Kapitel 4

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MONSTER – Kapitel 4 –

Angestrengt versuchte Seokjin gegen seine aufkommende Müdigkeit anzukämpfen. Er merkte, wie ihm immer wieder die Augen zu fielen und sein Kopf leicht nach vorn sackte. Er hatte den Worten der Lehrerin schon längst nicht mehr folgen können. Egal wie sehr er versuchte sie anzusehen und sich auf das Gesagte zu konzentrieren, schien es keine funktionierende Verbindung zwischen seinem Gehör und seinem Gehirn mehr zu geben. Die letzten Nächte hatte er kaum ein Augen zu machen können. Einerseits lag es an seiner Mutter, die ihm jeden Abend Standpauken hielt und darauf bestand, bei ihm im Zimmer zu bleiben, während er lernte. Die letzten Examergebnisse hatte sie, wie erwartet, nicht so gut aufgenommen, ebenso wenig wie sein ramponiertes Äußeres. Ebenso war der ständige Druck sein Pensum aufrecht zu erhalten, kaum noch zu bewältigen. Egal welches Fach, Namjoons Hand schoss immer vor Seiner nach oben, er schien einfach wirklich in Allem besser zu sein als er und die Antworten immer zuerst zu wissen. Und so langsam begann Seokjin zu resignieren und hinterfragte seine eigenen Motive, die er so blind zu verfolgen schien. Motive und Ziele, die eigentlich gar nicht Seine waren, sondern vollkommen aufgezwungen waren. Seokjin bettete sein Kinn in seiner Handfläche und wand den Blick zum Fenster, beobachtete, wie der Regen gegen die Scheiben gepeitscht wurde, ließ sich von dem Geräusch des beruhigenden Prasselns ablenken. Die Worte der Lehrerin waren inzwischen völlig in den Hintergrund geschoben worden.

Musik.

Das war seine eigentliche Leidenschaft. Seine Eltern sahen ihn allerdings eher als erfolgreichen Chefarzt, als einen Musiker und nahmen seine virtuosen Interessen kaum bis gar nicht ernst. Dabei war das Einzige, in dem er ohne große Anstrengung gut war, Gitarre und Klavier spielen. Er musste nicht viel dafür tun, es fiel ihm so einfach diese Instrumente fehlerfrei zu beherrschen, das es manchmal wie eine kurze Pause vom restlichen Leben wirkte. Die einzige Chance, dieser Leidenschaft nachzugehen, war die Schulband, in der er seit einigen Jahren spielte. Zuhause durfte Seokjin nur Klavier an Weihnachten oder anderen Feierlichkeiten spielen, eine Gitarre durfte er nicht einmal besitzen. Seine Mutter war der festen Überzeugung, dass sie ihn nur Ablenken würde. Tonlos seufzte er in seinen eigenen Gedankengang. Singen würde er auch gern und wenn er es tat, dann eigentlich nur Zuhause, wenn niemand Anderes da war. Er hatte bisher nicht den Mut oder das Selbstbewusstsein gehabt, sich für den Schulchor zu bewerben. Und außerdem demotivierte die Meinung seiner Eltern, die es sowieso verbieten würde, ihn schon in Vorhinein es überhaupt zu probieren.

Als es plötzlich vollkommen still war, blickte Seokjin verwundert auf und bemerkte, das die ganze Klasse ihn anstarrte, eingenommen der Lehrerin, die ihn mit strengen Blick musterte.

„Sind Sie noch bei uns, oder stört der Unterricht Sie bei Ihren Tagträumereien?", fragte sie mit einem tadelnden Unterton in ihrer Stimme und die Klasse lachte.

„Ich habe Sie darum gebeten, die nächste Aufgabe vorzulesen und Sie zu lösen."

„Oh...", hauchte Seokjin und fühlte sich etwas überfahren, blickte fragend auf sein Textbuch.

Er hatte nicht mal eine Ahnung, ob er überhaupt noch auf der richtigen Seite war. Nervös biss er sich auf die Unterlippe und merkte, wie ihm die Schamesröte in die Wangen schoss, ehe plötzlich ein Stuhl zurück geschoben wurde. Verwundert blicke er auf und sah wie Namjoon in der Reihe vor ihm aufgestanden war, mit seinem Textbuch in der Hand. Er kam der Aufforderung nach und las die Aufgabe laut vor, ehe er sich zu Seokjin umdrehte und ihn auffordernd anblickte. Etwas perplex starrte Seokjin ihn an, ehe er sich selbst eilig von seinem Stuhl erhob und die, von Namjoon vorgelesene, Matheformel schließlich mündlich löste.

„Da haben Sie aber noch mal Glück gehabt, das Kim Nam Joon so freundlich war, Ihnen aus der Patsche zu helfen. Ich lasse das Ausnahmsweise gelten. Aber Sie sollten sich bedanken und dann wieder konzentrierter dem Unterricht folgen."

MONSTER - the creatures we love pt. 1 | BTS NamjinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt