17 | Hass und Liebe

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• James Arthur - Can I Be Him •

»Ich hasse ihn.«

Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich meinen, dass sich meine Stimme anhört, als würde ich gleich in Tränen ausbrechen und am liebsten würde ich das auch tun. Ich würde mich gerne hier und jetzt auf den Boden setzen, mich zu einer Kugel zusammenrollen, dabei vor und zurück wippen und ganz fürchterlich weinen. Ja, das klingt überhaupt nicht verrückt und seltsam aussehen, wird es erst recht nicht - hier, so mitten im Schulgang. Nein, nein. Solche Dinge sieht man hier natürlich jeden Tag.

Ich bin nicht irre, wirklich nicht, es ist einfach so, dass Alec mir meinen letzten Nerv raubt. Er ist überall wo ich bin - nicht wortwörtlich (das wäre ja noch schöner), aber er ist in meinem Kopf und das reicht mir schon aus, um durchzudrehen. Ich kann nicht schlafen, nicht richtig essen und auch im Unterricht sind meine Gedanken meistens bei genau der Person, an die ich nun wirklich keinen Gedanken mehr verschwenden sollte...und es doch die ganze Zeit über tue.

Manchmal habe ich seltsame Träume, die so realistisch sind, dass ich selbst dann, wenn ich wach geworden bin, für einen Augenblick überlegen muss, ob das, was ich gesehen und angeblich gespürt habe, tatsächlich nur ein Traum gewesen ist. Einige davon sind harmlos, aber die meisten dieser Träume sind...naja...sagen wir, nicht ganz jugendfrei. Es ist nicht so, als würde ich es träumen wollen, ich tue es einfach. Vielleicht hat sich mein Kopf mit Alec zusammen getan und sie planen seine Rache gemeinsam. Das klingt ziemlich logisch, wie ich finde.

Als ich mich an den Traum zurück erinnere, den ich heute hatte, schüttele ich schnell den Kopf, um das Bild, das ich plötzlich vor Augen habe, abzuschütteln. Mein Gesicht muss so stark glühen, dass jeder aus kilometerweiter Entfernung sehen kann, dass ich an etwas unanständiges gedacht habe. Hastig schaue ich mich um, als hätte ich Angst, dass jemand meine Gedanken lesen kann und als ich die wenigen Menschen beobachte, die an uns vorbeigehen, fällt mir ein Stein vom Herzen. Ich bin noch nie so erleichtert darüber gewesen, dass niemand meine Gedanken lesen kann. Wenn die Menschheit irgendwann einmal so weit sein sollte, dies zu ermöglichen, weiß ich schon einmal, wer nicht mehr an die Öffentlichkeit gehen sollte, geschweige denn unter Menschen. Das Beste wäre, wenn ich mich dann in einem Keller einsperre und bis zu meinem Lebensende dort verharre. Meine Gedanken würden die Menschen um mich herum nur verstören, da bin ich mir sicher.

Eigentlich hätten wir jetzt Kunst gehabt, aber zum Glück ist unsere fiese, alte Lehrerin krank genug, um nicht in der Schule aufzutauchen. Das ist immer das Schöne am Oberschüler-Dasein - dass man automatisch frei hat, wenn der Lehrer nicht da. Keine unnötigen Vertretungslehrer und ihre idiotischen Aufgaben. Aber das Beste daran ist, dass ich diese Freistunde mit meinen zwei besten Freunden verbringen kann - und Gott sei Dank ohne Sara, Aarons schmierige Freundin, die, seit die beiden zusammen sind, wie ein Kaugummi an ihm klebt und mich und vor allem Loreen, die schon seit der dritten Klasse in Aaron verliebt ist, zu Tode nervt.

»Im Ernst, er denkt auch er wäre der Obermacker«, fauche ich und bleibe vor den beiden stehen. Ich stelle mich breitbeinig hin, nehme mir ein paar meiner braunen Strähnen, quetsche sie zwischen meine Oberlippe und meine Nase, um einen Bart darzustellen – auch wenn Alec keinen Bart trägt, jedenfalls keinen, der über einen Drei-Tage-Bart hinauswächst – und sage mit dunkler, tiefer Stimme:»Hey, ich bin Alec, ich bin ja sooo sexy. Es gibt keine Frau, die meinem Charme nicht verfällt.« Ich lecke mir total verführerisch – und natürlich gar nicht übertrieben – über die Lippen. »Meine Hobbys bestehen darin, Mädchen abzuschleppen und wenn sie dann kurz vor dem Sex kneifen, mache ich ihnen das Leben zur Hölle. Aber das ist okay, denn ich bin so scharf, dass die Frauen darauf abfahren. Denn alles woran sie denken, wenn sie mich sehen, ist«, ich fuchtele wie wild mit den Armen in der Luft herum, »Sex, Sex und....achja, S-«

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