~ So naiv ~

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Ich lag hellwach da und beobachtete Tyrell still. Er schien noch tief und fest zu schlafen. Jetzt oder nie. Ich löste behutsam seine Hand von mir, die er um mich gelegt hatte und legte ihm stattdessen ein Kissen darunter. Vorsichtig stand ich auf und versuchte möglichst keine lauten Geräusche zu erzeugen. Auf Zehenspitzen tappte ich um das Bett herum und beugte mich zu der Jacke runter, die Tyrell gestern auf den Boden gelegt haben musste.
Irgendwo müssen doch die Schlüssel sein, dachte ich mir insgeheim und schimpfte leise vor mich hin, als ich in der Unordnung nicht sofort fand wonach ich suchte.


Ich hörte ein leises klirren von Metall auf Metall und reckte den Schlüsselbund triumphierend in die Höhe. Na geht doch.
Ich schnappte mir geräuschlos meine Jacke und streifte sie mir über, während ich froh war daran gedacht zu haben, in ansprechenden Klamotten einzuschlafen. Ich strich meine Haare glatt und atmete einmal tief durch bevor ich mich dem ersten Hinderniss stellte. Ich hatte immer aus dem Augenwinkel beobachtet mit welchem Code Tyrell die Tür aufgeschlossen hatte. Das Problem war nur, dass bei jeder Taste die man antippte, ein eigentlich unscheinbarer aber jetzt in dieser Stille ohrenbetäubender Eingabeton ertönte.
Und dieser Code war neunstellig.
Ich sah unsicher zurück zu Tyrell.
Fuck.


Ich versuchte mein pochendes Herz zu beruhigen, weil ich Angst hatte, er könnte es ebenfalls hören und tippte vorsichtig eine Ziffer nach der anderen ein. Nach jedem mal zuckte mein Kopf ängstlich in Richtung Tyrell und ich musterte seinen Schlaf kritisch. Der schien aber wirklich sehr tief und fest zu Schlafen. Oder ich übertrieb einfach alles und es war hier nicht einmal halb so laut wie es mir momentan vorkam. ...7-3-9-4...., ängstlich kniff ich meine Augen zusammen ...2...
Erst tat sich nichts. Dann ertönte ein lautes Klick und der Monitor leuchtete Neongrün auf- im selben Moment glitt auch die Tür mit einem leisen surren auf.


Als sich Tyrell weiterhin nicht regte seufzte ich erleichtert (aber möglichst) lautlos auf.
Eine Tür die mich von meiner Freiheit abhielt weniger. Und natürlich ein großen Schritt näher an Jason.


Aber dies war erst der Anfang. Ich holte tief Luft und schlich vorsichtig auf den Korridor, immer auf entfernte Schritte vor mir lauschend. Es war wahrscheinlich noch sehr früh, denn man hörte keine entfernten Stimmen oder bemerkte sonst irgendwelche Regungen. Gut für mich. Aber irgenwie wirkten die grauen Betonwände auf mich so unfreundlich und... unheimlich sodass ich automatisch schaudern musste. Ich setzte mich wieder vorsichtig in Bewegung und starrte wachsam das Ende des Korridors an.
Ich war gerade mal drei Schritte weit gekommen, als ich ein rascheln hinter mir hörte und wie erstarrt stehen blieb.


Ich kniff enttäuscht die Augen zusammen. Das konnte doch nicht wahr sein. Langsam und mit Bedacht drehte ich mich um. Er sah mich aus seinen aufgeweckten Augen aus fragend an.
»Was soll das hier werden?«, seine dunkle und raue Stimme schien alles andere als erfreut zu sein.
Ich hatte keine lust auf Ausflüchte, Lügen oder Erklärungen. Es war eh aus. Das wusste ich, das wusste er. Sobald ich einen Schritt weiter ging würde er (vermutlich) Alarm schlagen und ich würde so oder so keine zwei Meter weit kommen.
Also fixierte ich ihn und fragte gelassen »Wonach sieht es denn aus?«
»Nach einem kläglichen Versuch eines naiven Mädchens aus einer der am besten bewachten Basen zu fliehen, was- wohlbemerkt- einem Selbstmord gleicht.«
Eingebildeter Spast.
Ich neigte den Kopf zur Seite und erwiederte ohne jegliche Gesichtsregung- oder gar mit der Wimper zu zucken
»Besser Kopf und Kragen Riskieren als tatenlos herumzusitzen und sich gefangen halten lassen.«


Tyrell schüttelte stumm den Kopf. Das er mir da nicht zustimmte war mir klar, brauchte er ja auch nicht. Er würde es eh nicht verstehen. Er wird nie wissen wie sich das anfühlt also kann er es auch nicht verstehen. Ich sollte ihm da keine Vorwürfe machen.

Frozen ~ Gefrierpunkt 0°Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt