Kapitel 15

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Ich schlage die Augen auf und schrecke hoch. "Wo bin ich?", rufe ich erschrocken aus. Doch es antwortet niemand. Ich sehe mich um und stelle fest, dass ich auf einem Berg liege. Jedoch ist es hier nicht öde, viel mehr ist es faszinierend. Ein kleiner Bach durchkreuzt den Fels und an dessen Ufer wachsen Hyazinthen. Ich gehe zu ihm, um mich mit dem kühlen Wasser zu erfrischen.

Nun, da ich wieder klar denken kann, bemerke ich, dass ich nicht allein bin. Überall um mich herum stehen Tiere und beobachten mich. Es sind aber keine gewöhnlichen Tiere. Da wären weiße Eichhörnchen, blaue Bienen, lila Waschbären und ein großer weißer Hirsch mit einem glänzenden Geweih. Als ich ihn erblicke, neigt er den Kopf, als würde er sich vor mir verbeugen. Um nicht unhöflich zu sein, erwidere ich die Geste, was jedoch dazu führt, dass der Hirsch über den Bach springt und zu mir gelaufen kommt. Er bleibt vor mir stehen und beugt den Kopf so, dass er mir direkt in die Augen sieht. In diesen Augen liegt etwas wildes, doch auch etwas menschliches. "Wer bist du?", hauche ich ehrfürchtig. Plötzlich beginnt er Feuer zu fangen. Ich werde nach hinten geschleudert und lande unsanft auf einem Fels. Doch das ist mir in dem Moment egal, ich will sehen, ob es dem Hirsch gut geht oder ich ihm helfen kann, also rapple ich mich auf und erblicke ihn auf der anderen Seite einer, wie mir scheint, Erhöhung. Er steht auf den Hinterbeinen und überall um ihn sind weiße Funken. Nach einigen Augenblicken erkenne ich, was sich dort genau abgespielt hat... Der Hirsch verwandelte sich in einen jungen Mann, welcher eine Haut so weiß wie die Wolken besitzt. Sein blondes Haar fällt ihm wirr auf die Schultern. Seine Arme sind muskulös, aber nicht protzig, eher wie die eines arbeitenden Mannes. Er trägt eine kurze weiße Hose, welche ihm bis kurz über das Knie geht und ein Hemd, das einen lockeren Ausschnitt hat, sodass ich seine ebenfalls muskulöse Brust sehen kann. Ich kann meinen Blick kaum von seinem Körper abwenden, doch dann fangen seine Augen meinen Blick auf und halten ihn fest. Diese Augen sind so eisig und doch so unglaublich sanft. Wie ein Meer mit Eisbergen, wenn man nicht aufpasst wird man verletzt.

"Mein Name ist Ralf, aber die meisten nennen mich "der weiße Hirsch" oder "Gebieter der Natur", weil ich mich fast nie in meiner menschlichen Gestalt zeige.", seine Stimme ist die, die man als Mädchen in seinen Träumen nach sich rufen hört. "Wieso zeigst du dich dann gerade mir?", innerlich schlage ich mich für meine Neugier. "Weil du eine der einzigen bist, die meine Geste erwiderten  und ich zudem weiß, wer du bist. Skayla, du bist etwas so seltenes, doch du bist nicht überheblich deswegen. Vor dir gab es nur zwei Personen die konnten, was du kannst oder können wirst.", noch einer, der in Rätseln spricht. "Ist einer dieser Personen Diana?", langsam werde ich doch neugierig. "Du stellst eindeutig zu viele Fragen.", lacht Ralf. "Ich kannte mal einen Ralf...", beginne ich zögerlich. "Ich weiß. Ich weiß auch wie du ihn kennengelernt und später verloren hast. Ich weiß wie Ethan umkam und wer das verursachte. Ich weiß mit wem du befreundet bist und wer hinter dir her ist. Ich weiß wann du deine große Liebe finden wirst und wann du sterben wirst. Doch ich kann dir nicht alles sagen, denn niemand sollte allwissend sein.", ich dachte mich könnte nichts mehr schocken, doch weit gefehlt. "Was bist du?", schockiert gehe ich einen Schritt zurück. "Du gefällst mir, Skayla.", lacht Ralf. Ich habe jedoch nur einen verständnislosen Blick für ihn, weshalb er anfängt zu erklären. "Noch nie wurde ich gefragt, was ich bin. Die Leute, die hierher kommen, denken sie wissen, wer und was ich bin. Sie wollen mich nicht kennen lernen, sie wollen Antworten auf ihre Fragen und dann wieder verschwinden, doch du kommst hierher und willst nichts über dich wissen, stattdessen fragst du mir über mich Löcher in den Bauch.", jetzt muss auch ich lachen, denn das hört sich echt nach mir an, die die immer anders ist als alle.

"Beantwortest du mir jetzt meine Frage?", frage ich ihn erneut, als ich wieder Luft zum atmen bekommen kann. "Klar, Kleines. Ich bin ein Sohn der Göttin Gaia. Sie erschuf mich, um auf der Erde zu wandeln und auf alles übernatürliche Geschehen hier Acht zu geben.", erwidert Ralf. "Und sie nannte dich Ralf?", jetzt ist es an mir, zu lachen. "Hey! Ich wollte so heißen!", protestiert dieser. "Tut mir leid. Ich dachte nur, du hättest vielleicht einen weniger menschlichen Namen als Ralf gewählt, wenn du gedurft hättest.", mir kommen die Tränen, weil ich so lachen muss und ich muss mich zusammenreißen, mich nicht auf dem Boden herum zurollen, weil sonst mein weißes Kleid dreckig werden würde und ich das für unangebracht halte. "Komm Skayla, ich zeige dir mein zuhause.", Ralf dreht sich grinsend um und geht voran. "Warte! Bevor du mich kidnappst, will ich wissen, ob ich die erste bin, der du dein zuhause zeigst?", rufe ich ihm nach und er dreht sich um. "Jep. Komm steig auf.", damit verwandelt er sich wieder in einen Hirsch, der jedoch nicht mal annähernd an sein menschliches, anziehendes Erscheinungsbild herankommt, und sieht mich herausfordernd an. "Wehe du lässt mich fallen.", er beantwortet dies mit einer Art tierischem Grinsen, dann steige ich auf und er rennt los. Ralf springt über den Fluss und rennt so schnell, dass ich mich an seinem Hals festhalten muss, um nicht abgeworfen zu werden. Wir kommen auf eine große Ebene und mein weißer Gefährte beschleunigt seine Laufgeschwindigkeit nochmals.

Auf einmal ist es, als würde nichts mehr wichtig sein. Als würde nur der Augenblick zählen. Ich schließe die Augen und fühle das berauschende Gefühl der Schwerelosigkeit, welche ich das erste Mal gespürt habe, als ich so schnell gerannt bin, wie nie zuvor. Der Wind peitscht mir die Haare ins Gesicht und verpasst mir eine Gänsehaut. Ein Schauer läuft mir über den Rücken, doch er ist von guter Herkunft. Ich öffne die Augen und meinem Mund entgleitet ein Schrei.
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Ich werde nächste Woche (Montag bis Freitag) jeden Tag zwei Kapitel hochladen.
Schönen Morgen/Tag/Abend noch!❤️
Liebe grüße ❤️❤️
Justine

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