen kann.

Die Wiese wächst plötzlich, es hört gar nicht mehr auf. Ich bekomme Panik und stecke fest, meine Füße sind wie Magnete am Kühlschrank an der Erde befestigt. Die Pflanzen reichen mir schon bis zur Schulter und nehmen mir die Luft, ich weiß nicht wie, aber ich ringe so gut wie möglich nach Luft. Die Wiese hört auf zu wachsen, aber dafür wird alles zu Wasser.

Ich bin ganz im Wasser, habe keine Luft mehr, um mich herum ist nur noch Wasser, welches die Dunkelheit verbreitet. Hier gibt es weder oben, noch unten, es gibt keine Wasseroberfläche, nur die dunkle Tiefe.  Völlig orientierungslos bin ich hier gefangen, ich hab fast keine Kraft mehr zum leben. Als fast meine letzte Lebenskraft aufgebraucht ist, höre ich eine vertraute Stimme nach mir rufen.

"Hope! Bitte, wach auf! Stirb nicht!"

Ich schlug erschrocken meine Augen auf, hustete das Wasser aus mir raus und rang förmlich nach Luft. Ich war auf dem Boot, meine Klasse stand um mich herum, ganz verzweifelt und besorgt. Ich lag auf einer dunkelblauen Liege und war komplett durchnässt. Was war passiert? Warum war ich nicht tot? Warum fühlten sich meine Lippen so komisch an?

Grayson saß neben mir, sein Gesicht war ziemlich nah, höchstens dreißig Centimeter von mir entfernt. Er schaute mich so erleichtert und froh an und die Klasse stieß Freudensschreie aus. Ich dachte, sie konnten mich nicht leiden?

"Was ist passiert? Warum bin ich nicht tot?", fragte ich verdattert.

"Du lebst! Mein Gott, haben wir uns Sorgen gemacht! Grayson hat dich geschnappt und ist hoch geschwommen. Wir haben euch dann mit dem Rettungsring hochgezogen, was echt anstrengend war! Als ihr oben angekommen seid, hast du aber nicht mehr geatmet", plapperte der Capi Junge los, der Tobi hieß.

"Und weiter?", hakte ich erschöpft nach. Okay, kein Wunder, dass sie sich freuten, selbst wenn man eine Person nicht leiden kann, wünscht man dieser Person nicht den Tod. Hatte ich meinem Dad ja auch nicht.

"Grayson ... hat dich wieder beatmet. Du weißt schon, Mund- zu- Mund Beatmung", murmelte John und klang peinlich berührt. Was? Grayson hat was?! Ich drehte mich in seine Richtung und bevor ich ihn ungläubig ansehen konnte, schloss er mich in seine Arme. Hä?

"Ich bin so froh, dass du lebst. Warum hast du das gemacht? Du kannst doch nicht schwimmen und hast dich somit nur in Lebensgefahr begeben." Grayson klang so liebenswürdig und fürsorglich, das passte gar nicht zu ihm. In seiner Stimme hörte ich auch Angst. Hatte er etwa Angst mich zu verlieren?

"Du doch auch", sagte ich und wir lösten uns voneinander. Er hatte mich nur beatmet, redete ich mir ein, das zählte nicht als Kuss, oder?!  Ich fasste mir an die Lippen und Hitze stieg in meinen Wangen auf. Wurde ich etwa rot? Das war doch alles nur lebensnotwendig, sonst wäre ich drauf gegangen. Oh, man.

Mir war richtig kalt und ich zitterte. Ethan kam zu uns mit zwei Decken und ich nahm ihm dankend eine Decke ab und wickelte sie um mich rum. Sie war so weich und warm und es war richtig gemütlich. Mr. Black sah uns besorgt an. Wow, dieser Mann hatte Gefühle, was für eine Überraschung.

"Wie geht's euch und wie ist das passiert?", befragte er uns.

"Lisa hat uns geschubst", antwortete ich kühl und sie sah mich geschockt an. Ich hätte sie nicht verraten, wenn sie Grayson oder meine Mum nicht mit reingezogen hätte. Aber sie brachte auch Grayson in Lebensgefahr, also war das ihre Strafe. Ich war zwar auch Schuld, aber ich hab meine Schulden beglichen, indem ich ertrunken und dann fast gestorben bin.

HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt