Kapitel 14 - Regierungsangelegenheiten

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Jess kam sich vor, wie in 'Plötzlich Prinzessin', als sie im Inneren des Wagens stand und sich ausmalte, was das vermaledeite Ding wohl gekostet haben mochte.

"Daddys Auto, mh?", fragte sie frech, als Clyve einstieg und erst einmal genussvoll und mit geschlossenen Augen dem Klang des anlaufenden Motors lauschte. Er zuckte auf Jess Frage nur mit den Schultern, als er mit dem Vorderhuf die Bremse des Automatikautos kommen ließ und dann langsam den Wagen beschleunigte.

"Jain", gab er zu. "Gehört uns beiden. Ist aber nur für besondere Anlässe."

"Und du stehst auf sowas?", fragte Jess verwundert und erntete dafür prompt einen entrüsteten Blick von der Fahrerseite. Beinahe, als hätte sie ihm gerade gesagt, dass er in seinem Anzug wie ein Pinguin aussah - was er natürlich nicht tat.

"Frag das niemals einen Hengst, der einen Aston Martin fährt. Du könntest seine Gefühle verletzen - Und die seines Autos - Vor allem die seines Autos!"

Jess lachte laut auf, als sie das hörte. Manche Hengste waren einfach nicht zu verstehen. Wenn sie da an ihren pupsigen Corsa dachte, dem sie einen bunten Blumensticker auf einen Kratzer am Heck geklebt hatte, damit man ihn nicht mehr sah. Sie bekam beinahe Minderwertigkeitskomplexe. Und sie fühlte sich definitiv fehl am Platz. Sie war keine dieser Stuten, die es nötig hatte, in schnellen Autos durch die Gegend zu brausen. Auch, wenn es sicherlich irgendwo seinen Reiz hatte. Aber so eine Braut würde sie definitiv nie werden.

"Ich hoffe nur, dass alles gut läuft und er sich nicht blicken lässt", schnaubte Clyve, mit nun etwas besorgterer Miene.

"Wen meinst du?", hakte Jess nach. Clyve biss sich leicht auf die Unterlippe, als er Jess einen gequälten Seitenblick zuwarf.

"Es könnte sein, dass ich verpeilt habe, dass mein Dad heute ein Meeting in dem Restaurant hat. Mit dem Präsidenten. Wegen einer unheimlich wichtigen Sache, die die Zukunft von Amerika und der Beziehung zu Problemstaaten, wie zum Beispiel Arslanitan, stark beeinflussen könnte."

Jess schluckte, als sie das hörte. Clyves Vater? Nach allem, was Clyve ihr bisher über ihn erzählt hatte, war sie nicht besonders versessen darauf, ihn kennen zu lernen. Was würde sie sagen? Womöglich mochte er sie gar nicht. Sie war doch überhaupt nicht auf derselben gesellschaftlichen Ebene. Seine Familie war doch viel zu gut für sie. Das kleine Panikmännchen in Jess Kopf schlug Alarm und rannte mit erhobenen Hufen im Kreis herum.

"Mach dir keine Sorgen!", versuchte Clyve sie zu beruhigen. "Die Meetings finden immer in einem abgesonderten Raum statt. Soll ja nicht jeder mitbekommen, über was die Regierung sich unterhält."

Sie waren inzwischen in der Straße am Hafen angekommen, in der das Rossville Diner lag. Es war eine noble Gegend mit vielen, alten Villen aus hellem Sandstein mit kunstvollem Stuck an den Wänden. Einige von ihnen waren von hohen Hecken und Zäunen umgeben, andere waren von allen Seiten von Überwachungskameras umgeben. Jess lief diese Straße meistens nur dann, wenn sie in die Einkaufsmeile der Stadt wollte. Aber immer, wenn sie vor dem Rossville vorbeigekommen war, hatten sie die grimmigen Security Guards abgeschreckt, die vor der Tür Wache hielten. Sie redete sich in ihrem Kopf die ganze Zeit ein, dass sie Clyve einlassen und sie vor der Tür abweisen würden, wenn sie versuchte, die Schwelle des noblen Restaurants zu übertreten.

"Die Regierung, hehe", lachte Jess steif, als sie nach draußen blickte und die Unmengen an Pferden sah, die sich bereits vor dem Restaurant versammelt hatten. Pferde von der Presse, Pferde vom Fernsehen, Schaulustige und Gaffer, die einfach nur da standen, weil da eine große Menge Pferde stand und es wohl etwas Interessantes zu Sehen gab.

Und nun, als Clyve vorfuhr und vor dem roten Teppich vor der Tür hielt, richteten sich alle Blicke auf sie beide. 

"Entspann dich und bleib einfach bei mir", lächelte Clyve ruhig, bevor er ausstieg und einem freundlichen Parkhelfer die Schlüssel zuwarf. Clyve öffnete Jess Tür und sie tat, wie er es ihr gesagt hatte. Sie presste sich eng an seine Seite und folgte ihm auf Schritt und Tritt, immer bedacht darauf, nicht auf die lästigen Fotografen zu denken, die wild irgendwelche Fotos von ihnen schossen. 

A3360 - Lehren der VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt