Kapitel 22

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Alle Initianten hatten es in den Zug geschafft und wollten nun erst mal duschen. Auch Tracy. Ihr war kalt und sie fühlte sich total schmutzig. Vermutlich hatte sie irgendwo Algen oder Entenkacke in der Kleidung kleben. Alleine dieser Gedanke ekelte sie an. Doch keiner von den anderen beachtete es, dass sie nass und verdreckt war. Sie hatte schließlich die Fahne nicht erobert, sondern Cole und deswegen war auch er Held es Tages und nicht sie. Wer den Plan ausgeheckt hatte, war also letzten Endes egal. Im Prinzip störte es sie nicht, dass niemand beachtete, dass auch sie zu dem heutigen Sieg etwas beigetragen hatte, aber sie hätten sie wenigstens zuerst in eine der vier Duschen gehen lassen können. Doch stattdessen stand sie nun hier im Flur, weil sie das Zimmer nicht voll tropfen wollte.

Daniel und Kim waren drinnen im Zimmer und turtelten vermutlich immer noch miteinander umher. Nicht, dass sie etwas dagegen hatte. Es war gut, wenn sie sich endlich annäherten. Tracy war sowieso der Meinung, dass sie wunderbar zueinander passten und es war höchste Zeit, dass sie das auch selber bemerkten.
Ein Niesen entwich ihr und eine Gänsehaut überzog ihren ganzen Körper. Es war echt verdammt kalt hier. Sie würde sich sicher erkälten.

„Was machst du noch hier draußen?", wollte Eric wissen, der den Gang lang kam. Er hatte wohl die Ausrüstung von Capture the Flag weggebracht.
„Die Duschen sind alle besetzt und ich wollte den Raum nicht nass tropfen", ihre Stimme klang weinerlich, obwohl sie versuchte nicht zu stottern. Aber sie zitterte einfach zu sehr und es war viel zu kalt, als dass sie ihre Stimme unter Kontrolle hätte halten können.
Eric blickte kurz überlegen neben sich und winkte Tracy dann mit sich: „Komm mit."
Sie blickte ihn verwirrt an, lief ihm dann aber hinterher. Sie hatte seine Jacke immer noch um ihre Schultern hängen. Es sah etwas lustig aus, weil ihr das Stück Stoff viel zu groß war.

Gemeinsam liefen sie durch das Quartier und kamen dann schließlich vor Eric's Wohnung an. Er schloss auf und trat ein. Tracy konnte sich nicht so ganz dazu überwinden über die Türschwelle zu gehen.
„Kommst du jetzt oder was?", fragte Eric und zeigte demonstrativ mit dem Arm in seine Wohnung.
„Ich möchte an diesem Punkt nur festhalten, dass du mir sozusagen die Erlaubnis gegeben hast, in dein Reich einzutreten", dann betrat Tracy die Wohnung und ignorierte Eric's breites Grinsen einfach total.

„Komm", befahl Eric ihr und führte sie in einen angrenzenden Raum. „Hier kannst du dich duschen. Da vorne sind Handtücher. Ich hol dir gleich ein paar Sachen von mir, damit du dich umzuziehen kannst."
Tracy nickte ihm dankend zu und wartete, bis er die Tür hinter sich schloss. Dann begann sie damit, ihre nassen Kleider von der Haut zu streifen.
Die Dusche tat gut. Endlich konnte sie den ganzen Schmutz von ihrem Körper spülen. Eher zögerlich nahm sie sich Eric's Duschzeug. Das Duschgel roch unglaublich herb und männlich. Lächelnd führte sie eine Strähne ihrer Haare an ihre Nase und versuchte auch dort etwas von dem wohlriechenden Duft aufzufangen.
Auch nachdem sie den Schaum weggespült hatte, blieb sie noch unter dem warmen, Wasser stehen. Sie spürte, wie sich ihre verspannten Muskeln beruhigten und langsam wieder entkrampften.

Sie stellte die Dusche wieder ab und schnappte sich eines der schwarzen Handtücher, das neben der Dusche in einem Schränkchen stand. Sie schlang den Stoff um ihren Körper und trocknete sich damit schnell ab, bevor sie ihren Körper mit dem Handtuch wieder bedeckte und die Tür einen Spalt breit öffnete.
„Eric?", fragte Tracy etwas lauter, damit er sie auch hören konnte. Er saß auf der Couch, stand aber nun auf, um ihr einige dunkle Klamotten zu reichen.
„Danke", meinte sie und lächelte ihn leicht an, was er mit einem Nicken erwiderte.

Schnell schloss sie sich wieder ein und zog sich den dunkelblauen Pullover, die schwarze Boxershorts, Jogginghose und Socken an. Es war viel bequemer, als die Trainingssachen, die sie bis gerade noch angehabt hatte.
Nachdem sie auch ihre Haare einigermaßen getrocknet hatte, verließ sie das Bad und ließ sich neben Eric auf die Couch fallen, der gerade dabei war irgendetwas im Fernsehen zu gucken.
„Willst du nicht duschen?", wollte sie wissen, doch er schüttelte den Kopf.
„Ne. Viel hab ich ja heute eigentlich nicht gemacht. Ich muss schon sagen, dass dein Plan vorhin ziemlich gut war und..."
„Nicht, dass das irgendwen interessieren würde"; schnaubte sie und dachte dabei daran, wie die anderen Initianten Cole gefeiert hatten.
„So darfst du das nicht sehen. Es ist viel wichtiger, einen ordentlichen Plan zu haben, als mit irgendwelchen 'harten' Kerlen im Team zu sein, die aber allesamt zu blöd sind, um zu denken. Mein Team heute war voll von diesen Menschen und du siehst ja, was dabei rausgekommen ist."

Da hatte er allerdings Recht. Nichts, als Mist war dabei herausgekommen. Wahrscheinlich war es auch sehr wichtig, einen ordentlichen Plan zu liefern und nicht nur drauflos zu schießen ohne dabei über irgendetwas nachzudenken. Tracy musste schon zugeben, dass es ihr Spaß gemacht hatte, die heutige Taktik zu entwickeln. Vielleicht konnte sie daran ansetzen, sollte sie die Initiation schaffen.
„Worüber denkst du nach?", fragte Eric und kuschelte ich gemütlicher, als noch davor in die Couchkissen, was Tracy ihm gleichtat.
„Ich habe überlegt, ob es denn irgendeine Arbeit hier gibt, bei der die Ferox darauf spezialisiert sind, Taktiken oder so zu entwickeln", nuschelte sie in den Stoff ihres Pullis.
Eric nickte nachdenklich: „Das gibt es tatsächlich. Die arbeiten einerseits mit der Regierung zusammen und andererseits auch mit unseren Soldaten. Es ist ein ziemlich gut bezahlter Job. Diese Leute werden sehr geschätzt."
Tracy nickte zufrieden, war aber zu müde, um weiter zu fragen. Laut gähnte sie auf und hielt sich dabei peinlich berührt eine Hand vor den Mund, was Eric mit einem spöttischen Lächeln quittierte.

„Ich denke, dass ich dann besser mal wieder gehe", gähnte Tracy weiter und gab sich Mühe, ihre Augen offen zu halten. „Vielleicht fragen sich die anderen sogar schon, wo ich bin."
„Bleib doch einfach noch hier. Ihr müsst morgen sowieso nicht früh aufstehen. Man wird dich sicherlich nicht vor Mittag vermissen."
Kurz dachte Tracy nach. Wenn sie ehrlich mit sich selbst war, hatte sie absolut gar nichts dagegen, hier bei Eric zu schlafen. Vor allem war sie aber auch zu faul, jetzt noch zurück in ihren Schlafsaal zu laufen. Also nickte sie ergeben. Es standen viel zu viele Punkte auf der Seite, die dafür war, hier zu schlafen und nur einer auf der Seite, die dagegen war. Er war ihr Ausbilder und sie sollte ihre Gefühle für ihn nicht noch weiter festigen.

Eric nickte ebenfalls zufrieden: „Du wirst leider bei mir im Bett schlafen müssen, aber keine Sorge. Solange du mir die Bettdecke nicht klaust, werden wir morgen früh noch beide leben." Dabei zwinkerte er ihr grinsend zu. Auch Tracy musste leicht lachen. Das konnte sie gut verstehen. Mit einem Deckenklau war nicht zu spaßen.
Eric legte noch ein zweites Kissen ins Bett und langsam machten sie sich daran, sich hinzulegen. Tracy nahm die rechte Seite, Eric die Linke. Auch, als das Licht schon lange ausgeschaltet war, konnte Tracy nicht wirklich gut schlafen. Es war so ein frustrierendes Gefühl und sie hasste es immer wieder, wenn sie es hatte. Wenn man so unendlich müde war, es aber einfach nicht schaffte, einzuschlafen.
Etwa eine Stunde lang drehte sie sich von einer Seite zur andern, bis sie verzweifelt und mit dem Blick zu Eric liegen blieb. Dieser hatte bereits nach etwa fünf Minuten fröhlich schnarchend da gelegen. Ein Glück für Tracy, dass sie mit Schnarchen eigentlich ganz gut leben konnte. Es ging auf Dauer gar nicht anders, wenn man mit so vielen anderen in einem großen Schlafsaal schlafen musste.

Eric mit einem Arm über seinem Kopf und einem Arm auf seinem Bauch da, während sich seine Brust stetig hob und senkte. Still betrachtete Tracy ihn. Es war eigentlich etwas sehr beruhigendes. Eric's Gesicht war nicht, wie sonst so häufig zu einer harten Grimasse verzogen, sondern ganz entspannt und friedlich. Wenn man wusste, wie er sonst so war, passte dieses Bild einem so gar nicht in die Vorstellungen.

Unsicher hob Tracy ihre Hand an und führte sie zu einer Strähne, die ihm ins Gesicht gefallen war. Vorsichtig schob sie sie an die richtige Stelle zurück und ließ ihre Hand dann wieder sinken. Seine Haare waren gar nicht so, wie man sie sich vorstellte, mit Spray zu gekleistert, sondern sie waren weich. Tracy hätte ihn eigentlich noch Stunden so weiter beobachten können, doch sie bemerkte, wie die Müdigkeit sie erneut übermannte.


Als Tracy am nächsten Morgen ihre Augen aufschlug, fand sie sich nicht direkt da wieder, wo sie eingeschlafen war. Sicherlich lag sie in Eric's Bett, aber nicht mehr auf ihrer Seite. Stattdessen hatte sie seinen Bauch mit ihrem linken Arm umklammert und ihr linkes Bein ebenfalls zwischen seine Beine geschoben, sodass sie auch ganz genau spürte, was in seinen unteren Regionen vor sich ging. Augenblicklich schoss ihr die Röte nur so ins Gesicht und sie versuchte sich aus dieser Lage zu befreien. Nicht, dass das möglich gewesen wäre, denn nun registrierte sie auch, dass Eric sie mit seinen Armen festhielt. Es gab absolut kein Entkommen und wenn sie ihn nicht aufwecken wollte, dann musste sie so liegen bleiben.

Diese Situation war ihr wirklich peinlich, aber sie kam nicht umhin, auch das Pochen zwischen ihren Schenkeln zu registrieren.
Verdammt! Was geschah hier gerade?! Als Tracy bemerkte, wie Eric sich regte, schloss sie schnell die Augen. Es war wohl das Beste, wenn er dachte, dass sie schlief. Etwa zwei Minuten lang, lag sie mit geschlossenen Augen da. Eric war gerade aufgewacht und hatte diese Situation nur mit einem Stöhnen kommentiert.

„Du kannst deine Augen ruhig aufmachen", sagte er schließlich und Tracy's Herzschlag begann damit, sich zu überschlagen. Nein! Bitte nicht! Alles! Nur das nicht. „Ich weiß, dass du wach bist."
Er hatte es gesagt. Mit einem niedergeschlagenen Seufzen setzte sich Tracy etwas auf: „Entschuldigung."
Eric zuckte nur mit den Schultern: „Schon okay. Nur... könntest du da mit deinem Bein weggehen? Ich nehme nicht an, dass du dich um dieses Problem kümmern möchtest, also nun ja..."
Er ließ seinen Satz unvollendet, aber Tracy verstand auch so und rappelte sich auf. Eilig stieg sie aus seinem Bett und zog sich die Schuhe an, die sie an die Tür gestellt hatte.
„Es tut mir echt Leid!", entschuldigte sie sich erneut, nicht wirklich wissend, wofür genau sie sich entschuldigte. „Haben wir heute eigentlich noch Training?"
Eric nickte leicht: „Ja. Heute Nachmittag und morgen kämpft ihr alle noch mal. Morgen Abend müssen die, die es nicht durch die erste Phase geschafft haben, gehen. Am Abend gibt es für alle Ferox eine Party."

Tracy nickte, verabschiedete sich und schlüpfte dann, schnell durch die Tür. Mit Eric's Kleidung am Körper lief sie direkt in den Speisesaal. Es würde sowieso niemandem auffallen, dass sie nicht ihre eigenen Sachen trug.
Im Speisesaal gab es immer noch Frühstück, auch wenn es schon etwas später war und kaum noch Ferox anwesend waren. Jedenfalls keine Vollwertigen, denn die Initianten saßen teilweise schon noch zusammen an einigen Tischen. An einem Tisch konnte sie Cole, Daniel, Kim und Fire ausmachen, zu denen sie sich schließlich auch gesellte. Ihr Tablett mit Essen stellte sie vor sich ab und hockte sich dann neben Fire, die ihr vorsichtig zulächelte, was Tracy auch gerne erwiderte.

„Hey, Tracy",", begrüßte Kim sie. „Wo warst du denn gestern Abend und heute Morgen?"
„Ach... ich bin gestern ziemlich spät erst reingekommen. Ich wollte doch nicht alles voll tropfen und heute Morgen bin ich ziemlich früh aufgestanden. Ich konnte irgendwie nicht mehr schlafen."
„Ach ja?", meinte Daniel skeptisch.
„Ja. Könnte sein, dass ihr mich gestern vielleicht auch einfach nicht gesehen habt, so sehr, wie ihr miteinander geflirtet habt."
Sofort wurde Kim's Gesicht rot und sie begann, mit einer hohen Stimme zu protestieren: „Stimmt doch gar nicht!"
„Ja ja.."; grinste Tracy und versuchte das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. „Ihr wisst, dass wir nur noch heute Nachmittag Training haben und dann finden morgen Kämpfe statt und Schwups ist die erste Phase vorbei."
Cole nickte bedächtig: „Es ging eigentlich ziemlich schnell rum, wenn man sich jede einzelne Stunde vor Augen führt, meint ihr nicht?"
Alle nickten zustimmend. Es war wirklich unglaublich schnell gegangen. Allen war klar, wer es wohl in die zweite Phase schaffen würde und wer nicht und diese fünf, die hier am Tisch saßen, hatten von ihrer Gruppe sicherlich die besten Chancen noch weiterzukommen.

„Ich glaube das wird morgen ganz schön lustig", meinte Fire dann und grinste alle breit an. Auch die anderen sahen spitzbübisch zurück. Wenn Fire mal lächelte, konnte man kaum anders, als auch zu lachen.

Tracy LevineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt