20. Kapitel

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Samsons P.O.V

Interessiert beobachtete ich meine neue Umgebung, während ich ab und zu, ein paar Worte mit Nemo wechselte. Die Stute, die in der Box neben mir stand, legte immer die Ohren an, wenn ich auch nur in ihre Richtung schaute. Gerne würde ich wissen, was passiert war, dass sie so abweisend geworden war. Gerade als ich sie ansprechen wollte, kam ein rundlicher Mann hinein. Meinen Vermutungen zufolge, war er der Futtermann, weil er begann, Heu in den Boxen zu verteilen. Freudig wieherte ich ihm entgegen, als er mir das Heu hinein schob. Leider lächelte er nicht und behielt seine grummelige Miene. Somit war er mir gleich unsympathisch.

Bevor ich weiter über ihn nachdenken konnte, machte ich mich lieber über mein Heu her. Es schmeckte nicht so gut wie das, bei Emely. Traurig dachte ich daran, wie es ihr gerade wohl ging. Ich vermisste sie sie so sehr. Leider nicht nur sie, sondern auch meine Freunde Nelly, Moritz und Frieda. Außerdem dachte ich daran, dass Nemo und ich, sicherlich nicht zusammen verkauft werden würden, was mich sehr traurig machte. ,,Hey, nicht traurig sein!", bat mich Nemo, welcher wohl gesehen hatte, das es mir gerade nicht so gut ging. ,, Ich versuche es!", meinte ich und strengte mich an, an etwas schöneres zu denken, was mir dann auch gelang. Ich dachte daran, wie es wohl wäre, wenn ich von einem ganz lieben Mädchen gekauft werden würde. Ein Mädchen, welches sich gut um mich kümmern würde. So wie Emely!

...

Nachdem die Abendfütterung vorüber war, wurde es wieder leiser im Stall, weil nun alle Pferde hier beschäftigt waren. Allerdings war mir aufgefallen, dass die Pferde hier generell viel ruhiger waren als in Emelys Stall. Die meisten Pferde starrten mit traurigem Blick die Trennwand ihrer Box an. Niemand schien hier wirklich glücklich zu sein.
Nach einer Weile, begann ich mich mit Nemo zu unterhalten.

Wir sprachen gerade darüber, wie unser erster richtiger Tag hier wohl werden würde, als wir von einer Stimme unterbrochen wurden. Es war die Schimmelstute in der Box neben mir, die sich nun an uns gewendet hatte. Als sie zu sprechen begann, hörten ihr alle zu. Niemand wollte sie unterbrechen.

,,Als ich noch klein war, villeicht ein Jahr alt, wurde ich verkauft. Meine neuen Besitzer warteten nicht lange, so dass ich mit erst zwei Jahren eingeritten wurde. Ich war natürlich noch viel zu jung, aber sie wollten mich unbedingt auf die Rennbahn schicken. Dort lief ich einige Jahre, bis ich für sie "verbraucht " war und sie mich verkauften. Meine neue Besitzerin kümmerte sich gut um mich. Sie schenkte mir noch ein weiteres Koppeljahr, wofür ich ihr sehr dankbar war. Nach diesem Jahr, begann sie dann wieder langsam, mich zu reiten. Wir hatten wirklich eine schöne Zeit zusammen und haben viele tolle Momente miteinander erlebt, bis sie mich leider verkaufen musste. Es war ihr finanziell einfach nicht mehr möglich, ein Pferd zu halten. Tierarzt, Hufschmied, Futter, Stallkosten und die ganzen Extras eben. Meine neuen Besitzer behielten mich auch nicht lange, weil ich sie aus Frust immer abgebockt hatte. Da es ihnen so zu riskant wurde, mich weiter zu reiten, brachten sie mich zum Händler. Mein Leben verbessert, hat dieser Ort hier auf jeden Fall nicht. Der Händler reitet mich viel zu eng im Hals. So macht mir die Arbeit gar keinen Spaß mehr. Wenn ich jemanden mag, arbeite ich natürlich auch gerne mit, aber so... so will ich einfach auch nicht mehr. Und ich wünsche euch allen, aber auch mir, dass jeder von uns einem ganz tollen Platz findet, an dem er sich richtig wohl fühlt. Villeicht habt ihr, wie ich, so einen Platz ja auch schon kennengelernt. Dann könnt ihr euch glücklich schätzen!", endete die große Stute nun.

Einige Pferde nickten zustimmend, andere schauten einfach nur wissend in ihre Richtung. Wir alle kannten die Gefühle, die sie uns beschrieben hatte. Sie vermisste ihre alte Besitzerin, ich vermisste Emely. Aber auch Nelly, Frieda und Moritz. Zum Glück hatte ich ja auch noch Nemo hier bei mir. Das war auch gut so, denn dann konnten wir alles zusammen durchstehen. Genau, wie bei unserer alten Besitzerin, bei der ich auch Nemo kennengelernt hatte. Ich bewunderte ihn sehr, denn bei all seinem Leid hatte er nie die Lebensfreude verloren. Er hatte immer versucht, alles positiv zu sehen, auch wenn es noch so schwer gewesen war.

Samson-Mein Leben als PferdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt