Kapitel 8

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MONSTER – Kapitel 8 –

Die erste Phase der Veränderung war Namjoon ziemlich schnell aufgefallen. Sie war so drastisch gewesen, dass er beinahe annahm, Seokjin wurde über Nacht von Aliens entführt und gegen einen Klon ausgetauscht. Seokjin war die meiste Zeit völlig aufgekratzt und plapperte ohne Punkt und Komma. Dann konnte er aber plötzlich von einen auf den anderen Moment so konzentriert sein, das es ihm schon fast unheimlich war. Im Unterricht schrieb er wie ein Besessener mit. Nach einer Weile hatte Namjoon aufgehört zu zählen, wie viele Notizhefte er in den letzten Wochen voll geschrieben hatte. Was dabei völlig aus dem Rahmen fiel, waren die dunklen Schatten unter seinen Augen, denn ansonsten schien Seokjin voller Vitalität zu stecken. Denen nach zu urteilen wirkte es eher so, als würde er keine Minute Schlaf finden. Dennoch nahmen sein Notenspiegel und sein Lernpensum einen starken Grad nach Oben an. Er meldete sich fast ununterbrochen und konnte selbst in sämtlichen sportlichen Aktivitäten seine eigenen Rekorde brechen. Seokjin war plötzlich kein stiller Einzelgänger mehr. Er hing jetzt immer mehr mit anderen Leuten rum und war nicht mehr nur allein und still für sich. Bei der zweiten Phase wunderte sich Namjoon, ob es eher aus einer Verzweiflung heraus entstand. Seokjin würdigte ihn keines Blickes mehr, sprach nicht mehr mit ihm und wenn er ihn ansprach, gab er ihm schlicht und einfach keine Antwort. Und er merkte, wie es ihn zunehmend nervöser machte, wenn Seokjin schon fast schnippisch seinen Kopf von ihm weg drehte, wenn er mit ihm redete. Er konnte es dann förmlich in den Fingern spüren, das Verlangen, sein ungeniert hübsches Gesicht zwischen seine Finger zu nehmen und ihn dazu zu zwingen, ihn anzusehen. Seokjin tat bei Allem genau das Gegenteil von dem, was er wollte und das trieb ihn in den Wahnsinn. Er konnte sich nicht genau erklären, wieso es so war, aber er hatte sich so an die Situation gewöhnt, das Seokjin ihm beinahe gehörig war, das er durchwegs genossen hatte. Der Verlust über die Kontrolle ließ ihn manchmal fahrig werden und auch Ari musste manchmal darunter leiden, wenn sein Geduldsfaden wieder etwas schneller riss, als er es eigentlich sollte. Er schnauzte sie dann an und sie weinte anschließend. Und er war nicht sonderlich gut darin, sie wieder zu beruhigen. Die Situation zerrte deutlich mehr an seinen Nerven, als er es zulassen wollte. 

Als Seokjin in der dritten Woche in Folge nicht zu ihrem verabredeten Nachhilfeunterricht erschien, platze ihm endgültig der Kragen. Es dauerte nicht lang, bis er herausgefunden hatte, wo Seokjin sich herum trieb. In letzter Zeit war er häufig in der Schwimmhalle. Ein neuer Schulwettkampf stand bevor und er schien wie Besessener dafür zu trainieren. Wie ein seelenloses Wesen versuchte er offensichtlich sich in allem zu übertreffen. Und selbst übertreffen schien ihm nicht mehr gut genug zu sein. Eine Weile beobachtete Namjoon ihn vom Beckenrand aus. Es dauerte einige Minuten, bis Seokjin ihn bemerkte und schließlich etwas unfreiwillig zu ihm rüber geschwommen kam. Genervt wischte er sich das nasse Haar aus dem Gesicht und blickte vom Wasser aus zu ihm auf.

„Was willst du? Bist du jetzt auch noch ein kranker Stalker, oder was?", fragte er mit einem deutlich hörbar entnervten Ton und Namjoon knirschte mit den Zähnen. Er erkannte ihn nicht mehr, keine einzige Gestik oder Mimik. Er erkannte ihn im keinem Wort mehr, dass er sagte und er entglitt ihm immer mehr. Blind vor Zorn hob Namjoon seinen Fuß und presste Seokjins Kopf mit ihm schließlich gewaltsam unter Wasser.Einige Luftblasen stiegen an die Wasseroberfläche und er beobachtete, wie Seokjin versuchte sich verzweifelt zu wehren. Die Szene ließ ihn zuerst eine gewisse Befriedigung verspüren, bis ihm plötzlich eine Erinnerung förmlich in den Kopf schoss.

Sie war vollkommen stumm, herausstechend waren nur die bunten Lichter des Riesenrads, die sich in Seokjins Augen an jenem Abend fast magisch widergespiegelt hatten. Er hatte ihn mit diesem verzweifelten Blick angesehen und in seinem Kopf konnte er sehen, wie sich seine Lippen bewegten, aber die Worte, die er sagte, schienen ihn nicht mehr zu erreichen. Das einprägsamste war der Moment gewesen, in dem er sich plötzlich zu ihm vorgebeugt hatte und ihn mit seinen vollen Lippen so sanft geküsst hatte. Als wäre es das Selbstverständlichste der Welt.

MONSTER - the creatures we love pt. 1 | BTS NamjinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt