29. Kapitel

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Unfähig irgendetwas zu tun stand ich da und starrte den Staubhaufen an. War das gerade eben nicht noch eine Frau gewesen? Verwirrt musterte ich die Klamotten, in denen vor wenigen Sekunden noch ein Lebewesen gesteckt hatte. Was hatte ich getan?

"Du kleine Hure!", hörte ich es hinter mir, kurz bevor ein schmerzerfülltes Stöhnen zu hören war. Perplex drehte ich mich um und sah den Cereaner vor mir liegen. Er wand sich vor Schmerzen. Mein Blick glitt zu Damon, der anders als erwartet nicht den Cereaner sondern mich ansah.

Als sich unsere Blicke trafen, konnte ich plötzlich nicht mehr. Ich sank auf die Knie und schluchzte los. Gleichzeitig trommelte ich aber auch mit meinen Fäusten auf den verfluchten Boden. Was hatte ich nur getan? Wann hatte ich angefangen, mich so dermaßen zu verändern? Wann..?

"Bleib weg von mir!", sagte ich laut. Ich spürte genau, dass Damon unmittelbar neben mir stand. Aber das letzte, was ich jetzt wollte, war ein weiteres Menschenleben auf dem Gewissen. Zumal ich mich damit selbst umbringen würde. Wobei das vielleicht gar nicht so schlimm wäre. Dann würde der Schmerz aufhören. Für Noel, Luna, Sam, Keigh, Großvater, Maira und alle anderen Leute, für die ich eine Bedrohung darstellte. Selbst für Damon und mich.

Der kniete sich allerdings vor mich hin und nahm meine Hände. Erschrocken hielt ich die Luft an und wartete auf die unermessliche Kraft. Doch es passierte nichts. Erleichtert stieß ich die Luft aus und schloss die Augen. Diese Angst machte mich fertig.

"Du kannst mir nichts antun", sagte er. Im selben Moment spürte ich das angenehm beruhigende Gefühl, das mich bei jeder Berührung von uns überkam. "Die Verbindung zielt nicht darauf ab, uns zu töten. Sie will uns quälen. Wenn wir nicht bei dem anderen sind, fühlen wir den Sog zueinander. Stehen wir uns gegenüber, überkommen uns die Gegensätze, die dich und mich nun mal ausmachen. Das ist Sinn und Zweck dahinter", erklärte er. Ich nickte mechanisch. Natürlich freute ich mich, dass ich ihn ohne Probleme anfassen konnte. Denn irgendetwas sagte mir, dass es definitiv nicht der Regelfall sein würde. Aber die Verbindung war gerade nicht mein größtes Problem. Das Chaos in mir war zwar verschwunden. Doch da war etwas, das viel schlimmer war. Etwas, das mir die Luft zum Atmen raubte und mir die Tränen in die Augen trieb.

"Fühlst du das auch? Diesen.. Schmerz?" Ich musste es gar nicht genauer ausführen. Damon wusste auch so, was ich meinte. "Jedes Mal."

Ich hätte gern gewusst, wieso er es dann trotzdem tat. Warum er die Menschen umbrachte und doch diesen unsagbaren Schmerz aushielt. Doch ich wusste, wenn ich ihm diese Frage stellte, würde er mir die gleiche stellen. Und im Moment konnte ich sie einfach nicht beantworten.

Deshalb saß ich einfach da und wartete, dass irgendetwas passieren würde. Dass Damon fragte, was ich da getan hatte. Dass der Cereaner wieder anfing, böse Beschimpfungen zu knurren und versuchte auf mich loszugehen. Dass jemand kam und uns fragte, was genau hier passiert war.

Doch nichts geschah. Damon hielt einfach weiterhin meine Hände und ich saß da, unfähig irgendetwas zu tun. Das lag aber mit Sicherheit nicht daran, dass ich am Ende war. Nein, mein Körper strotzte nur so vor Energie und war durch Damons Berührung hellwach. Doch je besser sich das anfühlte, desto größer wurde dieser Schmerz. Tief in mir spürte ich es. Wie Nadeln stach es in mir und zerrte an etwas, das ich vorher gar nicht wahrgenommen hatte. Etwas, das ich so sehr brauchte und doch gerade im Begriff war, zu verlieren.

"Hör auf damit, es aufhalten zu wollen." Ich sah ihm in die Augen. "Was ist das?", fragte ich. Er blickte in meine.

"Der letzte Rest, der dich davon abhält, dich zu verlieren." Mein Herz setzte kurz aus und schlug dann doppelt so schnell weiter.

"So wie du das sagst, klingt das als wäre es etwas gutes, mich selbst zu verlieren", stellte ich fest. Doch die Angst in mir belehrte mich eines besseren. Wie sollte es auch etwas gutes sein, wenn man plötzlich nicht mehr wusste, wer genau man war?

"Ist es bestimmt nicht. Aber es ist der einzige Weg. Ansonsten wirst du daran zerbrechen", sagte er und verstärkte den Griff um meine Hände. War es das, was ihn verändert hatte? Hatte er das gleiche durchmachen müssen?

Ich starrte auf unsere Hände. Zum ersten Mal kam mir der Gedanke, dass er mir tatsächlich helfen wollte.

"Wie soll ich das deiner Meinung nach machen? Ich kann nicht einfach aufhören-" " zu kämpfen?", unterbrach er mich. Ich runzelte die Stirn. Er sah mich an und schüttelte den Kopf. Dann ließ er meine Hand los und stand auf.

"Es ist deine Entscheidung." Er drehte sich zu dem Cereaner um und brach ihm mit einer einfachen Handbewegung das Genick.

"Aber jetzt hauen wir erstmal von hier ab. Wir brauchen mit Sicherheit niemanden, der nach der Leiche neben uns fragt." Damit nahm er ein Stück Stoff und warf es mir zu. Verwirrt musterte ich es und bemerkte, dass es mein Umhang war. Peinlich berührt erkannte ich, dass ich immer noch kaum etwas anhatte. Schnell warf ich ihn mir über und könnte mich im nächsten Moment ohrfeigen. Neben mir lag eine Leiche und hinter mir der Haufen Staub, der mal eine Frau gewesen war. Und ich hatte nicht besseres zu tun als mich dafür zu schämen, dass ich mehr Haut zeigte als verdeckte.

"Trish!", riss Damon mich aus meinen Gedanken. Er stand bereits am Ende der Gasse und hatte sich seine Kapuze übergezogen. Perplex machte ich es ihm nach und folgte ihm. Allerdings nicht ohne noch einen Blick zurück zu werfen.

Als wir die Gasse verließen, kam ich mir vor wie in einer anderen Welt. Es war mittlerweile stockdunkel. Und doch herrschte ein reges Treiben. Neben mir feilschte ein Patrolianer mit einem Togruta. Irgendwo stritten zwei Typen sich lautstark und übertönten das allgemeine Stimmengewirr.

Die Leute lebten weiter, obwohl keine zwanzig Meter von ihnen zwei Leute gestorben waren. Es fühlte sich beinahe an wie Normalität. Aber nur beinahe. Denn es war falsch. Diese ganze Normalität gefiel mir ganz und gar nicht. Sie war nichts als Lug und Trug.

Zum ersten Mal fiel mir auf, dass tagtäglich Leute umgebracht worden. Auf brutalste Weise starben sie, aber niemand kümmerte sich darum. Ihr Tod war den meisten gleichgültig. Denn das Leben lief einfach immer weiter.

So wollte ich nicht werden. Es war falsch andere umzubringen. Und es war nicht richtig dabei zuzusehen, wie andere starben. Aber es war fast genauso schlimm die Toten zu vergessen. Selbst wenn es jemand war, der mich töten wollte.

"Wie hieß sie?", fragte ich Damon. Normalerweise war es unmöglich jemanden zu hören, der bei dieser Lautstärke flüsterte. Doch Damon blieb stehen und musterte mich. Ich spürte das Prickeln, das sein Blick verursachte.

"Faith", antwortete er schließlich. Ich nickte mechanisch, woraufhin er sich wieder abwandte und weiterging. Ich folgte ihm nachdenklich. Faith - der Glaube. Mir fielen die Worte des Cereaners wieder ein.

Ich glaube nicht. Glauben ist was für Jedis wie dich.

Es stimmte. Jedis glaubten daran, dass es immer einen friedvollen Weg gab. Dass über allem die Gerechtigkeit stand. Doch wo blieb die Gerechtigkeit, wenn tagtäglich Unschuldige starben? Wenn Leute, die glaubten, von Andersgläubigen umgebracht wurden? Denn nichts anderes waren die Sith.

Der Cereaner hatte gelogen. Man glaubte immer an irgendetwas. Und wenn es nur die eigene Person selbst war. Jetzt musste ich nur noch herausfinden, an was ich glauben sollte. Und was ich bereit war zu opfern, um es herauszufinden.

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Allen ein frohes Fest!
Ich hoffe ihr hattet auch so ein schönes Weihnachtsfest wie ich :)

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