Hope

Kapitel 26

27. Februar 2014

Ich saß auf einer Parkbank im Central Park um 2.49 Uhr und konnte nur geistesabwesend vor mir hin blicken. Ich spürte die späte Winterkälte auf meiner Haut und es bildeten sich kalte Rauchwolken, wenn ich atmete, doch das war mir alles vollkommen egal, es war mir sogar ganz recht. Sie war tot. Kaltblütig umgebracht. Die Liebe meines Lebens war für immer verschwunden und ich würde sie nie wieder sehen, nie mehr ihre wunderbare Stimme hören, ihr Engelslächeln spüren, ihren Duft von Jasminblüten riechen und ich würde sie nie wieder berühren können. Mein Herz zog sich vor Schmerzen zusammen und es bildeten sich langsam wieder Tränen in meinen Augen.

"Heeeeey!", hörte ich eine weibliche Stimme beschwipst rufen. Ich schaute nach rechts und tatsächlich: da kam ein junges Mädchen mit blonden, lockigen, langen Haaren und blauen Augen auf mich zu und hielt eine Bourbon Flasche in der Hand. Sie sah noch minderjährig aus und wackelte leicht, als sie zu mir ging. Schnell wischte ich mir die Tränen weg und musste lächeln, dieses Mädchen klang echt lustig.

"Hallo, ich bin Hope Valentine! Wer bist du denn??"

"Henry Hamillton.", gab ich knapp von mir. War sie eine Verwandte von dem Mörder meiner Freundin?

"Warum weinst du, Henry Hamillton??? Gut aussehenden Männern stehen Tränen nicht!", lallte sie.

"Du bist betrunken.", stellte ich lachend fest.

"Total.", stimmte sie mir fröhlich zu, "Bis zu den Sternen randvoll! Also, warum flennst du wie eine Vierjährige, die ihren Lieblingsteddy verloren hat?"

Das war doch mal interessant. Alle bemitleideten mich wegen Brianna, sprachen ihr Beileid aus, aber sie bezeichnete mich als schwach und war direkt und ehrlich. Naja, vielleicht lag es daran, dass sie hackevoll war, trotzdem war sie irgendwie... lebendig und erfrischend. So fröhlich und ... wirklich total betrunken.

"Naja, die Liebe meines Lebens ist gestorben. Umgebracht von einem Mann."

"Alter, das ist ja mega krass! Ist ja wie in den Filmen! Scheiße, das tut mir leid! OMG, zu krass! Wie hieß er? Los, wir rächen uns jetzt an ihm, ich hab's, wir pinkeln in sein Apfelsaft rein! Oder.. oder malen ihn beim schlafen an und posten es auf Facebook!"

Ich musste echt anfangen zu grinsen, sogar fast lachen, aber ich konnte es noch so unterdrücken.

"Er hieß Michael. Micheal Valentine.", antwortete ich und die Trauer war nicht mehr so stark wie vorhin.

"What-the-fuck!", fluchte sie und ich starrte sie verwirrt an, "Das ist mein Dad! Na toll, jetzt können wir uns nicht mehr rächen, der ist mausetot. Hatte so 'n Strick um seinen Hals und baumelte so in der Luft rum."

Ich starrte sie geschockt an. Wie konnte sie nur so über ihren eigenen Vater reden, selbst wenn er ein Mörder war? Und wieso beging er Selbstmord?

"Warum redest du so über deinen Vater?", fragte ich verdattert.

"Weil", ihre Stimme wurde leise und brüchig, "wenn ich ihn nicht hasse, liebe ich ihn sonst, trotz seiner Taten, er war mein Dad und dann spüre ich sonst diese scheiß Schmerzen im Herz und die will ich nicht spüren. Deswegen versuche ich ihn zu hassen." Sie klang ganz schwach und hilflos und dem Tränen nahe.

"Meine Mum ist Zahnarzthelferin und wurde gefeuert, nur wegen meinem Dad. Meine Freunde, besonders meine beste Freundin Cathy, mobben mich, bewerfen mich mit Eier, schubsen mich in den Schwimmbecken, und sie wissen, dass ich nicht schwimmen kann, sagen und schreiben mir jeden Tag, dass ich sterben soll und mein Dad ist tot! Ich weiß nicht, ob das gut oder schlecht ist, ich- ich weiß einfach nicht, was ich fühlen soll...", sprudelte es weinend aus ihr raus.