Kapitel 12 | Unterschätze Mädchen nicht

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STILL UND HEIMLICH ZOG ICH am Reißverschluss von Dales Sporttasche, was sich nun als etwas hartnäckiger herausstellte. Fest presste ich die Lippen zusammen und riss mich zusammen. Jetzt oder nie. Dale war im Schlafzimmer und zog sich zum Fußballspielen um. Wenn ich mich nicht beeilte, würde er gleich seine Sportschuhe aus dieser verdammten Sporttasche holen. Ich hätte in meinem Eifer nicht auf das Thema Sport kommen dürfen. Das war ein Fehler gewesen.

Meine Hand glitt in die Tasche, ich durchsuchte sie nach meinem Handy und als ich es endlich in den Händen hielt, wollte ich vor Freude anfangen zu jubeln.

Naja, soweit kam es nicht. Denn Moms acht verpasste Anrufe versauten mir die Laune. Genervt tippte ich den nächsten Anruf weg. Ich ignorierte sie so lange, bis sie mit der Ach-wir-können-vielleicht-doch-Kinder-kriegen-Geschichte zu mir kam und mit mir sprach. So ein wichtiges Thema konnte sie nicht einfach hinter meinem Rücken verbergen. Schlechtes Verhalten hin oder her.

Ich ließ mein Handy in meine Tasche rutschen und wollte Dales Sporttasche wieder schließen. Doch als sein Smartphone mich förmlich mit seinem Leuchten anzog, konnte ich nicht widerstehen. Prompt hielt ich Dales Handy in den Händen und versuchte seinen Code zu knacken.

1-2-3-4. Nein.

4-3-2-1. Nein.

0-0-0-0. Nein.

So dumm war er dann wohl doch nicht. Ich biss mir auf die Lippe. Ich fand schon heraus, wer dieses Herzgirl war. Vielleicht nicht jetzt, aber irgendwie würde ich schon dahinterkommen. Aber für jetzt hatte ich mir erst einmal eine andere Mission in den Kopf gesetzt.

Ein Quietschen ertönte, als Dale aus seinem Zimmer trat. Ohne zu zögern, warf ich sein Handy zurück in die Tasche und drehte mich zu ihm um. Dales muskulösen Oberkörper zierte ein dunkelgraues Shirt, das sich über seine Schulterblätter straffte. Obwohl es draußen kühl war, trug er eine kurze Sporthose, die locker anlag. Fehlten nur noch seine Schuhe. Mit klimpernden Wimpern trat ich zur Seite, damit er an seine Tasche konnte.

So wie er sich hinkniete und seine Laufschuhe hervorholte, schien er nichts bemerkt zu haben. Ich spürte für einen klitzekleinen Moment Erleichterung, dann sagte Dale: »Bediene dich ruhig an meinem Kleiderschrank. Oder willst du in dem Aufzug Fußball spielen?«

Meine Mundwinkel zuckten nach unten. Mit großen Augen starrte ich auf meinen Minirock und die High Heels. Scheiße.

Wenn ich mich umzog, dann könnte er vielleicht merken, dass ich es war. Obwohl, ich trug immer schwarz. Vielleicht merkte er nichts, wenn ich mir ein pinkes Sportshirt anzog? Aber Dale besaß wohl kaum ein pinkes Kleidungsstück. Ich könnte meine Seele darauf verwetten, dass sein Kleiderschrank nur aus den Farben schwarz, grau und weiß bestand.

Hastig ging ich auf die Tür zu, aus der er eben marschiert war und betrat sein Zimmer. Zu meiner Überraschung trotzte es nur so vor Sauberkeit. Große, weiße Schränke zierten die Wände. Es gab sogar eine Kleiderstange nur mir Lederjacken. Insgesamt zählte ich sieben. Wer zum Teufel brauchte so viele Lederjacken?

Ich wanderte zum kleinen Nachttisch, der neben dem Doppelbett stand. Pflanzen. Dale hatte wirklich Grünzeug in seiner Wohnung. Perplex starrte ich auf den Kaktus und die Orchideen. Langsam wurde es mir hier unheimlich. Wieso sah Dales Schlafzimmer so sauber aus. Damit niemand merkte, wie dreckig es hier in Wahrheit zu ging, schoss er mir durch den Kopf.

Obwohl ich mich dem Schrank widmen sollte, zog etwas Anderes meine Aufmerksamkeit in den Bann. Es war ein Foto. Ein silberner Bilderrahmen zeigte Dale mit einem Mädchen. Ihre Augen waren eisblau, das Haar golden. Wunderschön war das erste Wort, das mir in den Sinn kam.

Fooling the Bad BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt