Unerwartete Hilfe

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Luks PoV:

Raffzahn, der mit sprachlos offenem Mund und perplexem Blick das ganze Spektakel verfolgt hat, erholt sich langsam wieder. Ich hatte ihn beinahe vergessen. Zwar klingt seine Stimme noch etwas ungläubig, doch er kommt langsam in die Gänge. "Herrschaften. Vielleicht wollen Sie mir mal erklären, was das Ganze hier soll. Wir sind hier gerade bei einer Sanktion." Fragt mich bitte nicht, was dieses Wort bedeutet, ich habe nämlich keine Ahnung. Doch in Anbetracht des Gesamtbildes könnte man sich denken, was es heisst. Dem Gespenst scheint das Wort allerdings ein Begriff zu sein. Kein Wunder bei all den Kreuzworträtseln. Es dreht sich mit einer derart überheblichen Miene zu Raffzahn um, dass man die Frage aufkommen könnte, wer von beiden Schulleiter und wer Nervensäge ist. "Verehrter Schulleiter. Ich habe mich wohl verhört. Dieser Jungvampir steht selbstverständlich unter meinem Schutz. Und ich würde ihnen raten, ihm kein Haar zu krümmen." Wäre mal toll wenn Gabriel und ich auch so einen Beschützer hätten. Vielleicht nicht gerade so einen. Raffzahn mustert das Gespenst, als sähe er es zum ersten Mal richtig. Naja, bis jetzt hat er ja wirklich immer nur den Kopf gesehen. "Du willst also sein Beschützer sein. Hast du überhaupt schon Erfahrungen ausserhalb der eisernen Jungfrau gesammelt?" Offenbar fühlt sich das Gespenst über solch eine Frage erhaben. Denn es schweigt. Raffzahn wird ungeduldig. Das sehe ich daran, wie er die Finger bewegt und den ganzen Körper versteift. So ist er immer kurz bevor er zuschlägt. Und im nächsten Moment klatscht ein weisser wabbeliger Leib an die Wand. Hinter Raffzahn klatschen Marlon und Melanie Applaus. Armes Gespenst. Da wollte es einmal seinen grossen Auftritt haben und endet wie der Froschkönig aus dem Märchen. Nur bleibt es leider ein Gespenst. Doch der kleine Triuphschimmer auf Raffzahns Gesicht verschwindet sogleich wieder, als eine quäkende Stimme durch den Raum hallt. "Schulleiter. Ich glaube, ihnen ist nicht bewusst, wen sie vor sich haben. Ich bin Bartolomäus. Der 3. Ich bin ein Diener Draculas und wurde persönlich dazu auserkoren, seinen Sohn und Erben im Auge zu behalten, solange er ihn ihrem Ettablissement wohnt." Mir fällt die Kinnlade herunter und ich wechsle einen Blick mit Gabriel, der genauso durcheinander scheint wie ich. Draculas Sohn? An Kilis verzweifelter Miene sehe ich, dass dies die Wahrheit ist. Sogar Marlon und Melanie wirken verunsichert. Doch Raffzahn schlägt den Gipfel: Er lacht. Das Gespenst verschränkt beleidigt die Arme. Als Raffzahn sich beruhigt hat, geht er auf Kili zu und packt ihn am Kragen. "Draculas Erbe, ja? Meinst du? Dir haben wohl die Jahrhunderte eiserne Jungfrau nicht gut getan." Er zerrt Kili hoch und schleppt ihn zur eisernen Jungfrau herüber. "Schau mal her, was ich mit Draculas Erbe mache." Mit diesen Worten öffnet er die Tür und stopft Kili hinein, bevor er die Tür wieder mit einen Knall schliesst. "Metallspitzen.", erklärt er mit einem boshaften Lächeln. "Diese sind aus Silber." Mir läuft ein Schauder über den Rücken. "Nicht gut für Vampire. Für Menschen natürlich ebebso wenig. Doch sollte er tatsächlich ein Nachfolger Draculas sein, wäre dies ja kein Problem für ihn."

Gabriels PoV:

Heiliger Knoblauchzeh. Raffzahn hat nicht ernsthaft Kili in die Eisernejungfrau gesteckt. Das Gespenst kreischt erschrocken auf, und ehe man sich versehen hat, versucht es verzweifelt den Metallkasten zu öffnen. Schnell stehe ich auf, bücke mich unter Raffzahns Hand durch, die mich am Kragen packen will, und öffne das Ding. Kaum war es offen, rutscht der aufgespiesste Kili Zentimeter um Zentimeter von den Silberspitzen und klatscht auf den Boden. "Wehe Kili, wenn du unsverrascht!" Schrei ich den leblosen Körper an, während ich ihn hin und her schüttel. "Bei Draculas Eckzähnen, der kann nicht tot sein. Er ist ein Erbe Draculas..." Luk legt mir eine Hand auf die Schulter. "... Ein Erbe, das keinerlei vampirische Fähigkeiten hat." Schockiert seh ich Luk an. "Stimmt. Und das schlimmste ist, dass Raffzahn wusste, dass Kili keine Kräfte hatte!" Ich springe auf und stürme Richtung Raffzahn. Die Zähne gefletscht und kampfbereit. Weit komme ich allerdings nicht, weil sich Luk, woher der jetzt auch immer kommt, sich mit aller Kraft gegen meine Brust stemmt. "Gabriel, du machst die Situation nicht besser, wenn du jetzt Raffzahn umlegst. Oder willst du auch in der Eisernejungfrau enden?" Ich starre Luk an. "Lass den Scheiss, du weisst ich bin stärker als du! Und ich werde nur dann dort drinnen landen, wenn ich gegen Raffzahn verlieren werde, also mach den Weg frei!" Im nächsten Moment glaube ich, dass mein Kiefer bricht. Luk hat mir volle Kanne eine Ohrfeige verpasst. "DU KOMMST JETZT AUF DER STELLE RUNTER! UND HILFST MIR EIN GRAB FÜR KILI ZU GRABEN, VERSTANDEN?" Verwirrt schau ich Luk an, der mir im nächsten Moment den Leichnam in die Arme drückt. "Draculas Erbe, ja? Ich glaube, Bartolomäus, du hast dich getäuscht." Bevor wir die Antwort auf Raffzahns provokatoven Satz hören konnten, waren wir schon aus Raffzahn Büro verschwunden. Ruhig trotte ich hinter Luk her, der zwei Schaufeln über der Schulter trägt. Diese ganze Geschichte gibt überhaupt keinen Sinn. Kili ist Draculas Sohn, doch er hat keine vampirische Fähigkeiten, tortz dem reinsten Vampirblut in seinen Adern. Laut eigener Aussage, ist er von seinem Stamm abgehauen und hat eine Vampirjägerlehre gemacht. Und dann stirbt er in einer Eisernenjungfrau, einfach so. Apropos sterben von Vampiren, ich habe doch irgendwo gelesen... "Luk. Hol sofort Verbandszeug und ein Messer, dann komm in den Raum des Grauen." Bevor er mir antworten kann, düse ich mit einem Affenzahn davon. Im Raum des Grauen leg ich Kili vorsichtig auf den staubigen Tisch ab. Jetzt brauche ich nur noch eine lebende Ratte oder Maus. Ganz hinten im Raum hatte es mal ein Mauseloch in der Wand. Wenn Raffzahn das noch nicht zugenagelt hat, dann dürfe es dort noch sein. Ich kämpfe mich also an morschen Rohrstöcken, Gürteln und Weisssomstwas durch die ganze verstaubte Gesellschaft, bis ich hinten an der Wand angekommen bin. Und juhu, das Mauseloch ist noch da. Ich stecke eine Hand rein, in der Hoffnung, dass ich eine Maus oder Ratte packen kann, aber gegen alle meiner Erwartungen, beisst mir etwas in meinen Zeigefinger. Ich ziehe sofort meine Hand wieder raus, um mit freuden fest zu stellen, dass an meinem Finger eine kleine, braume Maus baumelt. Ich stehe auf, und sehe die Maus fasziniert an. In diesem Moment kommt Luk zur Tür rein.

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