Hope

Kapitel 27

"Also, wenn man mal beiseite lässt, dass die Matschbirne rechts von mir mich gezwungen hat, eure Privatsphäre zu stören und uns dann auch noch auffliegen lassen hat, ist dieses Essen mit dem peinlichen Schweigen doch recht angenehm.", brach Grayson die Stille sarkastisch und warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu, als ob ich eine Vierjährige wäre, die heimlich die Süßigkeiten aufgegessen hat.

"Also bin ich die Matschbirne links von dir, oder wie?", witztelte Jace und lockerte somit immerhin etwas diese unangenehme Anspannung auf. Isobel schaute nervös ihr Trinkglas an und ich musste leicht grinsen.

"Korrekt.", meinte Grayson spitz.

"Ich werde von meinem kleinem Bruder fertig gemacht. Wieso habe ich das Gefühl, dass das nicht normal ist? Müsste das nicht anders rum sein?"

"Ich wollte euch echt nicht stören. Naja, nicht ganz, ich wollte halt nur sicher gehen, dass auch nichts schief läuft.", entschuldigte ich mich zerknirscht bei Jace' festen Freundin. Nach der ganzen Erklärung kamen sie letztendlich doch zusammen und wir beschlossen essen zu gehen, weil a) wir Hunger hatten und b) ich Isobel besser kennen lernen sollte, welche allerdings die ganze Zeit schwieg. Meistens konnte ich mit solchen Menschen nicht wirklich was anfangen, mir fiel nie wirklich ein Gesprächsthema ein, außer halt ein bisschen Smalltalk. Und Smalltalk war für mich nun mal oberflächlich und sinnlos. Ich hoffte, dass sich Isobel's Verhalten etwas verändern würde.

"Oh, das...", fing sie unsicher an. "Ähm... Das ist nicht schlimm. Du hättest es ja so oder so irgendwann heraus gefunden, wenn auch durch eine andere Art und Weise."

"Da bin ich aber erleichtert.", atmete ich beruhigt aus. "Und wie alt bist du, Isobel?" Na klasse, Smalltalk. Mir fiel aber wirklich nichts besseres ein.

"Ich bin 20, ein Jahr älter als Jace. Ich studiere hier in New York.", antwortete sie schüchtern und piekte in ihre Brokkoli herum. Sie war Vegetarierin. Jace verschluckte sich an seinem Wasser, Grayson schaute Löcher durch die Luft und ich starrte sie entgeistert an. New York? Am anderen Ende des Landes? So weit entfernt von Jace? Etwas zu weit, für meinen Geschmack.

"Das hast du gar nicht erwähnt.", bemerkte Jace und bemühte nicht die Fassung zu verlieren. Verdammt, das war eine peinliche Situation. Ich blickte Grayson signalisiert an, als Zeichen, dass wir lieber verschwinden sollten, allerdings runzelte dieser nur verwirrt die Stirn. Wie konnte er sowas nicht verstehen?!

"Ich kam auch noch gar nicht dazu.", murmelte Isobel schuldbewusst und schaute nur noch peinlich berührt ihren Teller an.

"Wisst ihr? Grayson und ich wollten uns hier noch ein bisschen umsehen, weil ich schon so fasziniert bin vom ... äh Dingsda und ich wollte unbedingt mehr sehen.", redete ich mich aus und zerrte ohne Vorwarnung Grayon vom Tisch weg. "Wir sehen uns wie vereinbart an der Limousine!"

Wir verschwanden und ließen die beiden in Ruhe. Mein Magen knurrte laut, denn unser Essen ließen wir da. Mutterseelenallein. Die cremige Pasta, die knusprigen Shrimps, das saftige Steak, das leckere Sushi, den prickelnden Champagner und dann kam auch schon bald die Mousse au Chocolate. Grayson hatte zwar nur Schweinekotelett mit Kartoffeln und Gemüse bestellt und Wein als Getränk, aber er hatte auch kaum was angerührt. Unser Essen ist auch erst vor zwei Minuten gekommen.

"Wo gehen wir hin?", wollte er ungeduldig wissen. Ich hielt immer noch seine Hand und zog ihn Richtung Treppe. 

"Auf's Dach. Schöne Aussicht. Und ich habe in meiner Tasche eine kleine Überraschung." Ich hielt demonstrierend meine kleine Handtasche in die Luft. Ich hatte völlig vergessen, dass ich was aus McDonalds zum Essen da hatte. Ich weiß, Handtaschen sind dafür nicht da, aber was soll's, ich meine, normalerweise war ich auch nicht auf solche protzige Veranstaltungen. Aber der Champagner war echt gut, das musste ich zugeben.