Kapitel 13

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Ich hab so Kopfschmerzen. Ich schlage die Augen auf und blicke auf eine Blockholzdecke. Wo bin ich hier? Ich richte mich auf und sehe mich um. Es ist seltsam....Alles kommt mir so vertraut und doch so fremd vor. Ich lege die Hand an die Schläfe, doch irgendetwas in meiner Hand kratzt über meine Stirn. Ein zerknülltes Stück Papier...

Hey Skay! Ich weiß nicht ob du das hier überhaupt jemals lesen wirst, aber ich wollte, dass du es weißt....für immer. Ich musste deine gesamten Erinnerungen löschen, weil du sie alle mit mir verbunden hast du dummes kleines Kätzchen. Ich bin Paul und ein Monster der Unterwelt. Du hingegen bist die Anführerin eines Dämonenvolkes und dein kleiner Bruder Tom ist ebenfalls ein Dämon. Deine beste Freundin beging Suizid und du sagtest, dass du schuld an dem Autounfall deines Vaters wärst, der war im übrigen der letzte große Dämonenherrscher. Wir kennen uns nun genau einen Sommer, doch wir waren unzertrennlich. Du bist die einzige Person meines ganzen Daseins, der ich wirklich vertraut habe und der ich etwas über mich erzählt habe. Auch wenn du nun nicht mehr weißt, was wir alles gemacht haben, worüber wir gelacht und worüber wir geweint haben. Ich wünschte, ich könnte nur noch ein einziges Mal mit dir reden, nur um dir zu sagen, was ich für dich empfinde. Nur leider ist das nicht möglich, denn als Herrscherin der Dämonen darfst du kein Monster verschonen. Ich schreibe nun schon viel zu lange an diesem Brief, ich weiß, du wirst bald aufwachen. Also... Such bitte nicht nach mir, denn das hätte fatale folgen und bleib am Leben. Dein ehemals bester Freund Paul <3

Zitternd lasse ich meine Hand sinken und spüre eine Träne über meine Wange rollen. Die Tür wird aufgerissen und ....ähm... ich stürme herein. Völlig aufgelöst drehe ich mich im Kreis und rede wirres Zeug. "Tom!", rufe ich, sehe in meine Richtung und breite die Arme aus. Besagter Tom rennt plötzlich DURCH MICH DURCH zu meinem anderen ich. Wir fallen uns in die Arme und weinen. Ich erhebe mich und drehe mich von dem Geschwister-Kuscheln weg. In der Ecke steht... Paul. Mit den Schatten im Gesicht hätte er mir Angst machen sollen, doch dem ist nicht so. Im Gegenteil, es lässt mein Herz sogar vor Freude hüpfen.

Lange Zeit stehe ich nun schon da. Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Seit ich Paul in den Schatten entdeckt habe, ist es so, als ob sich alles nur darum drehen würde, dass er anwesend ist. Kein Holz knarrt. Kein Schluchzen von Tom oder mir. Kein hörbarer Atemzug. Nichts tut sich. Selbst wenn sich etwas getan hätte, hätte ich es wohl kaum bemerkt. Meine gesamte Aufmerksamkeit gilt dem Jungen in der Ecke. Ich nehme ihn so war, als würde mein Leben von einem seiner Atemzüge oder einem Lidschlag abhängen. Er atmet schnell und immer schneller. Ich muss feststellen, dass sich mein Herz dem sein anpasst, was mich immer aufgeregter werden lässt. Urplötzlich steht Paul vor mir und starrt zu mir hinab.

*Ich hab doch ausdrücklich klar gemacht, dass du nicht nach mir suchen sollst!*

Ich bin erstarrt vor Schreck, denn Paul hat weder die Lippen bewegt, noch auch nur ein einziges Mal Luft geholt.

*Ich dachte du bist...du kannst auch in meinen Erinnerungen reisen?*

Ich bin total verwirrt.

*Dies ist erstens nicht nur deine Erinnerung und zweitens kann ich in jede beliebige Zeit zurück springen, du dagegen kannst es nicht kontrollieren.*

Er wendet sich ab und will gehen, doch ich packe ihn am Arm und reiße ihn herum.

*Wieso verschwindest du immer, tauchst dann wieder auf, wir sind beste Freunde und verschwindest wieder?!*

*Ich bin doch nur ein einziges Mal verschwunden.*

Jetzt ist es an Paul verwundert zu sein.

*Lügner! Ich weiß, dass wir im Kindergarten von den anderen "verheiratet" wurden, weil wir immer zusammen gespielt haben. Ich weiß, dass du in der zweiten Klasse ein Jahr lang neben mir gesessen hast und wir wieder beste Freunde waren. Ich weiß, dass du mal mein Nachbar warst und dann plötzlich nicht mehr. Du müsstest langsam mal wissen, dass wir immer Freunde sind und du das nicht verhindern kannst! Und dennoch verschwindest du immer wieder! Du hast vermutlich jedes Mal meine Erinnerungen gelöscht, deswegen hatte ich auch immer wieder Gedächtnislücken früher, doch jetzt ist etwas schief gelaufen, ich kann mich nämlich an alles erinnern. Und weißt du was am seltsamsten ist? Nein? Du warst da, als Dad starb!*

Mit diesen Gedanken schließe ich die Augen und wünsche mir, dass Paul und ich zu dem Tag des Unfalls zurück reisen und hoffe inständig, dass das klappt.

"Wie hast du das gemacht?!", ruft dieser auf einmal verwundert aus. "Ich weiß nicht so genau.", ich öffne meine Augen wieder und sehe, was ich sehen wollte. Wir sitzen hinter einer Person im Busch und haben einen guten Blick auf die Straße.

Schon von weitem höre ich, wie ich meinen Dad anbettle. Unser Auto kommt, Dad sieht zu mir, der LKW fährt in uns rein, der Fahrer springt aus dem Fahrzeug und zerrt mich aus dem Auto, das Auto fliegt in die Luft. Das alles geschieht so schnell, dass ich es kaum wahrnehme. Doch nun passiert das, was ich Paul hatte zeigen wollen. Mein früheres Ich sieht genau in unsere Richtung und starrt uns eine Weile an, danach wird es von dem Fahrer ein Stück weit getragen und anschließend auf einen Stein gesetzt.

"Ich wusste nie, wen oder was ich damals sah.", beginne ich zu erzählen: "Doch nun weiß ich es. Ich roch schon damals deinen Duft. Ich begegnete deinen Augen in meinen Träumen. Es hat mir nie Ruhe gelassen, doch irgendwann fand ich mich damit ab. Jedenfalls bis ich deine Schatten überall sah. Ich sagte es Mom, doch sie schickte mich nur zu einem Arzt und wieder zu den Therapeuten. Ich hasse Ärzte. Sie heißen nichts Gutes. Wenn ich zu einem Arzt musste, sagte ich ihm, er würde mir Angst machen und mit mir sei alles in Ordnung, doch leider sah der dumme alte Sack das anders. Er stellte mir fragen, doch ich antwortete nicht. Er sagte meiner Mom ich wäre schwer gestört und ich lief weg. Er wollte eine Routine-Untersuchung machen, doch ich schlug ihn so sehr, dass er einen gebrochenen Kiefer, zwei lockere Zähne und eine geprellte Rippe hatte. Mom sperrte mich ein, hatte Angst vor mir. Zwei Monate stand ich unter strengstem Hausarrest, in der Zeit fing ich an zu schreiben. Ich schrieb ganze Hundert-Seiten-Geschichten, immer anderes. Irgendwann hatte ich kein Papier mehr und sprang aus dem Fenster auf den Baum. Vor dort aus rannte ich in den Wald bis ich vor Erschöpfung zusammen brach.", traurig senke ich den Kopf.

"Wieso erzählst du nicht weiter?", fragt mein bester Freund mich nach einer Weile.

"Weil es sehr schmerzhaft ist...Ich habe das alles lange Zeit verdrängen können, doch jetzt ist es, als könnte ich nichts mehr aus meinem Leben vergessen...", schluchze ich.

Sein Blick wird weich und ich spüre das vertraute Gefühl von Geborgenheit in mir aufsteigen.

"Komm her, Kätzchen.", er legt einen Arm um mich und küsst meinen Scheitel: "Ab jetzt bin ich immer für dich da..."
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