37 | Schokoeis heilt alle Wunden

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• Arrows to Athens - Black Sky •  

Die nächsten Tage höre ich nichts mehr von Alec. Aber ich rede mir ein, dass es so am besten ist. Ich brauche ein wenig Zeit für mich, muss mir darüber klar werden, wie es weiter zwischen uns gehen und ob ich es wagen soll, ihm meine Gefühle zu gestehen. Es fällt mir schwerer als gedacht, meine Liebe zu ihm unter Verschluss zu halten. Es fühlt sich schrecklich an; fühlt sich an, als würde sich jedes Mal, wenn ich diese drei Worte zu ihm sagen möchte, meine Kehle zuschnüren.

Ihn nicht zu sehen, hat auch seine Vorteile. Auch wenn ich viel an ihn denken muss, nutze ich die freien Tage, um zu lernen. Das Abitur rückt immer näher und ich will vorbereitet sein, um meinen Traum von einem Psychologie-Studium zu verwirklichen. Es wäre ein Desaster, wenn am Ende alles an meiner Note scheitern würde. Aus diesem Grund beiße ich in den sauren Apfel und beginne nicht erst ein paar Wochen vor den eigentlichen Prüfungen mit dem Lernen.

Ich blättere durch Lektüreschlüssel zu den Büchern, die ich im Deutsch- und Englischunterricht lesen musste und gehe meine Biologiemappe noch einmal durch. Während ich mir Notizen zu meinen einzelnen Themen mache, rutschen meine Gedanken immer wieder zu Alec. Aus den Augen, aus dem Sinn, denke ich, was für ein schwachsinniges Sprichwort. Wenn alles nur so einfach wäre.

Mein Vater ist die meiste Zeit nicht zu Hause, nur meine Mutter schaut ab und zu vorbei und will wissen, was ich in der restlichen Zeit der Ferien so treibe. Doch dass meine Eltern so viel arbeiten, stört mich nicht. Es fällt mir einfacher zu lernen, wenn sie nicht durch das Haus rennen und mich andauernd fragen, wie es mit dem Lernen voran geht.

Aaron und Loreen kommen beinahe jeden Tag vorbei, was gleichzeitig ein Segen und ein Fluch zugleich ist. Ein Segen, weil wir uns gegenseitig zum Lernen motivieren und ein Fluch, weil ich gefühlt alle zwei Sekunden mit ansehen darf, wie sie sich verliebte Blicke zuwerfen. Ich freue mich so sehr für die beiden, dass ich es nicht einmal in Worte fassen kann und ich bin erleichtert darüber, dass die Geschichte zwischen ihnen so gut ausgegangen ist, aber gleichzeitig macht es mich traurig. Auch wenn ich nicht so fühlen möchte, kann ich die Gedanken nicht ausschalten. Jedes Mal stelle ich mir, wie es wäre, wenn Alec mich so ansehen würde, wie Aaron Loreen ansieht. Ich wünschte, Alec und ich würden anfangen, uns wie ein normales Pärchen zu verhalten, aber das bleibt wohl nur Wunschdenken.

Loreen scheint meinen Blick irgendwann zu bemerken, denn sie wirft mir einen mitleidigen Blick zu, aber bevor sie auch nur etwas sagen kann, springe ich auf und rufe:»Ich hab einen Riesenhunger! Sollen wir uns Pizza bestellen?« Ich warte ihre Antwort gar nicht ab, krame mein Handy hervor und bestelle für jeden von uns eine Familienpizza.

-

Ein paar Tage später sitze ich gerade abends vor meinem Laptop und gönne mir eine Lernpause und schaue mir zum millionsten Mal schon Mean Girls an, als es plötzlich an meiner Tür klopft. Noch bevor ich den Film stoppen kann, taucht Loreens dunkler Haarschopf hinter der Tür auf und schließlich auch ihr gesamter Körper, der in einem engen, schwarzen Kleid steckt. Es ist nicht so knapp, dass sie darin billig aussehen könnte, ist aber trotzdem verdammt sexy.

»Wow.« Ich ziehe die Kopfhörer aus meinen Ohren und lege meinen Laptop zur Seite, während ich ihre Aufmachung bestaune. Loreen hat sich ihre sonst so wilde Mähne hochgesteckt, was sie älter aussehen lässt. Sie dreht sich einmal um die eigene Achse und verbeugt sich schließlich kichernd vor mir. »Wie sehe ich aus?«

»Du siehst zum Flachlegen gut aus«, scherze ich und wackele dabei anzüglich mit den Brauen, in dem Versuch so männlich wie möglich auszusehen. »Also wenn ich ein Kerl wäre, lägst du schon längst auf meinem Bett, unter mir, nackt.«

BadassWo Geschichten leben. Entdecke jetzt