(20) wieder im Krankenhaus

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Meine Mutter so zu sehen bereitete mir beinahe schon körperliche Schmerzen. Wie leblos lag sie auf dem Boden und bewegte sich keinen Zentimeter. Ihre Haut war schon ganz bleich. Ängstlich ging ich neben ihr zu Boden und wollte ihr helfen, hatte aber keine Ahnung wie.

Während ich langsam in Panik geriet und meine Hände zu zittern begannen, war Jayden die Ruhe in Person. Ohne zu zögern hatte er sein Handy aus der Hosentasche gezogen und eine Nummer gewählt. Wahrscheinlich die des Notrufes. Während er sich mit der Person auf der anderen Seite unterhielt legte ich vorsichtig die Finger auf den Handrücken meiner Mutter. Sie war kalt und feucht. War das normal?, fragte ich mich.

Ich wollte meinen Vater um Hilfe bitten, doch als ich zu ihm schaute erkannte ich, dass ich nicht viel Hilfe von ihm bekommen würde. Er stand wie versteinert vor seinem Sessel und starrte ins Leere. Auch er wirkte blas und schwankte etwas.

„Dad?" Ich rief mehrmals seinen Namen, doch er bewegte sich nicht. Nicht mal ein Muskel zuckte in seinem fast schon versteinerten Gesicht. Bevor ich endgültig die Nerven verlor, betrat Jayden das Wohnzimmer. Bestimmt drückte er meinen Vater in den Sessel und drückte ihm ein Glas Wasser in die Hand. Anscheinend hatte er noch einen schnellen Abstecher in die Küche gemacht.

Dann kniete er sich neben mich und schaute sich meine Mutter an. Dabei sprach er beruhigend mit mir.

„Der Krankenwagen sollte in einigen Minuten da sein. Wir sollen sie in die stabile Seitenlage bringen, damit sie sich nicht an ihrer eigenen Zunge verschluckt."

„Was?" Verwundert schaute ich Jayden zu wie er meine Mutter in die richtige Position brachte. Wie konnte man sich an seiner eignen Zunge verschlucken? Er schien meine Verwirrung zu bemerken und klärte mich auf.
„Die Zunge ist ein Muskel. Wenn man ohnmächtig ist, entspannt sich der Muskel wie alle anderen auch und wenn man auf dem Rücken liegt, rutsch er nach hinten und versperrt die Atemwege und es besteht die Gefahr zu ersticken."

„Woher weißt du das alles?" Ich war von seinen Kenntnissen beeindruckt und gleichzeitig sehr dankbar.
„Aus dem Erste-Hilfe-Kurs. Den muss man ja machen wenn man einen Führerschein machen möchte." Jetzt wo er das sagte, vielen mir einige Dinge ein, die ich ebenfalls in so einem Kurs gelernt hatte. Dass ich das alles vergessen hatte, wurde mir erst jetzt bewusst. Wenn Menschen wirklich auf meine Hilfe angewiesen wären, könnte ich ihnen nicht mal helfen. Und der Gedanke erschreckte mich. Wenn ich in dieser Situation mit meiner Mutter alleine gewesen wäre, hätte sie an ihrer eigenen Zunge ersticken können und ich hätte es nicht mal bemerkt.

Ich nahm mir vor gleich einen neuen Kurs zu belegen, sobald sich mein Leben etwas beruhigt hatte. Die Minuten schienen nur sehr langsam zu vergehen, bis ich dann endlich die Sirenen in der Entfernung hören konnte. Erleichtert atmete ich aus und sackte beinahe zusammen. Allein die Angst um meine Mutter hatte mich aufrecht sitzen lassen, doch jetzt wo die Hilfe ganz nah war, verließ mich die Anspannung und ich ließ mich nach hinten fallen.

„Kipp mir hier ja nicht um!" Jayden griff nach meinem Arm und schaute mir in die Augen. Auch er war angespannt. Seine Gesichtszüge wie versteinert. Und dennoch war er der Einzige, der einen klaren Verstand behalten hatte und meiner Mutter hatte wirklich helfen können.

Als dann endlich die Sanitäter das Wohnzimmer betraten, zog Jayden mich beiseite. Wir schauten gebannt den Sanitätern zu und beantworteten Fragen. Gerade als man meine Mutter auf eine Trage gelegt wurde, öffnete sie ihre Augen. Ihre Hand hob sich etwas und sie versuchte die Maske, die man ihr übergezogen hatte abzunehmen. Ihre Hand zitterte dabei so stark, dass sie es nicht schaffte. Was ihre Beteuerungen, ihr gehe es gut, alles andere als glaubwürdig erscheinen ließen.

his secretaryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt