"Hey Tom! Willst du deinen neuen Ball mit zum See nehmen?", rufe ich, als ich schon halb die Treppe hinunter gerannt bin, in Richtung seines Zimmers. Als Antwort höre ich wie es auf dem Fußboden quietscht, weil mein Bruder eine Kehrtwende macht. Schnell gehe ich noch in die Küche und packe einen Picknickkorb zum Mittagessen. Plötzlich werde ich von einem Ball getroffen. "Hey! Ich meinte nicht, dass ihr mich abwerfen solltet!", sage ich gespielt ernst. Ich hebe den Ball auf und wir gehen los zur Lichtung. Keine halbe Stunde später kommen wir in ein Gebiet des Waldes, der mir nur zu gut bekannt ist. Es ist seltsam. Ich sollte eigentlich unbehagen fühlen, doch irgendwas ist seltsam. "Skayla, was ist los?", fragt mich Paul, weil ich stehen geblieben bin. "Gar nichts.", antworte ich hastig und hole auf. Wir kommen auf die Lichtung und es haut mich einfach um. Ich öffne die Augen erneut und erwarte schon, dass mich zwei Augenpaare fragend ansehen, doch da ist niemand. "Tom?", frage ich in die Leere hinein, doch, wie zu erwarten, bekomme ich keine Antwort. Plötzlich springt jemand aus dem See und sieht genau in meine Richtung. Verdammte Scheiße! Ich stehe schnell auf und renne zurück in das Gebüsch. Wer war das bloß, der aus dem See sprang? Ich renne und renne, doch er ist schneller. Ich merke zu spät, dass ich schreie gehört haben muss und jetzt in ihre Richtung renne. Und dann taucht sie vor mir auf. Die Höhle und ich bremse so abrupt ab, dass mir schwindelig wird und ich mich setzen muss. Als ich wieder aufsehe, ist es wieder Tag und hinter mir höre ich jemanden im Gebüsch schnaufend angerannt kommen. So schnell wie jetzt, war ich noch nie auf den Beinen und in Angriffshaltung. Doch es ist Paul, welcher mehr aus dem Gebüsch gestolpert als gerannt kommt. Ich entspanne mich wieder und sehe ihn fragend an. "Wie kann es sein, dass du so weggetreten und doch so unfassbar schnell sein kannst?", stößt er keuchend hervor. "So weit sind wir doch gar nicht von der Lichtung entfernt, oder?", frage ich und begebe mich zu ihm rüber. "Du bist ja lustig! Du bist verdammte zwanzig Kilometer gerannt!", keucht er, immer noch außer Atem. "Dann müssen wir schnellstens zurück. Tom darf nicht allein bleiben. Komm jetzt Paul!", fordere ich ihn auf, als er weiterhin nicht aufsteht. Er bedeutet mir schon vor zugehen, also mache ich das, denn ich lasse meinen kleinen Bruder ungern allein. Ich weiß zwar nicht was Paul gemacht hat, doch ich bin nach zehn Minuten wieder bei der Lichtung. "Tom? Tom wo bist du?", rufe ich aufgeregt und renne über die Lichtung. "Bist du wieder normal, Skayla?", höre ich Toms Stimme und kurz darauf taucht sein Körper hinter der Eiche auf. "Was habe ich denn gemacht?", frage ich zögerlich und gehe zu Tom. "Du hast die Augen verdreht und dann warst du weg, aber doch noch irgendwie da...", versucht er zu beschreiben. "Wie meinst du das?", ich komme nicht ganz mit. Tom sitzt mittlerweile auf meinem Schoß und sieht mich ängstlich an. "Du warst ähm...", in dem Moment kommt Paul auf die Lichtung gejoggt und lenkt Tom damit ab. "Na Tom, willst du schwimmen gehen?", frage ich und stehe lächelnd auf. "Jaa!", ruft dieser und rennt in den See. "Mal sehen ob ich dich fangen kann.", rufe ich und springe hinter ihm ins Wasser. "Niemals!", mein kleiner Bruder gibt sich die größte Mühe nicht zu verlieren, doch ich bin schneller als er. "Hab dich!", rufe ich und halte ihn fest. "Neiiiiin! Och man. Können wir nicht tauchen, da sind wir gleich gut?", versucht er mich herauszufordern. "Nagut, aber höchstens dreißig Minuten, dann essen wir Mittag, ok?", schlage ich grinsend vor. "Och man. Wieso nur so kurz?", meint Tom motzig. "Nur?!?", wirft Paul ein, der inzwischen auch im See ist. "Skaylas Rekord sind aber zwei Wochen!", erklärt er stolz. Paul sieht mich erschrocken und fragend zugleich an. "Ja, aber ich hätte noch mehr geschafft, wenn mich die Polizei nicht gefunden hätte...", murmle ich vorsichtig. "Du warst zwei Wochen unter Wasser?", Paul ist entsetzt. "Was ist daran so merkwürdig?", das klingt so, als wäre ich anders und als könnte das nicht jeder. "Der Weltrekord im Tauchen liegt bei drei Minuten irgendwas. Wusstest du das?", er schwimmt zum Ufer und klettert hinaus. Ich begreife plötzlich, warum Dad mir immer gesagt hat, dass das niemand wissen darf. "Nur drei Minuten mit Sauerstoffflasche? Das ist echt schlecht.", mache ich mich über seine Worte lustig. "Achso!", lacht Paul und kommt wieder zu uns. "Ich hab Hunger. Noch wer?", wechsle ich schnell das Thema und schwimme zum Rand des Sees. Tom und Paul sind offenbar auch hungrig, denn sie drängen sich darum, wer als erstes bei dem Picknickkorb ist. Wir setzen uns und essen gierig die Pfannkuchen und trinken Kakao aus Thermoskannen. Zu guter letz, ist es doch noch ein schöner Nachmittag geworden. Um fünf liegen wir immer noch in der Sonne und dösen vor uns hin. "Gehen wir wieder zurück? Heute kommt doch das RB-Spiel..", murmelt Tom zögerlich und steht auf. "Ach ja stimmt.", stimme ich ihm zu und stehe ebenfalls auf und rolle meine Decke zusammen. "Hey, Pauli! Wir gehen jetzt zurück.", wecke ich die Schlafmütze. "Ich will nicht.", brummelt dieser, steht dann aber doch auf. Wir gehen gemeinsam zurück und sind pünktlich zu Anpfiff wieder zuhause. "Ich geh mal Popcorn machen.", entschuldige ich mich in der Halbzeit. Das hätte ich mir aber auch sparen können, denn die Jungs sind eh nicht ansprechbar. Das Spiel geht zu Gunsten von RB mit einem zwei zu eins aus. "Na los Tom. Jetzt aber ab ins Bett.", fordere ich ihn mütterlich auf, denn er schläft schon halb auf der Couch. Tom steht schlaftrunken auf und schlurft die Treppe hoch. Ich lehne mich erschöpft zurück und hoffe etwas Ruhe zu finden, doch weit gefehlt. "Skayla? Singst du für mich?", ertönt es aus meines Bruders Zimmer. Ich muss lächeln und stehe auf.
Eine halbe Stunde später ist Tom eingeschlafen und auch Paul ist schlafen gegangen, das heißt ich habe das Wohnzimmer für mich. Ich verschwinde schnell im Keller und hole zwei Flaschen Rotwein hoch. Die erste habe ich in fünf Minuten leer, die zweite trinke ich dann doch Schluck für Schluck. Und immer weiter, bis die Flasche auch geleert ist. Ich merke, wie ich weine. Ich will aufhören, doch es tut so gut zu weinen.
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Seit ihr auch manchmal in der Situation, dass ihr einfach nur weinen wollt?Feedback? ❤️❤️
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Schicksal
FantasyMein Name ist Skayla Black. Eigentlich bin ich ein ganz normales Mädchen im Alter von 16, dachte ich jedenfalls... Doch ich bin anders. Ich erschaffe Leben wo keines ist. Meine Gabe ist ein Geschenk meines Vaters. Doch wird dieses Geschenk mir irgen...