Der Griff ins Feuer brachte ihr vermutlich weitere Narben, doch er rette auch ihr Leben. Dagna spürte wie ihr die Haut von den Knochen gebrannt wurde und schrie vor Qualen. Sie ertastete ein Stück zu Kohle zerfallenes Holz und schleuderte es mit aller Kraft nach hinten. Ein wütendes Zischen sagte ihr, dass sie ihr Ziel nicht verfehlt hatte. Sie wirbelte herum und blickte direkt in die leeren Augen eines Wiedergängers. Die Kohle hatte ihm eine Brandblase direkt über dem rechten Auge beschert, doch ansonsten schien sie ihn nur noch wütender gemacht zu haben. Die krallenbewehrte Hand des Monsters packte ihre Kehle schneller, als dass sie auch nur mit der Wimper zucken konnte, dann spürte sie, wie ihre Füße den Boden verließen. Eine unbeschreibliche Kraft hielt sie empor und schnürte ihr die Luft ab. Dagna röchelte. Im Hintergrund hörte sie verschwommen Gales Schrei. Der Willenlose ließ ein Geräusch erklingen, was dem Knurren eines Hundes ähnlich kam, dann schleuderte er sie zur Seite. Sie flog mehrere Meter durch die Luft und spürte dabei, wie der Dolch aus ihrem Gürtel rutschte, dann prallte sie auf die harte Erde. Alle Luft wurde ihr aus den Lungen gedrückt und für mehrere Augenblicke lang konnte Dagna nicht atmen. Etwas Schweres landete neben ihr und gleich darauf hatte sie Asche im Gesicht. Dann wurde ihr Kopf angehoben und zurück auf den Boden geschmettert. Blitze explodierten in ihrem Gesichtsfeld und ein glühender Schmerz bohrte sich durch ihre Gedanken. Über sich sah sie undeutlich, wie die Kreatur auf sie hinabstarrte. Es bleckte die Fangzähne und Dagna machte sich bereit für den Tod. Da ging ein Ruck durch den Körper über ihr. Ungläubig schaute sie dabei zu, wie die soeben in der Brust des Monsters ausgetretene Klinge wieder zurückgezogen wurde. Die Haut des Willenlosen wurde zu schwarzem Rauch, der vom Wind erfasst und zu Nichts verweht wurde. Als sich ihre Sicht wieder klärte sah sie Gale, der fassungslos auf ihren Dolch herabsah, den er offensichtlich aufgesammelt hatte, so als könnte er nicht glauben, was soeben geschehen war. Dann fiel ihr Blick auf sie und er kniete nieder, um ihr zu helfen. „Ist alles in Ordnung?“, fragte er und reichte Dagna seine Hand um ihr beim Aufstehen zu helfen. Diese griff sich jedoch an den pochenden Hinterkopf. Als sie sie wieder zurückzog, glänzten ihre Fingerspitzen rot vom Blut. Sie stöhnte: „Das ist nicht gut, wir müssen sofort hier weg!“, dann richtete sie sich aus eigener Kraft auf und lief zum Feuer zurück. Die Welt um sie herum drehte sich schwindelerregend und sie wankte. Gale folgte ihr stutzig, die Hand auf seinen blutigen Bauch gelegt. Sie feinen Schnüre, die seine Wunde zusammenhalten sollten, hatten der Wucht des Angriffs auf den Willenlosen nicht standgehalten und waren zum zweiten Mal aufgerissen. „Warum hast du es so eilig? Du musst dich ausruhen und dich um deine Wunde kümmern!“, rief er aus und packte ihren Arm. Dagna wollte sich losreißen, doch er hatte mehr Kraft als sie. Gale zwang die junge Frau, ihm in die Augen zu sehen. „Dagna…“, sagte er und bei den darauffolgenden Worten glühten seine Augen. „Du bist fast der einzige Mensch, dem ich bei meiner Reise begegnet bin. Ich weiß, du kannst mich nicht leiden und durch meine Gesundheit versprichst du dir nur Sicherheit. Ich verstehe das. Wenn man in dieser neuen Welt überleben will benötigt man eine gehörige Portion Egoismus. Aber ich habe das Gefühl, dass uns mehr verbindet als nur unser Trieb zum Überleben. Ich weiß nicht was, aber ich halte daran fest und beschütze dich, bis du meiner überdrüssig wirst oder ich mein Leben dabei verliere. Ich hoffe nur, dass ich es so lange behalten kann, bis ich weiß, woher ich dich kenne.“ Dagna hatte plötzlich einen Kloß im Hals. Auch sie konnte das Gefühl nicht loswerden, ihren soeben neu dazugewonnenen Gefährten irgendwoher zu kennen. Und seine Worte erinnerten sie an etwas… ein warmes Leuchten, zärtliche Gesten und Stimmen und ein Ort, an dem sie sicher war. Gale ließ sie los.
„Ich verspreche es.“, sagte er.
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Todeswispern
Mystère / Thriller„Zu spät. Die Zähne gruben sich scharf in seine Kehle. Gleich darauf riss ein gleißender Schmerz seinen Körper samt Seele entzwei. Das Messer in seiner Hand fühlte sich mit einem Mal tonnenschwer an. So ließ er es fallen. 'Ich habe verloren.' Alle...