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"Warte du hier. Ich gehe bestellen", gibt Danny von sich, während ich auf dem Stuhl Platz nehme. Ich nicke nur, woraufhin er auch schon verschwindet. Nach meinem Gefühlsausbruch im Pflegeheim hat mich Danny in dieses Café gebracht, damit ich mich endgültig beruhigen und wieder klar denken kann. Ob es auch wirklich etwas bringen wird, weiß ich aber nicht. Ich fühle mich so leer und schwach. Meine ganze Welt bricht langsam zusammen und egal wie sehr ich auch dagegen kämpfe, ich verliere. Meine Mutter entfernt sich immer mehr von mir und ich kann nichts dagegen tun, außer ihr dabei zu zuschauen. Ihr Zustand heute war wie ein Schlag in mein Gesicht, welches mir das Leben gegeben hat. Die harte Realität, die ich bislang nicht wahrnehmen wollte, rückt immer näher.
Seufzend krame ich mein Handy aus der Tasche und bemerke die vielen verpassten Anrufe von Sara und Alex. Ich rufe sie später zurück, denn in meinem jetzigen Zustand möchte ich ungern mit ihnen sprechen. Ich packe mein Handy wieder in die Tasche und schaue mich um. Neben uns ist nur ein altes Paar hier, die das Café jedoch gerade verlassen und demnach sind wir nun die einzigen Kunden. Es ist auch etwas spät, deshalb sind die meisten wahrscheinlich daheim.
Ich schaue aus dem Fenster und beobachte die dunkle Straße, die nur von einer Straßenlampe erhellt wird. Da es draußen auch ziemlich kalt ist, sind die meisten lieber in ihren warmen Häusern. Mittlerweile steht auch schon Danny wieder vor mir.
"Hier", sagt er und reicht mir meinen Kaffee rüber.
"Danke.." antworte ich, während er vor mir Platz nimmt. "..Tut mir Leid, dass ich heute so eine Last war. Das wird nicht wieder vorkommen."
Danny hebt bei den Worten seinen Blick und schaut mich ernst an. "Du warst keine Last. Sag das nicht mehr", antwortet er und nimmt einen Schluck von seinem Kaffee. So ganz glaube ich seinen Worten nicht. Wahrscheinlich hat er heute von mir ein Bild bekommen, welches er nie von mir erwartet hätte. Schwach, klein und zerbrechlich. Diese Seite wollte ich eigentlich niemals jemandem zeigen und vor allem nicht ihm.
"Danny?", gebe ich leise von mir und sehe ihm zögernd in seine Augen.
"Bin ich ein schlechter Mensch?.."
Meine Frage hat er anscheinend nicht erwartet, weil er mich mit einem verwirrten Gesicht betrachtet. Bevor er etwas sagen kann, fahre ich jedoch fort. "..Schlechte Menschen werden doch für ihre Taten irgendwann bestraft? Vielleicht werde ich das ja gerade auch? Vielleicht bin ich so ein schlechter Mensch, dass das Leben meine Mutter von mir nehmen muss?"
Daraufhin sagt er wieder nichts und mir wird bewusst, wie dumm die ausgesprochenen Worte gerade klingen.
"Sorry, das klingt so daneben. Ich weiß auch nicht, was ich da gerade von mir gebe..-", seufze ich leise, doch er unterbricht mich.
"Vielleicht passiert das Ganze gerade weil du ein guter Mensch bist? Schon mal an die Perspektive gedacht? Es werden immer die Menschen bestraft, die keiner Mücke schaden können. Die Schlechten wiederum finden ein Glück nach dem anderen. Es sind immer die Unschuldigen, die das Leben trifft", gibt er ernst von sich und ballt seine Hände zu Fäusten. In seinen Augen sehe ich dabei etwas, was ich nicht deuten kann. Es liegt etwas hinter seinen Worten, was ihn sehr wütend macht.

Trotz allem spiegeln diese Worte dennoch die pure Realität wieder. Meine Mutter ist eine der liebevollsten Menschen, die ich kenne und das sage ich nicht, weil sie meine Mutter ist. Sie hat in jedem Menschen nur das Gute gesehen, nie mit Vorurteilen gehandelt und niemals ein böses Wort gegenüber einer Person verloren. Nicht mal an den Mann, der uns das Leben damals zur Hölle gemacht hat. Sie ist einfach ein Engel und deshalb frage ich mich immer, warum gerade sie in ihrem Leben so viel durchmachen musste? Warum gerade sie in den besten Jahren ihres Lebens mit einer Krankheit zu kämpfen hat? Warum meine Mutter? Der Mensch, für den ich mein Leben direkt opfern würde. Ich drehe meinen Kopf wieder zum Fenster, damit er meine glasigen Augen nicht sehen muss. Meine schwache Seite will ich ihm nur ungern zeigen.
"Wie lange geht es ihr schon so schlecht?", fragt er mich und nimmt einen weiteren Schluck von seinem Kaffee. Hat er meinen Zustand gerade doch bemerkt?
"Paar Monate schon, doch sie hat es immer verdrängt und nie gezeigt. In letzter Zeit aber.." Ich halte inne und suche nach den richtigen Worten. Es fällt mir schwer darüber zu sprechen. "..In letzter Zeit hat sie aber ihren Kampfgeist endgültig verloren."
"Woher willst du das wissen?"
"Ich spüre das. Ich kenne sie doch", antworte ich und widme meine Aufmerksamkeit wieder ihm.
"Jeder Kampf hat ein Ziel und demnach auch ihr Kampf. Vielleicht hat sie ihr persönliches Ziel schon erreicht und ist nun glücklich, auch wenn du das nicht so siehst?"
Seine Worte überraschen und erinnern mich plötzlich an die Worte meiner Mutter.

StrangerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt