Kapitel 30 | Ein meisterhafter Streich

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»HAST DU SCHON GEHÖRT?«, fragte Carrie mit einem breiten Grinsen. »Irgendwer hat gestern Ophelias Haus mit Eiern beworfen!«

Ich hob die Augenbrauen. »Ach, wirklich?«, fragte ich gespielt überrascht. »Das ist ja der Wahnsinn!«

Ich bemühte mich ein Lachen zustande zu bringen, aber es gelang mir nicht ganz. Dass Dale mich nach Rat gefragt hatte, saß mir immer noch tief in den Knochen. Und dann auch noch diese Aussage. Ich war ein Mädchen. Auch, wenn ich mich vielleicht nicht so wie andere Mädchen kleidete.

Unsicher blickte ich an mir herunter. Gut, ich trug Arians Klamotten, aber das, was ich trug, machte mich doch nicht aus. Oder etwa doch?

Ich ließ den Kopf hängen. Worüber machte ich mir da nur Gedanken?

»Wünsch mir Glück!« Carrie erhob sich von der Tribüne und stürmte aufs Feld.

Seufzend beobachtete ich meine Kolleginnen dabei, wie sie trainierten. Mein Blick wanderte zu meiner Schiene, die ich heute Morgen kurz vor dem Unterricht von zu Hause abgeholt hatte. Mom und Dad hatten ganz schön viele Fragen gehabt, weil ich nicht Bescheid gesagt hatte, dass ich bei Arian übernachtete. Normalerweise sagte ich ihnen ja auch immer, wo ich hinging. Seitdem Bonnie existierte irgendwie nicht mehr.

Naja, sie hatten ja auch Geheimnisse vor mir. Gerede, von dem ich noch nichts erfahren sollte, weil es eine Überraschung sein sollte. Noch nie in meinem Leben war der Begriff Überraschung für mich mit so viel Negativem verbunden.

Ich beobachtete Carrie dabei, wie sie den Ball von Selin annahm und geradewegs ins Tor donnerte. Hinter dem Tor hing an der Tribüne ein Banner, der mir sofort ins Auge sprang. Eine orangefarbene Fratze zierte das schwarze Plakat, das alle Schülerinnen und Schüler der James-Watson zur alljährlichen Halloweenparty einlud. Ach, ja. Der Streich gegen Tyron.

Irgendwie freute ich mich dieses Jahr nicht so sehr wie gewöhnlich. Der Gedanke wieder einen Streich zu spielen, fühlte sich plötzlich falsch an. Selbst, wenn Tyron das Opfer war.

Ich fragte mich, was er sich für mich und Arian überlegt hatte. Solange ich nicht wieder in Dreck badete, war es in Ordnung. Aber wie ich ihn kannte, würde es wieder etwas ganz Fieses sein.

»Hey.« Neben mir erschien Arian. Er stützte das Bein auf den Sitz neben mir.

Ich schwieg.

»War Literatur so schlimm?«, hakte er nach.

Ich schüttelte den Kopf. »Ich hab's überlebt. Ich musste eben nur an Tyron denken.«

Arian verzog das Gesicht. »Sag mir nicht, dass du auf den Vollidioten plötzlich auch stehst.«

Ich stieß ihm für die Aussage gegen das Bein, wofür er fast vornüber von der Bank fiel. »Ich meinte den Streich«, fügte ich brummend hinzu.

Arian grinste. »Du musst dich schon genauer ausdrücken.« Er hielt mir die Hand hin. »Komm mit, ich muss dir etwas zeigen.«

Zehn Minuten später befanden wir uns in der Sporthalle. Arian deutete in die rechte Ecke, die Zugang nach draußen hatte. »Hier wird wahrscheinlich das Zelt der Wahrsagerin stehen«, berichtete er mir und erzählte von den kleinen Vorbereitungen, die er in meiner Abwesenheit getroffen hatte.

Insgesamt hatte unser Halloween-Streich fünf Stufen. Stufe Nummer Eins bestand darin, Tyron erst einmal dazu zu bringen, das Zelt der Wahrsagerin zu betreten. Das schafften wir nur darin, indem wir selbst ins Zelt gingen und uns die Wahrheit voraussagen ließen. Tyron machte uns Vieles gerne nach.

In Stufe Nummer Zwei würde er eine interessante falsche Voraussage aufgespeist bekommen. Wir hatten uns einen Text überlegt, den er zu Ohren kriegen würde: »Ich sehe eine gefährliche Zukunft. Deinen Feinden und Neidern wird zwar der Boden unter den Füßen weggerissen, aber du machst eine Bekanntschaft mit dem Tod. Du wirst ihm nur knapp entwischen können. Nutze die Chance, die sich dir darauf bietet oder du wirst in Blut baden.«

Fooling the Bad BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt