Kapitel 18

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Kapitel 18 und die Story rollt und rollt und rollt...🙋

Ps: den Song abspielen dazu lohnt sich.

× × ×

Tj und ich schauten Walter an. Er schaute uns an. Und diese Augen sahen uns unterhaltend an.
Er unterhielt sich, indem er uns zusah.

Es ist doch verrückt, aber ich fühlte mich in dieser Nacht wie ich - und doch fühlte ich mich nicht wie ich, denn Walter sah uns an mit diesen düsteren Augen, die wie zwei schwarze Löcher in dem Licht der Feier aussahen. Ich fühlte mich urplötzlich und allein durch sein Auftauchen wieder wie Lina.
Ich fühlte mich so oft wie Lina, nur da ich an Walter denken oder ihn sehen musste.

Dieser Mann bekam einen Platz in meinem Körper. Eine kleine Lücke, durch die mein Blut voller Hass floss. Und dieses Blut war nicht rot, es war schwarz, voller Reue und Wut und Zorn und Leid. Und wenn ich Walter dann sah, rauschte dieses Blut mit einem Abrieb durch mich hindurch, durch diese Stelle, in der er nistete, und ich konnte bloß noch hoffen, dass ich mich beherrschte.

Tj, dessen Hand in meiner eigenen lag, sah Walter mit demselben Ausdruck an, den auch ich in meinem Gesicht hatte. Hass.
Denn er zerstörte unser Leben, als wäre es bloß aufgebaut aus einigen Papierkarten, die wir aufeinander gebaut hatten. Walter gab dem Papierkartenbau einen Puster und schon lag es am Boden. So zerstörte er uns. Mit nur einem Windhauch.

"Bravo", sagte er mit einem Akzent, den er aufsetzte, wobei ein halbes Lächeln auf seinen Lippen lag und sich die Falten seines Gesichts in wieder neue Falten legten. Er trug einen langen Mantel, einen Hut und einen Gehstock bei sich, obwohl er keinerlei Probleme beim Gehen hatte. "Und nun würde ich gerne wissen, wo du den gesamten Monat gewesen bist, Lina."

Ich schluckte den Speichel in meinem Mund hinunter. Meine Augen konnten sich einzig und allein nur auf ihn konzentrieren. Ich sah zwar, was hinter ihm passierte, doch ging ich nicht näher darauf ein. Ich sah alles hinter Walter unscharf.
Tj's Hand drückte meine fester, sein Körper stand vor mir wie ein Schutzschild. Nur die Hälfte meines Gesichtes konnte an ihm vorbei schauen, um den alten Mann zu sehen. Gern hätte ich diesen Mann vermieden und einen schönen Abend gehabt, doch wie soll man schon einen schönen Abend haben, wenn dein (sozusagen) Arbeitgeber sieht, dass du doch noch am leben und nicht ausgewandert bist.

"Sie war-"

"Mir dir spreche ich nicht.", unterbrach Walter Tj's Versuch, mich zu verteidigen. Er hielt Tj eine Hand entgegen und formte dann zu einer Faust, um ihm zu zeigen, dass er still sein sollte. "Ich spreche mit der jungen Dame, die hinter dir steht."

Tj's Kopf drehte sich zu mir. Seine Augen suchten meine, die jedoch nach kurzer Reaktion an ihm vorbei schauten. Er räusperte sich, trat einen Schritt zur Seite und präsentierte mich. Gab mich dem vollen Beschuss von Walter's Worten frei.

"I-Ich...", wollte ich anfangen. Schon nach diesen paar Buchstaben fielen mir keine neuen ein, die ich hätte sagen können. Ich hätte Walter anlügen und etwas völlig sinnfreies erfinden können. Ich hätte sagen können, dass ich fort war, doch dann hätte er sich an meinen Geliebten für meine Abwesenheit gerächt. Ich hätte ihn einfach ignorieren können, das wäre allerdings auf dasselbe hinaus gelaufen.

Also sagte ich überhaupt nichts.
Nicht, da ich nicht wollte.
Nein, ich konnte einfach nichts sagen.
Ich konnte ihm meine Abwesenheit nicht erklären ohne sagen zu müssen, dass Tj mich versteckt hielt.

"Du bist also lieber schweigsam.", Walter wirbelte mit seiner Hand in der Luft herum als würde er jeden Moment ein Insekt einfangen wollen. Er rückte seinen schwarzen Hut zurecht, trat näher an uns heran. Noch näher. Bis er vor unseren Nasen stand und zu Tj hinauf schaute. Er gab ihm bloß einen Blick, der genug sagte.

1896Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt