Die Zeit vergeht.
Sie vergeht, auch wenn ich es nicht will.
Seitdem Sara gegangen ist, sind nun ganze vier Wochen um. Eine harte Zeit, die mich ziemlich mitgenommen hat. Vor allem aber hat die Gewöhnung an ihre Abwesenheit mir viel Kraft gekostet, da ich es selbst bis heute nicht wirklich akzeptieren kann. Die Tatsache, dass sie nicht mehr in ihrem Haus wohnt, sondern ganz weit weg, ist einfach belastend. Es tut weh, aber dennoch sind diese vier Wochen irgendwie vergangen. In dieser Zeit ist auch viel geschehen, wenn ich nun zurückdenke.
Am Anfang habe ich tagtäglich Tränen vergossen, wenn ich an Sara gedacht habe. Ich habe versucht es wirklich zu akzeptieren, doch auch wenn man es sagt, kann man sich selbst nun einmal nicht belügen. Wir haben zwar viel telefoniert und sie schien auch sehr glücklich dort zu sein, was mich ein bisschen beruhigen konnte, aber dennoch ist es nicht dasselbe wie früher als sie hier war. Es fehlt irgendwas und das ist nun mal Tatsache. Nicht nur in meinem Leben, sondern auch in denen von Alex und Danny. Sie fehlt uns allen und natürlich hat ihre Abwesenheit sich auch am Anfang auf unsere Freundschaft ausgewirkt, aber mit der Zeit haben wir uns allmählich wieder aufgebaut und heute akzeptieren wir die Realität einfach, auch wenn sie hart ist. Die Jungs sind in der Hinsicht aber stärker als ich, da mir dies wirklich selbst heute noch ziemlich schwer fällt. Ich arbeite aber daran und da ich weiß, dass sie dort glücklich ist, fällt es mir von Tag zu Tag einfacher.
Weiterhin habe ich Dannys Angebot letztendlich doch angenommen und bin vor ein paar Tagen endlich bei ihm eingezogen. Ich habe einfach keine andere Wahl gehabt, da ich die Miete und die Kosten des Hauses nicht mehr finanzieren konnte. Bis heute habe ich nämlich noch keinen Job finden können und mittlerweile habe ich meine Hoffnung nun auch endgültig verloren. Diese Entscheidung ist mir so schwer gefallen. Nicht, weil ich nicht mit Danny wohnen möchte, sondern weil ich mit diesem Haus so viele Erinnerungen verbinde. Schöne, sowie schlechte Erfahrungen, Tränen und Freude, Liebe und Leid, Träume und Ängste.. All dies habe ich in diesem Haus gemacht, indem ich auch aufgewachsen bin. Das Haus, welches ich mit meinen Eltern verbinde. Mich von diesem Haus zu verabschieden, hat mir wirklich viele Tränen gekostet. Vor allem als ich das Zimmer meiner Mutter ausräumen musste und so viele alte Sachen von ihr gefunden habe, die damals eine extrem große Bedeutung für sie hatten. Die meisten Möbel und Sachen habe ich verkaufen müssen, da diese schon alt waren und unnötige Kosten für den Transport mit sich gebracht hätten. Zwar hat Danny mir angeboten, alles was ich will mitzunehmen, doch das wollte ich nicht. So ist es besser, da mich sonst ständig alte Erinnerungen einholen würden.
Trotz allem habe ich die Sachen und Möbel, die mir extrem viel bedeuten, mitgenommen. Es hat einige Tage gedauert bis ich mich etwas einleben konnte in dem neuen Haus. Mithilfe von Danny und Alex haben wir die paar Möbelstücke transportiert und aufgebaut und auch die vielen Kisten in dem ehemaligen Zimmer von Dannys Eltern, welches nun leer steht, verstaut. Heute wollte ich diese aber mal auspacken und etwas Ordnung in das Haus bringen, was aber leichter gesagt, als getan ist. Bei diesen vielen Kisten kann ich bis spät in die Nacht wohl auspacken und ordnen.Frustriert stehe ich davor und schaue mich um.
"Wie soll ich das denn alles schaffen?", seufze ich genervt, nehme auf dem Boden Platz und schaue mir die Beschriftung der verschiedenen Kisten an, um zu gucken, mit welcher ich anfangen will.
"Ne, die nicht.. Die auch nicht.. Nein.. Zu viele Kleinigkeiten, nein danke..", murmle ich leise vor mich hin, während ich eine nach der anderen zur Seite schiebe und die nächste große Kiste zu mir ziehe. "..Alte Erinnerungen? Was ist da denn drin?"
Neugierig öffne ich die Kiste mit einem Messer und alleine der erste Blick genügt schon, um mir ein Schmunzeln auf die Lippen zu zaubern. Vor mir habe ich nämlich viele alte Puppen und Barbies, die aber alles andere als gut aussehen. Die meisten wurden angemalt und in zu große Klamotten gesteckt, während vielen anderen wiederum Teile vom Körper fehlen, wie zum Beispiel die Augen, Arme oder ab und an sogar der Kopf. Vielen Barbies wurden sogar die Haare abgeschnitten oder angemalt und sie sehen einfach nur schrecklich aus. Verantwortlich dafür waren natürlich Sara und ich. Wir haben es geliebt unsere Puppen zu 'verschönern', obwohl wir sie in Wahrheit einfach nur verunstaltet haben. Das waren Zeiten damals gewesen. Wir haben diese Puppen als kleine Mädchen so geliebt und haben dadurch sogar Danny und Alex vernachlässigt, die damit einfach gar nichts anfangen konnten. Irgendwann haben sich unsere Interessen dann geändert und diese Puppen wurden nicht mehr angefasst. Meine Mutter wollte sie wohl damals aber nicht in den Müll werfen und hat sie im Dachboden verstaut. Bis heute wusste ich nichts davon und sie hat mir heute nach all den Jahren damit ein Lächeln ins Gesicht gezaubert, aber gleichzeitig auch eine Träne über meine Wange rollen lassen.
"Du bist unglaublich, Mom", murmle ich leise, wische mir die Träne weg und streiche der alten Puppe durch die bunt gefärbten Haare.
"Was machst du da?", höre ich plötzlich Dannys Stimme hinter mir sagen und zucke erschrocken zusammen.
"Oh Gott..", seufze ich und drehe mich um. "..Musst du dich jedesmal so anschleichen?"
"Sorry..", antwortet er ruhig und seine Blicke bleiben an der Puppe in meinen Händen hängen. "..Woher hast du die denn her?"
"Die Puppe? Die habe ich gerade in der Kiste hier gefunden. Meine Mom hat sie damals wohl nicht in den Müll werfen wollen und das obwohl sie so schrecklich aussehen. Typisch für sie."
Trotz meiner Freude diese alten Erinnerungsstücke in meinen Händen zu halten, zeigt sich auch gleichzeitig die Trauer in meinem Gesicht.
Danny, der dies ebenfalls bemerkt, kommt auf mich zu und kniet sich vor mich.
"So schrecklich sehen sie gar nicht aus. Sie sind halt nur speziell", meint er, was bei mir ein Kichern auslöst.
"Ist das die nette Ausdrucksweise für sie sehen scheiße aus?"
Er hebt seinen Kopf und ein Schmunzeln verziert sein makelloses Gesicht.
"Sie sehen nur speziell aus und das ist auch gut so. Solche Puppen findet man bestimmt kein zweites mal, also sollten wir sie aufheben für unsere zukünftige Tochter."
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Stranger
Romance》"Du hättest hier sein müssen", schluchze ich und richte meine Blicke auf diesen fremden Jungen, der mir damals noch die Welt bedeutet hat. "Ich weiß", seufzt er, lässt sich auf den Stuhl fallen und senkt seine Blicke auf den Boden. "Du weißt? Das i...