Kapitel 19 | Achtung! Nicht streicheln!

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»SICHER, DASS DU NICHTS BRAUCHST?«, erkundigte sich meine Mutter und strich mir in kreisenden Bewegungen über den Rücken.

Ich stöhnte. »Mom, ich habe Fuß-, keine Rückenschmerzen!«

Unerträglich. Seit gestern pflegte Mom mich so, als hätte ich einen tragischen Autounfall hinter mir gehabt. Sie kam jede Sekunde mit neuen Snacks in mein Zimmer gedonnert, schüttelte das Kissen, auf dem mein Fuß ruhte, immer wieder durch und fragte mich, ob ich noch etwas bräuchte. Es war ja rührend, dass sie sich so um mich kümmerte, aber ich musste nicht versorgt werden. Ich wollte nach draußen an die Luft und Fußball spielen.

Ich starrte aus dem Fenster. Ein leichter Nieselregen legte sich über die Stadt. Eigentlich das perfekte Wetter, um ein paar Tore zu schießen. Mein Blick wanderte zurück zu meinem Fuß. Blöde Schiene.

Das einzig Gute an der ganzen Sache war, dass ich keinen Hausarrest mehr hatte. Mom hatte ihn in dem Moment aufgehoben, in dem sie den Krankenwagen gesehen hatte. Viel bringen würde mir das aber auch nicht. Ich konnte mich ohnehin nicht bewegen.

Ich legte den Kopf in den Nacken. Ich hatte Scheiße gebaut und das war jetzt die Quittung dafür.

Erneut schwang die Tür auf. »Mom!«, quengelte ich. »Ich brauche nichts mehr! Mir geht es gut!«

Doch es war nicht meine Mutter, die mein Zimmer betrat, sondern Dale.

Ich schnappte nach Luft. Das musste ein Albtraum sein. Dale konnte nicht einfach hier aufkreuzen! Ich war doch noch gar nicht bereit, ihm gegenüberzutreten. Vorhin hatte er Bonnie gefragt, wie es ihr ging. Selbst da hatte ich seine Nachricht ignoriert. Aber jetzt stand er hier. In meiner Tür.

Er hatte seinen Rucksack über die Schulter geworfen und grinste. »Schau nicht so überrascht.«

Ich brachte keinen Ton hervor, stattdessen beobachte ich ihn dabei, wie er die Tür hinter sich schloss und sich auf meinen Schreibtischstuhl schmiss.

Nein, nein, nein. Das durfte nicht wahr sein.

Augenblicklich spürte ich, wie mein Magen sich verknotete und ein Ziehen meine Brust erfüllte. Ich wollte vergessen, stattdessen ließ mich Dales Gegenwart genau das Gegenteil machen. Es war ein Schrecken, die Bilder von neulich wieder im Kopf zu haben und zu wissen, dass Dale viel mehr über mich wusste, als mir lieb war.

Ich brachte weiterhin kein Wort über die Lippen.

Dale zog die Augenbrauen hoch. »Überrascht es dich echt so sehr, dass ich freiwillig wegen des Projekts herkomme?«

Ich nickte langsam, dann immer schneller. Ja, das war es. Es überraschte mich, dass er wegen des Projekts kam. Nicht, dass er über meine Vergangenheit Bescheid wusste und ich ihm früher begegnete als ich es mir gewünscht hatte. Das versuchte ich mir zumindest einzureden.

»Sorry«, stammelte ich und räusperte mich, »ist ja schön, dass du wegen des Projekts gekommen bist, aber ich habe nichts gemacht, weil...« Ausführen brauchte ich den Satz nicht. Denn es war offensichtlich, warum ich keine Zeit oder Motivation dazu gehabt hatte.

Dales Blick wanderte ebenfalls zu meinem Fuß. »Das war echt krass gestern«, seufzte er und fuhr sich durchs Haar. »Ihr hättet bestimmt gewonnen.«

Ein Ziehen machte sich in meiner Brust breit. Danke, Dale. Ich wusste, dass ich Scheiße gebaut hatte. Du musstest es mir nicht auch noch unter die Nase reiben.

»Ich weiß«, murrte ich, »aber es ist nun mal passiert. Wir haben verloren und kommen nicht mehr ins Finale.«

Dale lehnte sich im Stuhl zurück. »Das würde ich nicht sagen«, sprach er plötzlich, »Wenn die Andrew-Jackson-High ihr nächstes Spiel haushoch verliert, habt ihr noch eine Chance.«

Fooling the Bad BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt