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In Gedanken versunken rühre ich mit meinem Löffel in meinem Kaffee herum und versuche das Chaos und all die Fragen in meinem Kopf wenigstens ein wenig zu ordnen, was jedoch keinerlei Erfolgsaussichten mit sich bringt, so wie es gerade aussieht.
"Also? Ich warte, Grace. Was wolltest du mir denn jetzt so dringend erzählen?..", fragt mich Alex ungeduldig und schlürft an seinem Cappuccino, bis er dann seine Blicke wieder auf mich richtet. "..Ist es irgendwas schlimmes? Habt ihr euch gestritten?"
"Nein, es hat nichts mit Danny und mir zu tun. Zumindest nicht direkt."
"Was dann? Ich mache mir schon seit deinem Anruf große Sorgen, denn deine Stimme klingt immer noch alles andere als gut. Zudem ist es auch ungewöhnlich, dass du mit mir mitten in der Woche in einem Café sprechen möchtest. Was ist passiert? Da Danny nicht hier mit dir ist, nehme ich mal an, dass du nicht willst, dass er davon mitbekommt?"
"Genau das weiß ich ja nicht..", seufze ich frustriert. "..Ich weiß nicht, ob Danny das wissen sollte oder nicht."
Verwirrt hebt er eine Augenbraue und starrt mich so an, als wäre ich eine endlose Chemieformel, die er nicht gelöst bekommt.
"Bist du etwa schwanger?..", fragt er mich mit großen Augen, doch ich schüttle den Kopf.
"..Was dann? Grace, ich kann dich nicht verstehen, wenn du es mir nicht heute noch erklären willst. Du verwirrst mich gerade einfach nur. Spuck es schon aus. Was ist passiert?"
Schließlich erzähle ich ihm daraufhin von Hansons Worten und Katrins Zustand, die eindeutig nicht so ganz zueinander passen.
"Grace, sowas musst du ihm erzählen! Es geht um seine Mutter", meint er ernst, nachdem ich ihm alles erzählt habe.
"Ich weiß. Der Meinung bin ich eigentlich auch, aber.." Ich halte inne, während er mich mit großen Augen beobachtet.
"Aber?"
"Ich habe Angst", gebe ich seufzend von mir und streiche mir einige Haarsträhnen hinters Ohr.
"Angst vor was?"
"Angst vor seiner Reaktion. Angst, weil er etwas dummes anstellen könnte durch seine Wut. Angst davor, dass ihm dieses Monster etwas tut.." Ich hebe meinen Blick und sehe ihn an. "..Du kennst Danny doch. Er sagt zwar, dass seine Mutter ihm egal ist, doch es ist nun mal seine Mom. Er liebt sie, auch wenn er enorm wütend auf sie ist. Wenn jemand seine Liebsten verletzt, dreht er durch und das weißt du auch."
"Ja, ich weiß. Deine Angst ist zwar berechtigt, aber denk mal weiter. Wenn er irgendwie davon erfährt und dann mitbekommt, dass du es ihm verheimlicht hast, dreht er erst recht durch, da du ihm alles bedeutest und er das von dir gerade nicht erwartet hätte..", entgegnet er mir, woraufhin die Verzweiflung in meinem Gesicht noch größer wird.
"..Es ist seine Mutter, Grace. Vielleicht leidet sie ebenfalls und Danny könnte ihr eine Stütze werden. Sie wird ja wohl kaum so einen Typen lieben können, der sie so behandelt? Deshalb solltest du es ihm sagen. Er hat das Recht die Wahrheit zu wissen, denn es geht um seine Familie."

Er hat recht.
Egal wie groß die Angst auch in mir ist, ich muss es ihm sagen. Es geht um seine Mutter und er vertraut mir.
Mit diesen Gedanken gehe ich nach dem Treffen wieder nach Hause. Da Danny noch auf der Arbeit ist, quälen mich die paar Stunden bis er Heim kommt, da ich immer und immer wieder die schlimmsten Szenarien in meinem Kopf durchgehe, die mich bald zum durchdrehen bringen werden. Ich hasse diese Art an mir, doch ich kann es einfach nicht unterlassen.
Um ein wenig Ablenkung finden zu können, kümmere ich mich um den Haushalt und mache das Abendessen, damit es auch schon für Danny bereit steht. Nachdem das dann auch erledigt ist, will ich aber vor dem Gespräch mit ihm, erstmal mit Katrin sprechen. Ich will wissen, ob meine Befürchtungen der Wahrheit entsprechen, also nehme ich mein Handy und wähle ihre Nummer. Beim ersten Mal erreiche ich niemanden, doch ich probiere es direkt ein zweites Mal und diesmal geht sie auch dran. Zunächst einmal führe ich ein wenig Smalltalk mit ihr, wünsche ihr nochmal persönlich gute Besserung und frage sie nach ihrem Zustand. Sie freut sich über die Nachfrage und teilt mir mit, dass es ihr schon langsam besser gehe. Während sie mir diese Worte mitteilt, geht mir das Bild von ihrem Zustand nicht aus dem Kopf. Ich muss einfach fragen, egal wie blöd sie das auch aufnehmen wird.
"Katrin, bist du wirklich von den Treppen gestürzt?"
"Ja, es war ein kleiner Unfall. Meine Tollpatschigkeit führt mich leider oft in so blöde Situationen", antwortet sie mit deutlich verunsicherter Stimme und lacht verlegen.
"Ich habe dich gesehen. Ich habe dein Gesicht gesehen. Das alles kann nicht von dem Sturz kommen. Das glaube ich dir niemals..", entgegne ich ihr ernst, woraufhin eine große Stille am anderen Ende entsteht. "..Bitte sag mir die Wahrheit, Katrin. Hat er dir das angetan?"

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