32 | Nicht wie die anderen

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• Winter Aid - The Wisp Sings •

»Ich mach dich schon wieder fertig«, jubelt Caleb und reißt drei Sekunden später seine Arme in die Luft, während ich das Game Over auf dem Bildschirm anstarre, das mir meine erneute Niederlage nur noch mehr unter die Nase reibt. »Yeah! Wer ist der Sieger?«

Ich schaue ihn an und verdrehe grinsend die Augen. »Du. Du bist der Sieger.«

»Und wer ist der Verlierer?«, fragt er nun lauter, während er von seinem Bett aufspringt und mir angriffslustig in die Augen sieht. Wie kann man sich nur so sehr darüber freuen, bei einem verdammten Videospiel zu gewinnen? Das werde ich wohl nie verstehen.

»Ich bin der Verlierer«, seufze ich. Und das nun schon zum tausendsten Mal. Von den vielen Malen, in denen ich nun schon gegen Caleb in seinem komischen Spiel angetreten bin, habe ich kein einziges Mal gewonnen, was schon ziemlich deprimierend ist. Ich bin wohl nicht zum Videospielen gemacht.

Als mein Blick auf die Tür fällt, bemerke ich, dass Alec grinsend am Türrahmen lehnt, die Arme vor der Brust verschränkt. Ich werfe einen Blick auf die Uhr und erst da fällt mir auf, dass es bereits dunkel geworden ist. Während Alec die ganze Zeit über unten in der Küche gelernt hat, habe ich hier oben mit Caleb ein Spiel nach dem anderen gespielt.

Ich stehe auf, während Caleb auf seinen großen Bruder zurennt. Mein Blick fällt noch einmal durch das Fenster, auf die dunklen, leeren Straßen. »Ich glaube, ich sollte nach Hause gehen. Also...«

»Du kannst doch bleiben«, platzt Alec so plötzlich und überraschend heraus, dass ich den Atem für einige Sekunden anhalte. Verwirrt blinzle ich. »Was?«

»Ich meine...« Er kratzt sich am Hinterkopf, fast so als wäre er verunsichert. »Es ist spät. Ich könnte dich zwar nach Hause fahren...aber du kannst doch auch einfach heute Nacht hier übernachten. Caleb würde sich bestimmt freuen, nicht wahr?«

Caleb sieht von mir zu Alec und dann wieder zu mir. Langsam breitet sich ein spitzbübisches Grinsen auf seinem Gesicht aus. »Na klar, ich würde mich bestimmt freuen, wenn du hier übernachten würdest, Alec nicht, nur ich – ich und sonst niemand, nicht wahr-«

Alec schlägt Caleb gegen den Hinterkopf. »Aua!«, ruft Caleb, obwohl ich mir sicher bin, dass der Schlag nicht wehgetan hat. »Wofür war das?«

»Dafür, dass du so frech bist«, antwortet Alec, aber das warme Lächeln nimmt seinen Worten die Schärfe.

Um der kleinen Auseinandersetzung der beiden ein Ende zu setzen, sage ich:»Ich habe keine Schlafsachen eingepackt, keine Zahnbürste...«

Alecs Augen wandern meinen Körper auf und ab, sein Blick bringt mich dazu, leicht zu zittern, doch ich versuche die Wärme, die sich in mir ausbreitet, zu unterdrücken. Ich kann mich ja nicht jedes Mal auf Alec stürzen, sobald er solche Gefühle in mir erweckt. »Du kannst gerne was von mir haben. Vielleicht passt dir ja eine meiner alten Jogginghosen. Und die Zahnbürste, die du bei deiner letzten Übernachtung benutzt hast, liegt immer noch im Badezimmer.«

Unsicher beiße ich mir auf die Unterlippe. Nicht, dass ich sein Angebot nicht gerne annehmen würde, ich muss mich nur zusammenreißen, mich nicht auf ihn zu stürzen und dabei ein lautes JA von mir zu geben. Er soll nicht denken, dass mich alleine der Gedanke daran, mit ihm in einem Haus zu übernachten, überglücklich macht - was er tut, aber wie gesagt, das muss er nicht wissen.

Nachdem ich kurz gezögert habe, stimme ich schließlich zu. »Okay«, sage ich mit einem schüchternen Lächeln im Gesicht. »Ich bleibe.«

Alec grinst und nachdem Caleb uns angeschnauzt hat, dass er in Ruhe sein Spiel weiterspielen möchte, bin ich Alec auf sein Zimmer gefolgt. Und erst als ich im Zimmer stehe, fällt mir auf, dass ich noch nie hier gewesen bin.

BadassWo Geschichten leben. Entdecke jetzt