Ich spürte nur Wasser, ich sah nur Wasser, und ich erinnerte mich an die Zeiten meiner Kindheit als meine Mutter mich noch baden musste. Wie sie mir Wasser über meinen Kopf goss und mich wusch. Wie ich sie immer angelacht und Spaß daran gehabt hatte.
Wie sie mich zurück anlächelte, immer.Nur Wasser um mich herum. Überall. Es ist komisch, doch ich fühlte mich so schwerelos. So unerreichbar. Hörte ein dumpfen Aufprall und wurde kurz darauf zur Wasseroberfläche gezogen, aus meiner Trance geholt. Bis Luft meine Lungen füllte und Tropfen an meinem Gesicht hinunter liefen. Ich schmeckte das Wasser auf meiner Zunge und wollte schwimmen, doch irgendwas machte mir dies unmöglich. Ich konnte meinen rechten Arm nicht bewegen. Ich konnte nicht schwimmen, so sehr ich es auch versuchte.
Mein linker Arm wurde über irgendwas gelegt. Ich sah bloß verschwommen um mich herum. Überall Wasser. Und dann diese zwei Boote nur einen Meter von mir entfernt. Mein Kopf wandte sich zu dem etwas, das mich Überwasser hielt.
"Thaddeus?", krächzte meine Stimme, doch hustete seinen Namen hauptsächlich hinaus.
Er schwamm neben mir, seine nassen Haare klebten in seinem Gesicht. Er atmete angestrengt und seine Beine berührten meine unter dem Wasser, da er für uns beide schwimmen musste. Er hatte einen Konflikt mit dem Schlucken und Atmen, mit gleichzeitigen schwimmen und mich nicht ertrinken lassen. Ich hustete mir meine Seele aus dem Leib.
"Ich hab dich.", sagte er nur.
Seine Beine strampelten in die Richtung von Andy's Boot. Andy streckte uns bereits seine Arme entgegen. Tj strampelte weiter, griff mich bei der Hüfte und drückte mich zu Andy's Händen hoch, wurde dabei selbst wieder Unterwasser gedrückt. Andy's Arme ergriffen meinen Oberkörper und er zog mich zu sich ins Boot rein. Das Seil hatte er irgendwo im Boot angeknotet, wie ich erst später bemerkte.
Ich brachte eine ordentliche Pfütze Wasser mit mir ins Boot und zitterte am ganzen Leib. Mein Arm tat höllisch weh. Benommen schaute ich zu, wie Tj selbst aus dem Wasser kletterte und nur noch von Andy teils ins Boot gezogen wurde, wobei wir nahezu umzukippen drohten.
"Alles in Ordnung bei euch?!", rief uns Kristof vom anderen Boot aus entgegen. Wir nickten alle, nur Andy rief ein erleichtertes "Ja!", zurück. Kristof und Paul ruderten noch immer wie irre, um fort zu kommen.
Tj hustete, röchelte und suchte dann sofort meine Wenigkeit. Er kletterte durch das Boot, zu mir rüber, setzte sich neben mich und legte seine Arme um mich. Sein Mund atmete in meinen Nacken und ließ dort einen kleinen, versteckten Kuss, der mich ein bisschen aufwärmte.
"Ich dachte, ich würde dich verlieren."
Andy schaute sofort weg als er meinen Blick auf ihm bemerkte. Er drehte sich sogar um, schaute nun die Rücken von Kristof und Paul im Boot vor uns an.
"Du verlierst mich nicht.", antwortete ich Tj leise.
Er drückte mich so fest an sich. Ich konnte spüren, wie viel Angst er hatte. Wie viel Sorge er hatte. Dass er dachte, es wäre vorbei. Dass er dachte, alles wäre nun aus. Er spürte meine Todesangst.
"Danke...", sagte ich noch dazu. Seine blauen Augen suchten meine braunen Sekunden später.
Er schaute in sie hinein als wäre es das letzte in seinem Leben, ich ignorierte meine Schmerzen. Ich vergaß sie ganz kurz. Bis seine Finger zufällig die Stelle berührte, die so unglaublich weh tat und mich zum Zusammenzucken brachte. Er runzelte die Stirn, wischte sich das Wasser und die nassen Haare aus dem Gesicht. Dann bat er mich, ihm meinen Arm zu zeigen, was ich auch tat. Und er entdeckte das, was ich noch nicht anschauen wollte.
"Du wurdest angeschossen."
"Ich weiß...", nuschelte ich verlegen. Ich schämte mich aus irgendeinem Grund. Ich schämte mich für meine eigene Dummheit. "Ich...ich hätte-, ich weiß auch nicht...ich-"

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1896
Fiksi PenggemarDas 19. Jahrhundert scheint in den Augen von Evangeline nicht wirklich besonders zu sein. Sie verbringt ihre Tage auf dem Markt mit ihren Eltern, findet ihr Leben langweilig und hat für die Jungs aus dem Dorf, die sie am Stand besuchen, nicht viel ü...