Kapitel 23

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Ich löse mich von meinem Bruder und versuche, mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr mich Toms Worte schocken.

Ich setze mein bestes Fake-Lächeln auf und umarme Richard ebenfalls.

"Ich habe mir Sorgen um dich gemacht, Süße.", murmelt er, jedoch so laut, dass Paul es auch hören kann. Sofort verkrampft sich jeder einzelne Muskel in seinem Körper.

"Musst du nicht, Paul war ja bei mir.", erwidere ich und kann Pauls Siegesgrinsen förmlich spüren. Richard in meinen Armen dagegen spannt jeden Muskel seines Körpers an und presst mich noch fester an sich. "Wir müssen reden, Süße.", sagt er plötzlich.

"Allein.", fügt er mit Nachdruck und Blick in Pauls Richtung hinzu. Er nimmt meine Hand und zieht mich raus auf den Flur. Hilfesuchend sehe ich in Richtung meiner beiden liebsten Jungs. Pauls Blick ist starr auf Richi gerichtet und man kann von Glück sagen, dass Blicke nicht töten können. Tom dagegen steht in der Mitte des Zimmers, hat die Augen vor Angst weit aufgerissen und schüttelt hektisch den Kopf, um mir klar zu machen, dass es zu gefährlich ist, mit Richard irgendwo allein hinzugehen. Ich glaube meinem Bruder, was er mir sagt, ich kann es nur noch nicht verstehen...

Ich wende meinen Blick ab und lasse mich von Richard durch ein Labyrinth aus Gängen ziehen.

Alle Gänge sind in beige gestrichen und mit Goldmustern verziert. Vor den Türen stehen kleine Tische mit bequemen Sesseln und Zeitschriften.

Wir kommen zu einer schlichten Tür, die im Gegensatz zu allem anderen hier sehr rustikal wirkt. Er fummelt einen kleinen Schlüssel aus seiner Tasche, schließt auf und stößt mich in das, erstaunlich große, Zimmer. Ich stolpere und lande unsanft auf dem Zementboden. Hinter mir fällt die Tür ins Schloss und es wird von innen abgeschlossen. "Wieso schließt du zu?", frage ich nervös und setze mich auf. "Weil dein kleiner Monsterfreund uns nicht stören soll.", erklärt Richard und kommt mir näher. Ich schrecke zurück. In seiner Stimme klingt kein einziges Gefühl und seine Augen sind kalt und leer, so als wäre er in einer Art Trance. "Wobei sollte er denn stören?", frage ich weiter, in der Hoffnung ihn so ein wenig ablenken zu können. "Ich sag nur so viel: Wenn Paul stört, spielen wir ein kleines Spiel. Wenn nicht, haben wir zwei allein Spaß und niemand kommt zu Schaden.", droht er und kommt meinem Gesicht immer näher.

Als hätte er uns gehört, hämmert in diesem Augenblick Paul gegen die Tür. "Skayla, bist du da drin?", ruft er besorgt. Ich will antworten, doch Richard hält mir den Mund zu und ein Messer an den Hals. "Sie will nichts mehr mit dir zu tun haben!", ruft Richard an meiner Stelle. "Ist das war Babe?", Paul, mein Paul, zweifelt an mir. Meine Augen werden feucht und eine Träne rollt mir über die Wange. Und dieser einen, heißen Träne folgen viele weitere. Verzweifelt versuche ich, mich dem Griff meines Entführers zu entziehen, doch er ist einfach zu stark. "Sie will dich nicht! Du bist nicht wie sie! Du verstehst sie nicht! Sie ist eine von uns! Eine von den Guten! Einer von dem Feind! Du hättest sie nie kennen lernen dürfen. Dein Schicksal ist ein anderes und das weißt du. Ihr könntet nie gemeinsam glücklich werden. Versteh es. Skayla will dich nicht.", seine Worte sind grausamer als ein Stich mit seinem Messer direkt ins Herz. "S-skayla ist das wahr? Stimmt es, dass du so denkst und lieber mit deinesgleichen zusammen bist als mit mir?", ich kann sein Herz förmlich zerspringen hören. Richard nimmt seine Hand von meinem Mund und bedeutet mir, seine Aussagen zu bestätigen. Keine Träne, die ich weinte, war, weil ich Angst vor dem Tod habe. Sie flossen wegen dem Tod meines Dads. Wegen dem Tod meiner besten Freundin Luzy. Wegen meinem kleinen Bruder Tom. Wegen meiner Mom. Wegen dem Tod von Opa. Wegen dem Verlust von Ralf. Wegen dem Geschehnis mit Dave. Doch in diesem Moment weine ich, weil ich Paul nicht verlieren will. Ich weine, weil ich weiß, dass es mich irgendwann das Leben kosten wird und Tom dann allein ist und niemanden hat, der ihm heiße Schokolade macht oder mit ihm Pfannkuchen macht oder ihm die Welt der Dämonen und Monster näher bringt. Ich will die einzigen beiden Menschen, die ich noch habe und liebe, nicht verlieren. Nicht wegen Dave. Nicht wegen Richard. Nicht wegen meinem Schicksal.

"P-paul...", beginne ich mit zittriger Stimme. "Richard hat Recht. Du und ich, das ist eine seltsame Kombination. Wir haben beide eine andere Bestimmung. Aber weißt du was? Ausnahmen bestätigen die Regel und ich liebe dich Paul.", kaum sind die Worte von meinen Lippen, rammt Richard das Messer in meine Schulter und meinen Worten schließt sich ein schmerzerfüllter Schrei an. "Skayla!", ruft Paul von draußen und Panik schwingt in seiner Stimme mit. "Sie wird eine Königin und dafür braucht sie einen Begleiter, der stets an ihrer Seite ist und zwar einen Dämon!", blafft Richard. "Sie wird niemals dich erwählen!", kommt es hämisch von draußen. "Oh doch, wenn sie dafür sich selbst rettet, wird sie!", schreit er zurück. "Was tust du ihr an?!", knurrt Paul. "Sie wird leiden. Sie wird Schmerzen spüren, die jemanden wie sie zeichnen werden. Und dann werde ich ihr Gefährte und werde mit ihr gemeinsam über die Dämonen herrschen!", das ist also alles, was hinter der Maske des freundlichen Richards steckt. Anstatt noch irgendeine Bemerkung dazu abzugeben, knurrt Paul und keine Sekunde später wird die Tür eingetreten.

"Paul!", rufe ich erschrocken und gleichzeitig erleichtert.

"Komm noch einen Schritt näher und ...", doch weiter kommt Richard nicht, denn Paul rennt bereits auf mich zu.

Bevor ich es überhaupt realisieren kann, durchzuckt mich erneut ein stechender Schmerz, als das Messer mein linkes Knie durchbohrt. Erneut stoße ich einen schmerzerfüllten Schrei aus und will mich vor seinem Verursacher in Sicherheit bringen, doch als Antwort auf meinen Fluchtversuch, sticht das Messer erneut in mein Knie und Blut sickert in Strömen davon herunter.

"Nein! Lass sie in Ruhe!", höre ich entfernt eine Stimme rufen.

"Ich habe gesagt, komm nicht näher!", knurrt Richard neben mir.

"Tu ihr nicht weh! Bitte!", fleht Paul. Seine Stimme scheint sich immer mehr zu entfernen.

"Hol ihren Bruder.", befiehlt Richard.

"Was?!", Paul ist hörbar verwirrt.

"Du hast mich schon verstanden. Du hast vier Minuten ab jetzt.", er wirft einen Blick auf die Uhr und dann sieht er wieder Paul an.

"Willst du, dass ich Skayla verletze oder warum stehst du hier immer noch?", er schenkt mir ein scheußliches Lächeln. Angewidert versuche ich mich wegzudrehen.

Plötzlich scheint Paul aus seiner Trance zu erwachen und rennt davon.

"Und wir, Süße, werden uns jetzt die Zeit vertreiben.", Richard kommt mir verdammt nah. Zu nah. Ohne darüber nachzudenken verpasse ich ihm eine Ohrfeige und rutsche näher an die Wand heran, um mich stützen zu können. "Nenn. Mich. Nie. Wieder. Süße.", zische ich Hass erfüllt. "Ich fürchte du bist nicht in der Position mir etwas zu befehlen.", lacht er gehässig und presst mich dann gegen die Mauer. Im nächsten Moment presst er seine Lippen gewaltsam auf meine. Erschrocken ziehe ich die Luft ein. Das jedoch nutzt dieses Schwein aus, um mir seine Zunge in den Hals zu stecken und mein Top zu zerreisen. Ich winde mich unter ihm, doch er ist einfach zu stark. Ich hole mit der Faust nach ihm aus, aber Richard fängt sie ab und dreht sie mir auf den Rücken. Inzwischen hat er den Verschluss meines Bhs gefunden und öffnet ihn. Seine langen kalten Finger schließen sich um meine Brust und beginnen, sie langsam zu kneten.

"Du lässt die Finger von ihr!", brüllt jemand und zerrt Richard von mir weg. Ich rapple mich auf und versuche meinen entblößten Oberkörper zu bedecken, als eine kleine Hand nach meiner greift.

"Skayla. Bleib hier. Bitte.", flüstert eine Stimme, deren Besitzer ich nicht zuordnen kann.

Ich kümmere mich nicht darum, weil Paul gerade im Begriff ist, Richard zu töten, als ein Schuss ertönt und mein Schatz japsend nach hinten taumelt. Sofort springe ich, vom Adrenalin angetrieben, auf und lande auf meinem verletzten Bein. Der Schmerz, der mich in diesem Moment durchzuckt, ist unbeschreiblich, doch ich stakse weiter. Einen Fuß vor den anderen. Immer weiter. Bis ich bei Paul bin. Er hockt auf dem Boden und hält sich mit der rechten Hand seinen Arm. Zum Glück hat Richard verfehlt. Ich lande vor ihm auf dem Bauch. Erschöpft vom laufen und den quälenden Schmerzen bleibe ich liegen.

Zwei warme Hände drehen mich auf den Rücken und ein paar Augen sehen mich an.

"Skay, bleib bei mir. Bitte, Baby, verlass mich nicht. Bitte!", schreit mich eine Stimme flehend an.

Doch meine Sinne geben bereits den Geist auf und ich werde in eine friedliche Dunkelheit gezogen.
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Hallo zusammen!
Das Ende von Schicksal ist nun zum greifen nahe! Ich freue mich, dass euch die Story offenbar gefällt ❤️
Aber dazu ein anderes Mal mehr.
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