>5<

221 11 1
                                    

Kapitel 5:

Kühler Mondschein tauchte den Wald in ein unheimliches Licht und ließ ihn mysteriös und beängstigend wirken. Die Vögel waren verstummt,lediglich das laute Zirpen der Grillen war zu hören. Ab und zu hörte man auch die ein oder andere Maus über den Waldboden laufen.Beunruhigende Schatten tanzten auf dem dunklen Waldboden, ließen Olaria immer wieder erschaudern. Sie war noch nie begeistert von der Dunkelheit der Nacht. Überall konnten wilde Tiere lauern, darauf warten sie unaufmerksam zu erleben um dann zuzugreifen und sie zutöten. 

Die junge Räuberin hatte schon immer einen starken Drang zum Pessimismus.Negatives Denken fiel ihr am Einfachsten, einfach weil es die Realität, in der sie lebt ,widerspiegelt. Wann war schon etwas perfekt , wann waren alle glücklich und zufrieden mit ihrer Welt, sowie es immer in den Büchern stand? So etwas existiert in dieser Welt nicht. Um zu überleben muss man die Welt so sehen wie sie ist. Kalt und grausam. Allein vom Träumen, überlebt man nicht. Töte, oder du wirst getötet. Ein Motto, dass jeder Bürger kennen sollte und lernen sollte es anzunehmen. So wie Olaria es getan hat, denn niemand würde auf einen überzeugten Optimisten Rücksicht nehmen. In den Augen der Räuberin war es meist viel zu naiv. Auch wenn es hart klang, so sollten kleine Kinder ausdrücklich gezeigt bekommen, wie das Leben nun mal war. Nicht wie in ihren unzähligen Kinderbüchern,bunt und fröhlich und voller Glück, sondern kaltblütig, ja beinahe bösartig, verflucht. Denn Olaria ist so aufgewachsen und ihr hat es geholfen, stark und selbstständig zu werden. Zu unterscheiden, wer ihr gut und böse gesinnt ist.Wer mit offenen Karten spielt und wer dabei ist, sie hinter ihrem Rücken heimtückisch auszutricksen. Man hatte zu Kämpfen oder zu Sterben. Für welche Variante man sich entschied war Einem selbst überlassen. Und ein Räuber entschied sich immer fürs Kämpfen. So wie es Olaria tat und es auch immer wieder tun würde. Denn nur die Zähen und Harten würden überleben.

Ihr eigener Vater hatte sie und ihre Brüder unterrichtet, ihnen gezeigt was sie konnten, zu was sie fähig waren und was ihnen das Überleben sichern würde. Tricks und Techniken hatte er ihnen verinnerlicht. Anstrengendes, dauerhaftes und konsequentes Training hatte einen hervorragenden Kampfstil und die größten Chancen zum Überleben zur Folge. Etwas,wofür sie ihrem Vater auf ewig danken würde. Ihr Blick wanderte hinauf zum Himmel. Unzählig viele helle Sterne säumten ihn, verzierten ihn. Und einer davon würde ihr Vater sein. Ihre Augen erfassten den hellsten von ihnen. Dies, und davon war sie überzeugt, war der Stern ihres Vaters. Heldenhaft war er vor Jahren gestorben, bei dem Versuch seine Familie zu schützen.Selbstlos wie kein Anderer und unglaublich mutig hatte er sie zur Flucht angewiesen und sich in einen Kampf mit einem guten Dutzend Wachen gestürzt. Und für diese Tat würde sie ihn immer bewundern.Sie hoffte jemals so tapfer sein zu dürfen wie er es war, ein Held zu sein. Für etwas zu kämpfen und zu gewinnen. Ehrenhaft zu sterben und für das Glück von Generationen von Menschen verantwortlich zu sein. Ihre Aufgabe in der Welt erfüllt zu haben. Und genau dies sollte ab sofort ihr Lebenswerk sein, ihre persönliche Aufgabe.

Abrupt stoppten ihre Gedanken, als ihr Pferd panisch an den Zügeln riss,die Olaria immer noch in der Hand hielt. Seine Ohren zuckten unruhig vor und zurück auf der Suche nach einem Geräusch, dass seine Reiterin übersehen hatte. Etwas, dass es in panische Angst versetzte. Beunruhigt ließ auch Olaria ihre Augen über ihre Umgebung schweifen. Doch die Dunkelheit erschwerte ihr diese Aufgabe.Plötzlich hörte auch sie das Geräusch, das die empfindlichen Pferdeohren bereits vor Minuten wahrgenommen haben mussten und das sich nun immer schneller auf sie zu bewegte. Es waren eindeutig Schritte, tierische Schritte.Pfoten die wieder und wieder auf den weichen Waldboden aufsetzten und sich zu vermehren schienen. Auch das auffällige Hecheln drang nun in ihre Ohren, beunruhigte sie um ein Vielfaches. Der Hengst an ihrer Seite begann immer unruhiger sich gegen sie zu wehren, wollte flüchten. Olaria konnte es ihm nicht verdenken, auch sie würde flüchten, wenn sie nicht genau wüsste,dass die Flucht nur den natürlichen Jagdinstinkt bei Tieren weckte.

So leise wie möglich zog sie mit ihrer freien Hand das Schwert und hielt es gesenkt neben ihrem Körper. Sie war stehen geblieben um überhaupt noch einen Hauch von einer Chance gegen die wilden Räuber zu haben. Als sie dann auch noch mehrere gelbe Augen aus dem Gebüsch nur wenige Schritte von ihr sie anstarrten, war sie sich sicher: Dies waren Wölfe, hungrige Wölfe. Wie erstarrt stand sie da und starrte den gelben Augen entgegen. Vielleicht hatte sie das Glück und die Wölfe würden sich bei dem Anblick des Pferdes verziehen, doch als sie noch näher zu kommen schienen, war es eindeutig. Diese Wölfe waren zu Allem bereit. Normalerweise würden sie sich bei dem Anblick von größeren Tieren wieder zurückziehen, doch dieses Rudel schien vollkommen ausgehungert, wenn sie es sogar wagen würden, ein Pferd anzugreifen. Das erste Tier schritt aus dem Gebüsch hervor und knurrte bedrohlich. Sein Nackenfell stellte sich auf und er duckte sich leicht, zum Sprung bereit. Ohne lange zu Zögern ließ sie die Zügel des verängstigten Pferdes los, das daraufhin panisch querfeldein davon preschte. Mit beiden Händen hielt sie das Schwert fest und ging in Kampfposition. Immer mehr abgemagerte Wölfe traten aus dem Dickicht. Einige leckten sich erwartungsvoll die Lefzen. Sie erhofften sich ein ordentliches Fressen von der jungen Frau, die aber nicht einen Gedanken daran verschwendete, ihr Leben als Fraß für Wölfe aufzugeben.

Der Erste stürzte sich bereits auf sie, ihr aller Startschuss. Hungrig sprangen sie auf die junge Frau rangen sie zu Boden und bissen nach ihr.Einer nach dem Anderen ließ sein Leben in diesem Kampf. Blut tropfte fast lautlos zu Boden. Doch es schien kein Ende zu nehmen. Olaria kam es so vor, als würden für jeden Toten zwei neue Wölfe kommen. Unnachgiebig fuhr ihr Schwert durch die Luft, zerriss den Tieren ihren Pelz, ließ sie aufjaulen, tötete sie. Dem Einen schlitzte sie die Kehle auf, dem Anderen stieß sie einen ihrer Dolche zwischen die Augen. Wie in Trance kämpfte sie unerbittlich weiter. Immer mehr starben, doch sie gab nicht nach. Hatte nicht vor aufzugeben. Ihre Hände blutverschmiert und den Blick einer wild gewordenen Bestie gleichend kämpfte und verteidigte sie sich. Ihre Umgebung nahm sie gar nicht mehr richtig war, gefangen in ihrer Verbissenheit nahm sie den sich ihr nähernden Wolf gar nicht war. Er war größer als seine Artgenossen, war rabenschwarz. Ein wütendes Knurren grollte in seiner Kehle, gab der Räuberin Bescheid, dass sie vor dem Alpha stand. Und bevor sie reagieren konnte ,hatte er sich auf die Mörderin seines Rudels gestürzt, sie schmerzhaft mit zu Boden gerissen. Ihr Schwert entglitt ihr und lag nun außer Reichweite. Verzweifelt versuchte sie die wütenden Bisse des Wolfes abzuwehren, ihnen notfalls auch auszuweichen. Die schwarzen Pfoten auf ihren Schultern hielten sie davon ab sich zubewegen oder ihn abzuschütteln, seine Krallen bohrten sich bereits schmerzhaft in ihre Schultern, doch als sie mit ihrem rechten Arm nach einem ihrer Dolche greifen wollte, schoss ein so starker Schmerz durch ihren Arm, dass sie sich einen schmerzhaften Aufschrei zurückhalten musste. Ein kurzer Blick auf ihren Arm ließ sie schwer schlucken. Dunkles Blut drang unaufhörlich durch ihr warmes Oberteil und tropfte zu Boden. Und erst in diesem Moment wurde ihr schmerzhaft bewusst, dass sie noch die Schusswunde am Arm hatte, die wohl genau in dem Moment wieder aufgerissen sein musste. Auch ihre Schultern begannen bereits zu schmerzen und sie konnte das dunkle Rinnsal auf ihrer Schulter nur erahnen, denn die Krallen drangen immer weiter in ihre Haut ein. Auch ihre Kraft ließ langsam nach, kein Wunder beidem was sie in den letzten zwei Tagen geleistet hatte. Erst ein Kampf, dann eine Schussverletzung und letztlich noch die Flucht vom Königshof bis sie nun zuletzt noch gegen ein Rudel von hungrigen Wölfen kämpfen musste. Ihre Bewegungen wurden immer unkoordinierter und deutlich schwächer. Lange würde sie es nicht mehr aushalten.Obwohl sie es sich nicht gerne eingestand, so war sie zu schwach, zu ausgelaugt um diesen Kampf im Alleingang zu entscheiden. Sehnlichst hoffte sie auf Hilfe, ja fast schon auf ein Wunder. Und dies sollte wohl auch bald kommen.

Knurrend fuhr der Kopf des Alphas hoch und ließ fürs erste von seiner Beute ab. Seine aufmerksamen Sinne hatten den Tod eines weiteren Rudelmitgliedes bemerkt. Diese Ablenkung war für den dunklen Wolf tödlich. Denn Olaria zog ohne lange zu Überlegen, mit schmerzverzerrter Miene, einen ihrer Dolche hervor, die an dem Gurt an ihrer Hüfte befestigt waren. Mit einem letzten Kraftakt hatte sieden schweren Wolf von sich gestoßen und war, schwerfälliger als sonst, aufgesprungen. Der Wolf reichte ihr ungefähr bis zur Hüfte.Noch bevor er richtig reagieren konnte, hatte die erschöpfte Jägerin ihm ihren Dolch in den Schädel gerammt, so tief, dass es keine Möglichkeit zu überleben gab und der Wolf tot umkippte.Augenblicklich waren die Kampfgeräusche um sie herum verstummt. Olaria sah nur noch wie die Wölfe mit eingezogenem Schwanz verschwanden und mit der Dunkelheit der Nacht verschmolzen, man konnte lediglich ihr klägliches Jaulen hören, als sie ihre Kameraden betrauerten.

Olaria- Legende der Räuber Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt