Kapitel 23 | Ist nicht so gut gelaufen

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»BRANWYN, WAS SOLL DER AUFZUG?«, fragte meine Mutter in fahrigem Ton und ließ den Blick an mir auf und abwandern. »Und seit wann schminkst du dich?«

»Und wieso trägst du nicht deine Schiene?«, setzte mein Vater hinterher.

Mir rutschte das Herz immer tiefer in die Hose. Ich wurde auf frischer Tat ertappt und dieses Mal hatte ich wirklich keine Ausrede parat. Wie sollte ich diesen Aufzug bloß erklären?

»Cosplay!«, kam es plötzlich aus Arians Mund geschossen.

Ich verharrte in meiner Position. Dann machte es klick.

»Ja, genau!«, rief ich aus. »Ich probiere mich im Cosplay. Man verkleidet sich wie ein Film- oder Seriencharakter und trifft sich mit Gleichgesinnten.«

Meine Mutter verdrehte die Augen. »Cos-was?«, fragte sie unverständlich. »Hat das wieder was mit diesen Kindercomics zu tun?«

Ich nickte, nur damit sie nicht genauer nachfragte.

Meine Mutter machte eine wegwerfende Handbewegung und wandte sich ab. Sie trottete in ihrem Seiden-Pyjama wieder nach oben in die Wohnung.

Nur mein Vater behielt mich länger im Augenschein. »Cosplay?«, hakte er nach. »Ich will mehr darüber wissen.«

Ich warf Arian einen Blick zu. Fast gleichzeitig verdrehten wir die Augen. Nicht schon wieder. Wenn mein Dad etwas nicht genau kannte, dann musste er auf der Stelle – sofort – alles darüber erfahren. Besonders betraf das Sportarten.

»Morgen«, ich spielte ein Gähnen vor, »ich falle gleich vor Müdigkeit um.«

Arian starrte auf seine Armbanduhr, die seit Monaten nicht mehr funktionierte. »Ach, so spät schon? Ich muss weg!« Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, machte er die Fliege.

Ich nahm meinen Rucksack an mich und lächelte meinen Vater unschuldig an. Dann humpelte ich an ihm vorbei. Ich bemühte mich, kein schmerzerfülltes Stöhnen von mir zu geben.

»Branwyn«, brummte mein Vater, ehe ich die Tür erreichen konnte.

Ich hielt inne. »Ja?«

Ich hörte, wie mein Vater seufzte. Sofort war er bei mir und stützte mich. »Wieso trägst du deine Schiene nicht? Ich weiß, dass ein Kostüm damit vielleicht nicht mehr so toll aussieht, aber du kannst sie doch nicht einfach ablegen. Wir wollen doch nicht, dass deine Verletzung schlimmer wird.«

Mein Vater half mir dabei, nach oben zu gelangen. Ich schwieg jedoch. Kein einziges Wort glitt über meine Lippen. Ich konnte und wollte die Situation nicht erklären. Es war schon schlimm genug, dass ich überhaupt erwischt worden war. In letzter Zeit passierte das häufiger. Wenn ich nicht besser aufpasste, war Tyron der nächste, der mich enttarnte. Und das war etwas, das ich um jeden Preis verhindern musste.

Dad begleitete mich bis in mein Zimmer. Er verschwand danach aber nicht. Er setzte sich neben mich aufs Bett und strich mir über den Rücken. »Alles in Ordnung, Schätzchen?«, fragte er. »In letzter Zeit verhälst du dich anders. Ich bin mir sicher, dass es nicht nur an deinem Fuß liegt.«

Ich erschauderte. War ich so schlecht darin meine Gefühle zu verbergen? Sonst war mir das doch immer perfekt gelungen. Dann hatte ich meine Mauer vor Dale fallen lassen. Wieder wurde mir schmerzlich klar, dass ich damit einen großen Fehler begangen hatte.

»Alles bestens«, presste ich hervor und mied den Blick meines Vaters.

»Teenager«, stöhnte er. »Können alles, aber nicht mit ihren Eltern über ihre Gefühle sprechen. Schon verstanden. Es muss an einem Kerl liegen.«

Fooling the Bad BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt